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»Jugend forscht« im Flick-Team

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Die Zukunft ist angekommen: Der 19-jährige Karim Adeyemi (r.) jubelt zusammen mit dem 18-jährigen Florian Wirtz nach seinem Treffer zum 6:0 gegen Armenien. © DPA Deutsche Presseagentur

Das Nationalteam liefert eine erste Duftmarke des Flick-Fußballs. Die Fans sind euphorisch, die deutschen Sieger wohltuend realistisch. Der Bundestrainer hat »noch einiges vor«. Die WM 2022 ist jetzt fest im Visier. Am Horizont funkelt aber auch schon die Zukunft.

Abheben? Euphorisch werden? Nach einem tollen Fußballabend? Nein, nicht mit Hansi Flick, dessen Ziel die Weltspitze ist und dessen Maßstab aus seiner Zeit beim FC Bayern Titel sind. Nach der ersten Duftmarke der Nationalmannschaft mit dem erhofften attraktiven Flick-Fußball mit Tempo, Tricks und Toren unterband der Bundestrainer zumindest in seinem Einflussbereich jedes Anzeichen der Überbewertung. Und seine wohltuend realistischen Spieler zogen auch da mit. »Wir waren die vergangenen Jahre zu düster, dass wir jetzt nach einem Spiel abheben«, sagte der große Antreiber Leon Goretzka.

Flick gönnte seinen Jungs am Sonntagabend im Stuttgarter Stadion nach dem schwungvollen 6:0 gegen überforderte und taktisch naive Armenier die Jubelrunde vor den Fähnchen schwenkenden Zuschauern, ehe er sie in der Kabine empfing und mit klaren Worten sofort auf den nächsten Job ausrichtete. »Das Spiel ist jetzt schon wieder beendet. Es geht der Blick nach Island«, sagte der 56-Jährige in der Vorausschau auf Mittwoch (20.45 Uhr/RTL), wenn in Reykjavik sein Neun-Punkte-Start finalisiert werden soll. Der Auftritt bei seinem Heimdebüt sei jetzt erst mal »der Maßstab«, erklärte Flick fordernd. Es war nur ein Anfang: »Wir haben noch einiges vor!«

Es tat den oft gescholtenen Nationalspielern um Doppeltorschütze Serge Gnabry und die Tordebütanten Jonas Hofmann und Neuling Karim Adeyemi aber einfach gut, mal wieder vom Publikum gefeiert zu werden. »Das ist für uns alle und für Fußball-Deutschland Balsam auf der Seele«, sagte Goretzka. »Das hat Spaß gemacht, für mich in der Heimatstadt umso mehr«, sagte der gebürtige Stuttgarter Gnabry.

Die 18 086 zugelassenen Zuschauer stimmten lange vermisste »Oh, wie ist das schön«-Gesänge an. Und auch Flick hatte die verheißungsvolle Fußball-Show »schon gefallen«, wie er zurückhaltend anmerkte. Die zwei zentralen Vorgaben habe die Mannschaft vollauf erfüllt: Das eine war, »uns mit einem Sieg die Tabellenführung zu holen«. Was eindrucksvoll gegen den bisherigen Spitzenreiter gelang. »Und das Zweite war, dass wir den nächsten Schritt machen wollen, dass wir einfach einen Fußball spielen, der begeistert, einen Fußball spielen, der Freude macht, Freude auf mehr. Das war der Fall«, sagte Flick wie ein stolzer Papa. »Nicht mehr und nicht weniger« sei passiert.

»Es ist einfach wichtig, dass man liefert, wenn es zählt«, sagte Flick. Daran hatten auch die Armenier ihren Anteil, die anders als Fußball-Winzling Liechtenstein bei Flicks zähem 2:0-Einstandssieg drei Tage zuvor sich nicht vorm eigenen Tor verbarrikadierten, sondern ein offenes Spiel mit vielen Räumen anboten. So konnten die deutschen Offensivspieler demonstrieren, was sie drauf haben.

Gnabry, Reus, Werner, Hofmann und Adeyemi verscheuchten die Torarmut. Wenn Flicks offensive Spielidee mit Pressing, schnellem Passspiel in die Tiefe und entschlossenen Torabschlüssen umgesetzt wird, »sind wir sehr, sehr stark«, wie Werner meinte. Den Mittelstürmer scheint Flick wieder stark zu machen, ebenso den aufblühenden Leroy Sané. Die Reaktivierung von Marco Reus ist ebenfalls ein Gewinn. Gnabry hat die EM-Verzagtheit überwunden. Und das DFB-Team hat im Bayern-Duo Joshua Kimmich und Goretzka wieder ein Herzstück im Zentrum des Spiels.

Die WM 2022 in Katar ist das Nahziel, Flicks erste Masterarbeit. Aber am Sonntagabend funkelte am Horizont womöglich schon die Heim-EM 2024 auf, als am Ende in dem Münchner Jamal Musiala (18), Leverkusens Florian Wirtz (18) und Neuling Adeyemi (19) gleich drei Teenager auf dem Platz mit wirbelten. »Es ist Wahnsinn, dass ich hier dabei bin. Ein schöner Tag«, sagte Adeyemi, der nach Vorarbeit von Wirtz traf.

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Timo Werner trifft zum 4:0 und scheint unter Trainer Hansi Flick sein Tief überwunden zu haben. © DPA Deutsche Presseagentur

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