1. Gießener Allgemeine
  2. Sport
  3. Sport-Mix

Protzige Infantino-Show

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

_1SPOHSPORT12-B_102430_4c
FIFA-Präsident Gianni Infantino in Kigali in seinem Element. © AFP GmbH

(sid). Mit dem Rückenwind der triumphalen Krönung schlüpfte Gianni Infantino in die Opferrolle. Im Bewusstsein seiner mit fundamentaler Mehrheit gesicherten Machtposition holte der FIFA-Boss zu einer Generalabrechnung mit den Medien aus. »Ich verstehe nicht, warum einige von Ihnen so gemein sind. Ich arbeite hart. Ich stehle nicht, ich profitiere nicht«, sagte Infantino bei einem 15-minütigen Monolog mit reichlich Pathos.

Er verstehe »die Feindseligkeiten und ständigen Attacken auf die FIFA und ihren Präsidenten nicht«, betonte er - und wandte sich direkt an die Journalisten in Kigali: »Sie müssen mich nicht mögen, sie müssen mich nicht lieben. Sie können mich kritisieren, aber bitte blieben sie bei den Fakten.« Er habe sein »Leben lang hart dafür gearbeitet, um dahin zu kommen, wo ich jetzt bin«.

Gut 150 Minuten zuvor hatte Infantino bei seiner Wiederwahl auf dem 73. Kongress die Standing Ovations der unterwürfigen Fußballwelt in vollen Zügen genossen. Die wenigen kritischen Sitzenbleiber um DFB-Chef Bernd Neuendorf strafte er gleich mit seiner ersten Botschaft ab. »Ich möchte allen danken. Denen, die mich lieben - und auch denen, die mich nicht so mögen. Das sind einige wenige. Ich mag sie alle - besonders heute«, sagte Infantino mit schelmischem Grinsen.

Die verwehrte Gefolgschaft des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und anderer Nationen wie Norwegen und Schweden ließ den Unantastbaren bei seiner großen Show in Ruanda kalt. Der Schweizer betonte: »Die überwältigende Mehrheit hat das Gefühl, dass ich einen guten Job mache - auch in Europa.« Angesichts der sicheren Unterstützung durch die große Mehrzahl der 207 stimmberechtigten Mitgliedsverbände rührte Infantino schon beim Kongress gewaltig die Werbetrommel für sich. »Alles, was ich als Präsident mache, tue ich für alle von euch. Ich werde darin weitermachen, der FIFA und dem Fußball in aller Welt zu dienen«, versprach er pathetisch. »Wir lieben Sie, Präsident«, rief ihm FIFA-Generalsekretärin Fatma Samoura nach seinem Auftritt zu - Infantino grinste breit. »Bei der FIFA geht es nicht ums Geld, es geht um Fußball«, stellte er energisch klar: »Wir brauchen natürlich das Geld, um den Fußball auf der ganzen Welt zu entwickeln. Das Geld der FIFA ist auch euer Geld.« Und die Erlöse sprudeln: Mehr als elf Milliarden US-Dollar wird der Weltverband bis 2026 verdienen, durch die neue Club-WM könnten es »ein paar Milliarden« mehr werden, kündigte Infantino an.

Diese Botschaft vermittelt er den Verbänden seit Amtsantritt 2016 - und sichert so seine Macht ab. Ein Gegenkandidat traute sich deshalb erneut nicht ins Rennen, wie schon 2019 war die Wiederwahl reine Formsache und wurde per Akklamation durchgeführt. Die genaue Stärke der Opposition war deshalb nicht ersichtlich. »Der DFB wird die Wiederwahl von FIFA-Präsident Gianni Infantino in Kigali nicht unterstützen«, hatte Neuendorf angekündigt: »Wir haben in den vergangenen Wochen zu verschiedenen Fragestellungen von der FIFA keine oder nur unzureichende Informationen erhalten.« Auf Antrag Norwegens kündigte der Weltverband nun immerhin eine Untersuchung zu den möglichen Menschenrechtsverletzungen rund um die WM in Katar an. Trotzdem tönte Infantino: »Ich habe euch die beste WM der Geschichte versprochen - und ich habe geliefert.« Seine Schlussansprache nutzte er für die Ankündigung, die WM-Erfolgsprämien im Frauenfußball bis 2027 an die im Männerfußball angleichen zu wollen.

Bis ins Jahr 2027 dauert Infantinos zweite Amtszeit, anschließend kann er gemäß Statuten noch für eine weitere Periode bis 2031 kandieren. Kaum vorstellbar, dass er das Maximum nicht ausschöpft.

Auch interessant

Kommentare