Schwieriger Spagat

(dpa). Nationaltrainer Gareth Southgate dürfte es recht sein, dass dem Nations-League-Auftakt seines Teams in Ungarn zu Hause kaum Beachtung geschenkt wurde. Wegen der Feierlichkeiten zum 70. Thronjubiläum der Queen kam das 0:1 der englischen Fußballer in der medialen Berichterstattung auf der Insel ungewöhnlich kurz. Doch wenn die Mannschaft heute in Deutschland (20.
45 Uhr/ZDF) zum Klassiker gegen die DFB-Elf antritt, wird das anders sein. Für Southgate und seine Spieler ist es auch ein Stimmungstest.
Weniger als ein halbes Jahr vor dem Beginn der WM hat der Coach einen schwierigen Spagat zu bewältigen. Weil Vize-Europameister England bis zum Turnier in Katar keine Freundschaftsspiele mehr bestreitet, muss er in den Pflichtspielen herumprobieren, ohne den sportlichen Erfolg in der Nations League zu sehr zu gefährden.
Nach dem missglückten Auftritt in Budapest - England verlor durch einen umstrittenen Strafstoß von Leipzig-Profi Dominik Szoboszlai - gab sich der 51-Jährige denn auch kaum überrascht. »Ich wusste, bevor wir in diesen Block mit vier Spielen gestartet sind, dass wir einige schmerzhafte Ergebnisse riskieren«, bekräftigte Southgate. Ohne Testspiele müsse er »das Gesamtbild betrachten« und »mitnehmen, was ich daraus lernen kann, wenn wir nach Katar fahren«.
Die Prioritäten sind zwar definiert. Doch Southgate weiß auch, dass die in den letzten Jahren hart erarbeitete Fußball-Stimmung in seinem Land einen heftigen Dämpfer bekommen würde, sollte man gegen Deutschland verlieren. Den 2:0-Sieg gegen den Erzrivalen im EM-Achtelfinale vor einem Jahr hatten viele Engländer wie einen Titelgewinn gefeiert.
Vor dem Wiedersehen in München sorgt sich Southgate neben sportlichen Dingen obendrein um das Benehmen der Fans. 2017 waren englische Zuschauer in Dortmund unangenehm aufgefallen. Vor dem verlorenen EM-Finale gegen Italien war es 2021 am Londoner Wembley-Stadion zu chaotischen Zuständen gekommen.
Vor dem Anpfiff wollen die Three Lions in der Allianz-Arena wieder ein Zeichen gegen Rassismus setzen. In Budapest war die Mannschaft beim symbolischen Kniefall ausgebuht worden. »Ich habe keine Ahnung, warum Menschen während dieser Geste buhen«, sagte Southgate. Aufhören werde sein Team deshalb nicht.