Goldener EM-Abschluss

Speerwerfer Julian Weber entschädigt sich bei der Leichtathletik-EM in München mit dem Titel für vierte Plätze bei Olympia und WM. Die Männer-Sprintstaffel erlebt eine Enttäuschung - die Frauen um Lisa Mayer aus Niederkleen machen es zum Abschluss dann viel besser.
Julian Weber mit dem ersehnten goldenen Wurf und die Frauen-Sprintstaffel mit einem unwiderstehlichen Schlussspurt haben für einen grandioses Finale der Leichtathletik-Europameisterschaften gesorgt. Das Quartett um 100-Meter-Europameisterin Gina Lückenkemper und Lisa Mayer stürmte in München unter dem ohrenbetäubenden Jubel der Fans am Sonntagabend zum siebten und letzten EM-Titel der Gastgeber bei dieser EM. Zu den Klängen des Klassikers »Rockin’ all over the world« durften sich die WM-Dritten als Europas schnellste Staffel feiern lassen. »Das ist der absolute Wahnsinn«, sagte Lückenkemper. Es war die insgesamt 16. Medaille für das deutsche Team.
Speerwerfer Weber feierte den größten Erfolg seiner Karriere und kündigte danach eine Riesenparty an. »München, Ihr seid so geil«, rief der Mainzer, der 87,66 m weit warf und sich mit der ersten internationalen Medaille für vierte Plätze bei Olympia im Vorjahr und zuletzt bei der WM entschädigte. »Ich habe nicht gedacht, dass ich werfen kann. Die Schulter hat weh getan, der Rücken hat weh getan, ich habe keinen Wurf gemacht beim Einwerfen«, bekannte er danach.
Nur einen Monat nach der enttäuschenden WM in den USA setzte die Frauen-Staffel in 42,34 Sekunden den Schlusspunkt. »Ich hätte es nicht für möglich gehalten«, sagte Lückenkemper, die nach dem Einzeltitel wegen einer Wunde am linken Knie genäht werden musste. »Wir haben alle gegeben und es hat sich am Ende ausgezahlt.« Sie triumphierte zusammen mit Startläuferin Alexandra Burghardt (Burghausen), Lisa Mayer und Schlussläuferin Rebekka Haase (beide Sprintteam Wetzlar). Nicht dabei war die angeschlagene Tatjana Pinto, die vor einem Monat zum Quartett zählte, das überraschend WM-Bronze geholt hatte.
Nach dem deutschen Rekord im Vorlauf mit 37,97 Sekunden gab es für die deutsche Männer-Staffel im Finale zuvor eine herbe Enttäuschung. Gleich der erste Wechsel von Kevin Kranz auf Joshua Hartmann klappte nicht, das DLV-Quartett schied aus. Die Zeit aus der Qualifikation hätte im Endlauf für Bronze gereicht.
Weber erwischte vor noch einmal rund 40 000 Zuschauern einen guten Start und führte gleich mit 83,05 m. Damit zeigte sich der derzeit beste deutsche Werfer erst einmal zufrieden. Die Fans versuchten bei jedem Versuch frenetisch, Weber anzutreiben. Sein im Vorfeld vermeintlich größter Konkurrent, der Olympia-Zweite und WM-Dritte Jakub Vadlejch, konterte zwar mit starken 87,28 Metern, doch Weber schleuderte den Speer im vierten Durchgang auf 87,66 m - Sieg!
Silber für Meyer und Lita Baehre
Am späten Samstagabend hatte Stabhochspringer Bo Kanda Lita Baehre für ein Highlight gesorgt. Der Leverkusener musste sich mit 5,85 m nur dem schwedischen Überflieger Armand Duplantis geschlagen geben, der mit 6,06 Metern einen Rekord für eine EM aufstellte. Während Lita Baehre Edelmetall zuzutrauen war, sorgte Lea Meyer mit Silber über 3000 Meter Hindernis für den nächsten unerwarteten Erfolg. Schon am Vormittag hatte Geherin Saskia Feige Bronze über 20 km geholt.
Die rund 30 000 Fans erlebten erneut einen tollen Abend. »Ich habe vorher gedacht, ich muss mein Bestes hier geben, um das Publikum nicht zu enttäuschen. Ich glaube, das ist mir gelungen«, sagte der gefeierte Lita Baehre. Für die Stabhochspringer waren die Bedingungen nach zeitweise heftigem Regen und abendlich kühleren Temperaturen nicht einfach. Letztlich entpuppte sich der deutsche Meister bei 5,85 m als einziger Jäger von Duplantis, der zunächst über 5,90 Meter schwebte. Lita Baehre ließ nach einem Fehlversuch über diese Höhe gleich 5,95 Meter auflegen und riss, Duplantis schaffte sie auf Anhieb. Der Titelverteidiger, Olympiasieger, Weltmeister und Weltrekordler hatte den Sieg sicher, als Lita Baehre bei seinem letzten Versuch scheiterte. »Ich werde eines Tages versuchen, ihn zu schlagen«, sagte der WM-Siebte.
Danach füllte Lea Meyer über 3000 Meter Hindernis die Lücke, die durch die gesundheitsbedingte Absage von Titelverteidigerin Gesa Krause entstanden war. Die Läuferin vom ASV Köln musste sich in persönlicher Bestzeit von 9:15,35 nur Luiza Gega aus Albanien geschlagen geben (9:11,31). »Ich hatte auf ein schnelles Rennen gehofft«, sagte Meyer, »was passiert ist, verstehe ich noch nicht so ganz.« Die deutschen 4x400-Meter-Staffeln konnten nicht ganz vorn mitlaufen. Die Männer wurden Siebte, die Frauen gute Fünfte. Die Niederländerin Femke Bol feierte in der Staffel ihr drittes Gold nach den Erfolgen über 400 Meter und 400 Meter Hürden.


