Hamilton macht die 100 voll

Lewis Hamilton holt den Jubiläumssieg und die WM-Führung in Sotschi - nach einer chaotischen Schlussphase sieht aber auch Max Verstappen aus wie ein Gewinner.
Lewis Hamilton stand endlich wieder ganz oben auf dem Podest, doch so richtig gemütlich war es dort nicht. Sein Rennoverall war triefend nass, ein kühler Wind wehte in Sotschi, und der lästige WM-Rivale Max Verstappen stand nach einer Aufholjagd gleich neben ihm - aber Hamilton schmunzelte. Mit 70 Tagen Anlauf hatte er seinen 100. Sieg in der Formel 1 gefeiert, die WM-Führung zurückerobert - und der Wettergott hatte kräftig mitgeholfen.
»Ich bin sehr dankbar für diese Punkte und diesen Sieg«, sagte Hamilton, »die Nummer 100 hat so lange gedauert, ich wusste gar nicht, ob sie überhaupt noch kommt.« Mehr als zwei Monate und fünf Rennen hatte er warten müssen auf den Jubiläums-Erfolg. Es sei allerdings auch »ein Traumergebnis für Max« gewesen.
Denn Verstappen war von Startplatz 20 auf Rang zwei gefahren, das war mehr als nur Schadensbegrenzung. Erst ein kurzer aber heftiger Wolkenbruch in der Schlussphase hatte die beiden Rivalen ganz nach vorn gespült. Und so steht nun Hamilton wieder ganz vorn im Klassement - allerdings nur mit zwei Punkten Vorsprung. Es bleibt ein bemerkenswert enges Hin und Her im Titelkampf.
»Gott sei Dank kam der Regen«, sagte Verstappen später, »nur einen Platz auf Lewis zu verlieren ist definitiv nicht schlecht. Als ich heute morgen aufgewacht bin, habe ich dieses Ergebnis definitiv nicht erwartet.«
Der Spanier Carlos Sainz jr. im Ferrari komplettierte als Dritter das Podest, Sebastian Vettel erlebte im Aston Martin ein enttäuschendes Wochenende und landete auf Rang zwölf. Mick Schumacher schied mit einem Defekt aus.
Bis in die letzten Runden hatte Hamiltons junger Landsmann Lando Norris im McLaren Kurs auf seinen ersten Formel-1-Sieg gehalten, dann aber entschied er sich im einsetzenden Regen gegen einen Boxenstopp - und wurde auf rutschiger Strecke durchgereicht. »Bis drei Runden vor Schluss war es ein super Wochenende für uns«, sagte McLarens deutscher Teamchef Andreas Seidl bei Sky: »Aber wir haben uns verzockt.« So konnte Hamilton auch die eindrucksvolle Mercedes-Serie ausbauen: Seit 2014 haben die Silberpfeile jedes Rennen in Sotschi gewonnen.
Red Bull hatte den letzten Startplatz zuvor bewusst in Kauf genommen. Auf der Mercedes-Strecke rechnete man sich geringe Chancen aus, daher nahm das Team den ohnehin bald notwendigen Antriebswechsel vor und kassierte die damit verbundene Strafe. Dass das Wetter aber alles durcheinander wirbeln könnte, war von Beginn an nicht unwahrscheinlich. Am Samstag hatte der Regen über Sotschi gar zur Absage des dritten freien Trainings geführt, später wurde die abtrocknende Strecke zur Herausforderung im Qualifying, an der Mercedes scheiterte. Hamilton nur auf Startplatz vier, so lautete das Ergebnis.
Als die roten Ampeln ausgingen, verlor Hamilton gar noch zwei Plätze, weiter hinten arbeitete Verstappen sich schnell vor. Schon nach einem Viertel der Renndistanz schnappte er sich Vettel und war Zehnter. In diesem für Hamilton und Mercedes besorgniserregenden Stil ging es weiter: Durch Boxenstopps der Konkurrenz rutschte Verstappen kampflos noch weiter vor, war jetzt schnellster Mann im Feld und lag plötzlich nur noch drei Plätze und fünf Sekunden hinter dem Weltmeister.
Nach den Boxenstopps rückte Hamilton wieder vor und konnte sich in der Schlussphase auf die Jagd nach Norris begeben, der einsetzende Regen sorgte für zusätzliche Spannung. Im Finale holte Mercedes Weltmeister Hamilton für den Wechsel auf Intermediate-Reifen herein. Die zog weiter hinten auch Verstappen auf. Norris tat dies nicht - und sollte es bereuen und die Führung verlieren.