HSV will die Tür eintreten

Direkter Aufstieg, Relegation oder zum vierten Mal ein vierter Platz - dank einer Siegesserie hat sich der Hamburger SV für das Finale der 2. Fußball-Bundesliga am Sonntag alle Optionen offen gehalten.
Die bisherige Aufholjagd ist historisch, ein erneutes Scheitern wäre es auch. Die Hoffnung ist aber wieder da beim Hamburger SV, der sich den Traum von der Bundesliga-Rückkehr im Saisonfinale erstmals selbst erfüllen kann. Zumindest Relegationsplatz drei wäre gesichert, wenn die Hanseaten beim Zweitliga- Finale am Sonntag (15.30 Uhr/Sky) bei Hansa Rostock ihren siebten Auswärtssieg einfahren sollten. Dreimal zu leise geklopft, diesmal will man an der Elbe die Tür zur Eliteklasse mit Urgewalt eintreten.
Sieben Punkte Rückstand auf den dritten Rang hatten die Norddeutschen fünf Spieltage vor Saisonschluss, noch nie hat ein Klub in der 2. Liga einen solchen Rückstand aufgeholt. Was dann folgte, überraschte selbst die Optimisten. Erstmals in der laufenden Saison gelang eine Serie von vier Siegen. Doch noch fehlt der letzte Schritt, um im Aufstiegsrennen nicht zum vierten Mal hintereinander auf dem undankbaren vierten Platz zu enden. »Natürlich liegt ein gewisser Druck auf uns, weil wir etwas erreichen können. Aber das ist definitiv ein positiver Druck«, sagte Torhüter Daniel Heuer Fernandes der »Bild«-Zeitung.
Ungelegen kommt, dass Trainer Tim Walter (46) seine Mannschaft umbauen muss. Wegen eines im Training erlittenen Wadenbeinbruchs musste der in den vergangenen Wochen zum Stammspieler avancierte finnische Mittelfeldspieler Anssi Suhonen am Donnerstag operiert werden.
Von ihrem Erfolgskurs abbringen lassen, davon ist sich der Coach sicher, wird sich seine Truppe durch diese Personalie nicht. Walter: »Es macht gerade brutal Spaß und ist die pure Freude, wie meine Jungs sich reinhauen.« Er überzeugt derzeit mit seiner Spielphilosophie. Der Badener hatte schon zu Saisonbeginn festgelegt, das Drumherum auszublenden, bis zuletzt nicht über Aufstieg zu reden. »Wir bleiben bei uns«, lautet sein Kernsatz. Die Zurückhaltung warf er erst jetzt vor dem letzten Spieltag über Bord, und er sagte offensiv: »Wir wollen aufsteigen.«
Sein Offensivfußball, der anfangs mit permanenten Positionswechseln noch wild wirkte und mit aufgerückter Defensive mitunter riskant ist, verläuft mittlerweile geordneter. »Diese Art Fußball zu spielen, macht unheimlich Spaß«, sagte Robert Glatzel, mit 21 Saisontoren der Toptorschütze des HSV. Zugleich loben die Profis das gute Klima im Team und würdigen Walters Rolle.
All diese Eigenschaften und Faktoren könnten sogar direkt in die Bundesliga führen, wenn Nordrivale Werder Bremen zeitgleich sein Heimspiel gegen Jahn Regensburg verlieren sollte. Auf Unentschieden spielen jedenfalls will man an der Weser gegen die seit sechs Spielen sieglosen Gäste nicht. »Zu denken, dass nur noch ein Punkt reicht, wäre gefährlich«, sagte Clemens Fritz, Werders Leiter Profifußball.
Während die Hamburger zuletzt eine stabile Siegesserie hinlegten, strauchelte die Konkurrenz. Schalke (9 Punkte), Bremen (7), Darmstadt (6), St. Pauli (2) - die Aussetzer der Rivalen holten den abgeschlagenen HSV zurück ins Spiel. Und mit jedem Sieg wuchs das Selbstbewusstsein. »Wir sind überzeugt von uns, wir sind mutig«, beteuerte Walter und befand: »Wir sind da, wo wir sind, zu Recht.«
Sportchef Jonas Boldt, der seit Amtsübernahme nicht zum dritten Mal den Aufstieg verpassen will, macht sich stark für Walter. Denn in einigen Vereinsgremien soll der Coach umstritten sein. »Wenn wir in dieser Konstellation zusammenbleiben, dann kann hier richtig etwas wachsen. Und genau das ist, was dem HSV die letzten zehn bis 20 Jahre gefehlt hat«, sagte der 40 Jahre alte Sportchef nicht ganz uneigennützig. Das wichtigste Argument aber fehlt noch.