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Nadal triumphiert und leidet

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_1SPOHSPORT21-B_090235_4c_1 © DPA Deutsche Presseagentur

Nach seinem glorreichen 14. Triumph bei den French Open beginnt für Rafael Nadal die Woche der Wahrheit. Der Spanier braucht dringend eine Lösung für seinen lädierten linken Fuß. Auch bei Alexander Zverev steht eine Diagnose an.

Rafael Nadal (Bild) kuschelte schwer verliebt mit dem so vertrauten Coupe des Mousquetaires, plauderte mit der spanischen Hoheit Felipe VI. und nahm dankbar überschwängliche Lobeshymnen aus der ganzen Welt entgegen. Der Grand-Slam-Rekordchampion und Sandplatzkönig von Paris strahlte nach seinem sensationellen 14. Titelgewinn bei den French Open vor Glück. Als Nadal dann aber begann, über die Qualen mit seinem lädierten linken Fuß zu sprechen, verdunkelte sich die Miene der Tennis-Ikone.

»Es war unglaublich. Ich habe den Titel gewonnen. Ich habe Emotionen erlebt, die ich nie vergessen werde«, sagte der 36 Jahre alte Spanier: »Aber ich kann und will so nicht weitermachen.« Das Risiko, mit einem medikamentös betäubten Fuß zu spielen und seinen Körper weiter zu schädigen, wolle er in Zukunft nicht mehr eingehen. Nadal muss um die Fortsetzung seiner Karriere kämpfen, ihm steht eine Woche der Wahrheit bevor.

Während ihn die spanische Presse nach dem 6:3, 6:3, 6:0 in einem einseitigen Duell gegen den Final-Debütanten Casper Ruud aus Norwegen als »Gott auf der Erde« (»Marca«), als »Außerirdischen« (»Sport«) und »Giganten« (»Mundo Deportivo«) pries, war der einstige Weltranglistenerste gedanklich schon bei seinen Arztbesuchen, die für die kommenden Tage geplant sind. Mit einer sogenannten Radiofrequenz-Ablation will sein medizinisches Team die starken Schmerzen für einen unbeschwerteren Alltag lindern. Als unersättlicher Wettkampftyp und nach den Triumphen in Melbourne und Paris mit dem halben Grand Slam in der Tasche, hat der »Stier von Manacor« aber auch schon einen Blick auf den nächsten Höhepunkt (ab 27. Juni) geworfen. »Wimbledon ist ein Turnier, das ich nicht verpassen möchte. Ich liebe Wimbledon«, sagte Nadal: »Ich fahre dorthin, wenn mein Körper es zulässt.«

Becker meldet sich aus Haft bei Zverev

Das gilt auch für den deutschen Topspieler Alexander Zverev, der sich im Halbfinale gegen Nadal verletzte und aktuell kaum Hoffnung auf den Rasen-Klassiker hat. Die erste Diagnose mehrerer gerissener Außenbänder soll zu Beginn der Woche in München bestätigt werden. Am Sonntagabend zeigte er sich in den Sozialen Medien noch auf seiner Couch in Monte Carlo, den geschienten Fuß hochgelegt, ehe es nach Deutschland ging. Im Gepäck hatte Zverev die guten Genesungswünsche der versammelten Sportprominenz. »Gute Besserung, Sascha - hast ein krasses Match geliefert«, schrieb Fußball-Nationalspieler Thomas Müller in den Sozialen Netzwerken. »Gute Besserung, mein Junge«, fügte Basketball-Ikone Dirk Nowitzki an. Sogar der derzeit inhaftierte Boris Becker meldete sich, wie Zverevs Bruder Mischa bei Eurosport verriet. »Ich habe deine Reise bei den French Open verfolgt und wünsche dir alles Gute und eine schnelle Genesung«, zitierte der TV-Experte Beckers Nachricht an »Sascha«.

Zverev hatte die Partie gegen Sandplatzkönig Rafael Nadal am Freitag beim Stand von 6:7 (8:10), 6:6 nach intensivsten 3:13 Stunden Spielzeit aufgeben müssen, nachdem er böse umgeknickt war. Er wurde im Rollstuhl vom Court Philippe Chatrier gebracht und kehrte unter tosendem Applaus noch einmal kurz auf Krücken zurück, um Nadal zu gratulieren.

Aktuell ist der Weltranglistendritte noch stärker beeinträchtigt als Nadal, doch die Verletzung sollte gut ausheilen. Bei Nadal sieht es anders aus. Der Spanier leidet unter dem seltenen Müller-Weiss-Syndrom, eine Erkrankung, bei der Knochengewebe des Kahnbeins am Fußskelett abstirbt. Um die Schmerzen in Paris ertragen zu können, erhielt er von seinem persönlichen Arzt Injektionen in die Nerven, so dass er seinen Fuß nicht mehr spürte. Für den großen Traum, Roland Garros noch einmal zu gewinnen, ging Nadal über die Grenzen hinweg, die ihm sein Körper setzte. Sollte der neue Therapieansatz nun nicht die erhoffte Wirkung zeigen, ist die sportliche Zukunft der Ikone offen.

Bei Swiatek passen alle Puzzleteile

Bei den Damen hatte sich am Samstag die Weltranglisten-Erste Iga Swiatek den Titel geholt. Angefeuert von ihrem Landsmann Robert Lewandowski auf der Tribüne gewann die 21 Jahre alte Polin gegen die drei Jahre jüngere Amerikanerin Coco Gauff mit 6:1, 6:3. In diesem Jahr war es ihr 35. Erfolg in Serie. Die Überfliegerin der Szene ist zu einer Starspielerin gereift und wusste ganz im Gegensatz zu ihrem überraschenden Paris-Sieg von vor zwei Jahren, was sie nach dem nur 68 Minuten langen Endspiel erwartet. »2020 war ich vor allem verwirrt, denn ich habe nie wirklich zu einhundert Prozent daran geglaubt, dass ich einen Grand Slam gewinnen kann«, sagte Swiatek: »Jetzt ist mir viel bewusster, dass alle Puzzlestücke zusammenpassen müssen und im Grunde jeder Aspekt des Spiels funktionieren muss. Mit diesem Bewusstsein bin ich noch glücklicher.«

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Freudensprung: Die Polin Iga Swiatek posiert auf der Brücke Bir-Hakeim in Paris mit dem Siegerpokal. FOTOS: AFP/DPA © AFP GmbH

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