Ludger Beerbaum wehrt sich vehement
(dpa). Über 30 Jahre nach der Barr-Affäre um Paul Schockemöhle droht dem deutschen Pferdesport ein Déjà-Vu. Diesmal im Mittelpunkt: Der viermalige Olympiasieger Ludger Beerbaum. RTL wirft dem Weltklasse-Springreiter in einem Beitrag bei »RTL Extra« Tierquälerei vor. Der 58-Jährige soll mutmaßlich die unerlaubte Trainingsmethode des Barrens bei seinen Springpferden angewandt haben.
In einer Stellungnahme wehrte sich Beerbaum vehement gegen die Anschuldigungen. »Der Beitrag von ›RTL extra‹ ist in vielen Punkten nachweislich falsch, verleumderisch und ehrverletzend«, schrieb er am Mittwoch. Er kündigte juristische Schritte an. »Es ist nicht hinzunehmen, dass heimlich auf meinem privaten Grund und Boden gefilmt wurde.«
RTL hatte am Dienstagabend in der Sendung »RTL Extra« heimlich von einer Informantin aufgenommene Videos gezeigt, in denen Beerbaum auf seiner Anlage in Riesenbeck angeblich Springpferde gebarrt haben soll. Dabei soll den Tieren beim Sprung über ein Hindernis mit einer mehrkantigen Stange gegen die Vorderbeine geschlagen worden sein. Eine Journalistin hatte sich zudem zur Recherche für einige Zeit als angebliche Praktikantin auf der Anlage einstellen lassen.
»Die im Beitrag gezeigten Szenen auf dem Reitplatz haben mit Barren nichts zu tun. Es handelt sich dabei um erlaubtes Touchieren, das von einem erfahrenen, routinierten Pferdefachmann durchgeführt wurde«, meinte Beerbaum. Der im Video zu sehende Gegenstand habe die Vorgaben der Deutschen Reiterlichen Vereinigung für ein zulässiges Touchieren erfüllt. Diese Vorgaben sehen vor, dass die Stange ein glattes Rundholz - nicht mehr als drei Meter lang und nicht schwerer als zwei Kilo - sein muss. Das Touchieren dürfen nur erfahrene Pferdefachleute durchführen. Beerbaum betonte, »dass diese erlaubte Trainingsmethode bei uns nur sehr selten angewendet wird und nicht Bestandteil der täglichen Arbeit ist«.
In dem RTL-Film hatte die Journalistin auf einem Dachboden Beerbaums zudem Stangen mit Noppen entdeckt. »Dazu kann ich nur sagen, dass diese Elemente dort seit Jahren liegen«, erklärte Beerbaum. Diese Hindernisse seien aussortiert worden. »Sie werden auch nicht beim Training mit Pferden eingesetzt.« Eine Stange lag allerdings neben einem Reitplatz. Er wolle nachforschen, wie diese dahin gekommen sei, meinte Beerbaum. RTL rechtfertigte auf dpa-Nachfrage die Arbeit des Teams um Investigativjournalist Günter Wallraff. Die Missstände hätten »den Einsatz einer versteckten Kamera auf dem Hof« gerechtfertigt. Der Sender halte die »Veröffentlichungen in der vorgenommenen Form für angemessen«.
Der deutsche Verband steckt durch den RTL-Beitrag in einem Dilemma. Schon allein, dass die Vorwürfe gegen den herausragendsten deutschen Springreiter der vergangenen 35 Jahre gerichtet sind, wiegt schwer. Zuletzt hatte Beerbaum als Veranstalter die EM der Springreiter in Riesenbeck organisiert.