Keine Panik, aber Vorsicht

In seiner Analyse des Pokal-Ausscheidens bei Waldhof Mannheim war Oliver Glasner sehr klar. Der Trainer von Eintracht Frankfurt kritisierte seine Mannschaft deutlich, ohne sie zu diesem sehr frühen Zeitpunkt der Zusammenarbeit, da die Bundesligarunde ja erst in den Startlöchern steht, gleich auszuzählen. Das wäre aus Sicht des Fußballlehrers trotz des bitteren 0:
2 auch unsinnig gewesen.
Einige Auszüge seiner Mängelliste: »Wir hatten anfangs im Spiel zu viel Kontrolle, zu viele Kontakte mit dem Ball am Fuß, dafür aber zu wenig Dynamik und zu wenige Spieler im Strafraum.« Und weiter: »Später nach dem Rückstand wollten wir mit dem Kopf durch die Wand.« Gerade bei den Gegentoren habe sich seine Elf »zu billig abkochen« lassen. Sorgen, so Glasner, mache er sich mit Blick auf die ganze Saison deshalb keine.
Aus neutraler Sicht hätte seine Pflichtspielpremiere dagegen kaum mieser verlaufen können. Die Eintracht verteidigte schlecht und griff ebenso schlecht an. Die Neuzugänge blieben vieles schuldig, und manch arrivierter Profi offenbarte ähnliche Probleme wie beim Absturz in den schwachen Wochen direkt vor der Sommerpause. Vor allem die löchrige Defensive erstaunte, legte Glasner doch zeit seiner Ankunft auf die Abwehrarbeit den Fokus. Die Fülle an Gegentoren wollte und will er nach unten schrauben. Und in Mannheim waren die Frankfurter mit dem 0:2 noch gut bedient. »Das darf nicht passieren - vor allem nicht auf diese Art und Weise. Das weiß jeder«, sagte Torwart Kevin Trapp. Er war damit auf einer Linie mit seinem Chef. Glasner fand zwar, dass die Absicherung bei eigenen Angriffen, die größter Trainingsschwerpunkt war, eigentlich gut gewesen sei, die Umsetzung stufte er aber als »mangelhaft« ein. Gemeint ist die Zweikampfführung. Martin Hinteregger erwischte eine Larifari-start in die Runde, ebenso der schon in den Testspielen schwächelnde Tuta. Gerade der Brasilianer muss sich schnell steigern, will er seinen Stammplatz nicht verlieren. Bereits für das Samstagsspiel in Dortmund (18.30 Uhr) mutet der erfahrene Stefan Ilsanker als sicherere Lösung für diesen Posten an.
Was zur nächsten Problemzone führt, der Besetzung des offensiveren Parts auf der rechten Seite. Dort konnte Rückkehrer Danny da Costa nicht an seine Form im Trikot von Mainz 05 anknüpfen. Er rannte sich zu oft fest, verlor zu viele Bälle, wirkte in der Rückwärtsbewegung unsicher. Noch immer ist also kein adäquater Gegenpart zum herausragenden Linksaußen Filip Kostic, dessen Pokalvertreter Christopher Lenz vollends enttäuschte, gefunden worden. Oder könnte Jens Petter Hauge, dessen Leihe vom AC Mailand noch nicht bestätigt ist, diese Rolle einnehmen? Über genügend Offensivpotenzial für den rechten Flügel verfügt der 21-Jährige. Aber ist er auch dafür geeignet, die defensiven Aufgaben zu erfüllen?
Kommt noch ein Stoßstürmer?
Stichwort Angriff: Wenn der Eindruck von Mannheim nicht täuscht, wird Rafael Borré die durch den Abgang von André Silva entstandene Riesenlücke nicht alleine schließen können - was auch zu viel von dem kleinen Mann erwartet wäre. Derzeit herrscht in der Offensive eine Unwucht im Kader. Es gibt Wirbler, Dribbler und Sprinter, aber wenige Abschlussspieler. Goncalo Paciencia und Ragnar Ache, neben Borré die weiteren Zentrumsstürmer, genügen kaum höchsten Ansprüchen. Ein weiterer Mittelstürmer stünde der Eintracht gut zu Gesicht.
Es wäre natürlich Unsinn, nach nur einer Niederlage nun jedwede Überzeugung über den Haufen zu werfen, ebenso wie die Alarmsignale von Mannheim zu überhören. Keine Panik, aber Vorsicht. »Wir wissen, was wir verbessern müssen«, sagte Sportvorstand Markus Krösche und sprach auch von einem »Entwicklungsprozess«. Diesen muss Glasner möglichst schnell voranbringen. DANIEL SCHMITT