Saudi-GP in der Kritik

(sid). Nur eine Woche nach dem Saisonauftakt in Bahrain steht in Saudi-Arabien gleich das zweite Saisonrennen der Formel 1 auf dem Programm. Bei Menschenrechtsorganisationen steht das Event in dem höchst umstrittenen Wüstenstaat in der Kritik, sportlich bietet der ultraschnelle Stadtkurs in Dschidda (Sonntag, 19.00 Uhr MESZ/Sky) unter Flutlicht aber eine große Herausforderung für die Fahrer in ihren komplett neuen Boliden.
Wer geht als Favorit ins Wochenende? Ferrari erlebte zum Jahresstart eine kleine Wiederauferstehung, Bahrain-Sieger Charles Leclerc und Carlos Sainz hatten das schnellste Auto und den besten Motor. Es ist kaum vorstellbar, dass die Scuderia nach dem Doppelsieg ihren Vorsprung innerhalb einer Woche verliert. Sollte Red Bull jedoch die Probleme mit der Zuverlässigkeit an dem Wagen von Weltmeister Max Verstappen in den Griff bekommen, könnte der Niederländer angreifen.
Holt Mercedes auf? Bis jetzt ist der spektakulär designte Silberpfeil noch nicht der große Wurf unter dem neuen Reglement, Lewis Hamilton und George Russell leiden unter dem sogenannten Bouncing, dem Gehüpfe des W13 auf den Geraden. Das Problem ist zwar nicht mehr so stark wie bei den Testfahrten, die Lösung kostete aber Tempo. Wirklich optimistisch sind sie bei Mercedes nicht, Ferrari und Red Bull schnell einholen zu können. »Jetzt müssen wir lernen und herausfinden, wie wir das Potenzial des Wagens freisetzen können, und in der Zwischenzeit unsere Chancen auf Punkte bestmöglich ausschöpfen«, sagte Teamchef Toto Wolff.
Was ist mit Sebastian Vettel und Mick Schumacher? Ex-Weltmeister Vettel droht nach Bahrain auch das zweite Rennen des Jahres zu verpassen. Der Aston-Martin-Pilot ist zwar fit und wäre bereit für einen Einsatz, doch die Corona-Tests bei dem Ex-Weltmeister sind weiter positiv. Als Ersatzmann steht wieder Nico Hülkenberg parat. Schumacher hatte ein »bittersüßes« Rennen in Bahrain. Sein Haas ist endlich konkurrenzfähig, doch für die ersten WM-Punkte der Karriere reichte es auch wegen einer für ihn unglücklichen Safety-Car-Phase am Ende nicht. Das soll sich in Saudi-Arabien ändern.
Warum steht das Rennen in der Kritik? Die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien gilt als äußerst prekär, zuletzt wurden 81 Menschen an nur einem Tag hingerichtet. Dissidenten, Menschenrechtsaktivisten und Geistliche werden unterdrückt, die Duldung von Homosexualität, Religionsfreiheit und Gleichberechtigung sind laut Menschenrechtsorganisationen »stark gefährdet bis nicht vorhanden«. Unvergessen ist auch die brutale Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi, der 2018 in der saudischen Botschaft in Istanbul von einem Spezialkommando aus Riad getötet wurde. Für die Formel 1 ist dies aber kein Grund, das lukrative Rennen in Saudi-Arabien abzusagen. Laut Geschäftsführer Stefano Domenicali (Italien) könne die Rennserie dabei helfen, dem Thema »einen anderen Stellenwert in den Nachrichten« zu geben.