Hoffen auf nächsten Schritt

Die politisch Verantwortlichen sind vom Bundesliga-Konzept offenbar überzeugt, doch für einen schnellen Start braucht es ein klares Signal. Auf das akribisch ausgearbeitete Hygienekonzept folgt im Werben um Akzeptanz nun eine Charmeoffensive bei Kritikern.
Im Ringen um weitere Corona-Lockerungen sehnt die Fußball-Bundesliga das wohl größte Zugeständnis von allen herbei: das klare Startsignal der Politik für eine schnelle Wiederaufnahme des Spielbetriebs. Während die sportliche Fortsetzung ohne Publikum vor zwei Wochen bei Bundeskanzlerin und Ministerpräsidenten kein Thema war, erhoffen sich Deutsche Fußball-Liga (DFL) und die Profiklubs im Wartestand beim nächsten Treffen heute den nächsten Schritt. Bei einer Zustimmung aus dem Kanzleramt sollen die verbleibenden neun Spieltage möglichst schon Mitte oder Ende Mai beginnen.
Doch danach sieht es zunächst nicht aus, auch die Bundesliga hängt am Tropf der Lockerungen, die die Politik nach dem Shutdown Stück für Stück ermöglicht. Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer wollte sich am Mittwoch nicht festlegen, ob darüber spätestens bei der für den 6. Mai geplanten Unterredung von Kanzlerin und Regierungschefs der Länder entschieden wird. »Für die Neubewertung ist das aktuelle Infektionsgeschehen entscheidend«, betonte Demmer in Berlin.
Werden beispielsweise die Ausgangsbeschränkungen bundesweit verlängert, verzögert sich auch die Rückkehr der Bundesligisten in ein reguläres Mannschaftstraining und damit wohl auch der Neustart der Saison, über den für 16. oder 23. Mai spekuliert wird. Im ständigen Ringen um Kompromisse in diversen Branchen wird die Politik nicht allzu viel Rücksicht auf den 30. Juni nehmen können, den die DFL als Stichtermin für das Saisonende veranschlagt hat.
Innenministerium sieht Spielraum
Das auch für den Spitzensport zuständige Bundesinnenministerium steht einer Ausnahmeregelung für Geisterspiele dagegen jetzt schon offen gegenüber - vorausgesetzt das Gesamtkonzept stimmt. Dass eine Erlaubnis für die Bundesliga zwangsläufig an Lockerungen für den Breitensport und für Spielplätze geknüpft wären, sieht man hier nicht. »Man kann eben für bestimmte Situationen eigene Regeln schaffen, die aber nicht überall immer hundertprozentig so umsetzbar sind - etwa auf Spielplätzen«, sagte Ministeriumssprecher Steve Alter. Als Beispiel nannte er die Ausnahmeregelung für ausländische Erntehelfer wegen des Saisonkräftemangels in der Landwirtschaft.
Mit ihrem Hygiene- und Sicherheitskonzept hat die DFL nicht nur einige wichtige Politiker überzeugt, sondern offenbar auch zwei wichtige Hürden genommen. Das Bundesarbeitsministerium hat in Sachen Arbeitsschutz grünes Licht für Spiele der 1. und 2. Liga unter Ausschluss von Zuschauern gegeben. »Es sind Wege gefunden worden, Risiken zu minimieren und den Arbeitsschutz auch einzuhalten. Die politische Entscheidung, die noch andere Gesichtspunkte beinhaltet, die müssen jetzt andere treffen«, sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Zuvor hatte das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) darüber berichtet. Auch die Sportministerkonferenz hält laut einer Beschlusslage die Fortsetzung des Spielbetriebs ab frühestens Mitte Mai »für vertretbar«.
Seit der Einstellung des Spielbetriebs am 13. März haben DFL und die Vereine in knapp sieben Wochen hart gearbeitet, sodass eine Fortsetzung nun in absehbarer Zeit wieder greifbar erscheint. Weil es weiter viele vehemente Kritiker gibt und selbst leidenschaftliche Fans die Zustände in der Branche lautstark beklagen, sollen die Corona-Krise und vor allem die darauffolgende Zeit nun auch zur Bewältigung der derzeitigen Imageprobleme genutzt werden. »Wenn wir die Krise überstanden haben sollten, muss sich im Fußball einiges ändern«, sagte beispielsweise BVB-Geschäftsführer Hans- Joachim Watzke am späten Dienstagabend in der ZDF-Sendung »Markus Lanz«.
DFL-Konzept weiterentwickelt
Aktuell geht es aber erst einmal um die Rettung der Saison 2019/20020. Und da wurden mit dem Konzept der DFL wichtige Schritte gemacht. »Der Arbeitsschutz der Spieler, Trainer und Betreuer kann bei vollständiger Umsetzung des Konzepts weitgehend sichergestellt werden«, heißt es aus dem Arbeitsministerium mit Blick auf das weiterentwickelte Konzept in einem Schreiben von Björn Böhning (SPD), Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium.
Die DFL hatte ihr Konzept für den Wiederbeginn des Liga-Fußballs nach Hinweisen des Arbeitsministeriums weiterentwickelt. In der aktuellen Fassung sei das Konzept »sinnvoll, reduziert Risiken und ist daher arbeitsschutzrechtlich akzeptabel«, heißt im Schreiben von Böhning.
Die DFL hatte in einem Schreiben ans Arbeitsministerium, das dem RND und der »Bild-Zeitung« ebenfalls vorliegt, von einer »Quasi-Quarantäne« der Spieler gesprochen. Sollten sich die Konzepte bewähren, könne dies laut Beschlussvorlage der Sportministerkonferenz (SMK) auch auf die Frauen-Bundesliga und den DFB-Pokal ausgeweitet werden.