Gegenwind für Präsident Fischer

Kurz vor Mitternacht sah Peter Fischer so aus, wie er es auch artikulierte: ’Nen Drink und ’ne Kippe wären ganz cool. Der Präsident von Eintracht Frankfurt wirkte geschlaucht und ein kleines bisschen geknickt, aber irgendwie auch erleichtert. Er hatte es ja kommen sehen. Seine Wiederwahl als Vereinsoberhaupt war irgendwie nur Formsache, doch das Ergebnis bewegte sich nicht in dem üblichen Rahmen, das sonst nur Diktatoren erzielen - oder eben Fischer.
»Nur« 420 Personen stimmten für eine achte Amtszeit des 66-Jährigen, 106 votierten gegen das Enfant Terrible, 99 enthielten sich.
»80 Prozent - das ist nach 22 Jahren ein verdammt gutes Ergebnis«, meinte Fischer. Auf 79,85 Prozent kommt man aber nur dann, wenn man die 99 Enthaltungen herausrechnet, andernfalls bleibt ein mageres Ergebnis von 67,2 Prozent. Er habe mit einem noch schlechteren Ergebnis gerechnet, sagte er zu später Stunde. Das habe er durch viele Gespräche mit den Ultras eruieren können. Hintergrund seien einige Äußerungen des ewigen Peter in den vergangenen Wochen und Monaten gewesen, etwa seine Einstellung zum Piks zum Schutz vor Covid (»Wer nicht geimpft ist, gehört nicht dazu«).
Der Vereinsboss nannte noch ein anderes heikles Thema, das ihn Stimmen gekostet habe: Kapitalmaßnahmen. Alle Protagonisten machten deutlich, dass der Fußball-AG frisches Geld zugeführt werden müsse. Zu unwägbar sind die bevorstehenden Entwicklungen, zu schlecht die aktuellen Kennzahlen: Verlust durch Corona 80 Millionen Euro, Verbindlichkeiten 30 Millionen, Eigenkapital abgeschmolzen von 60 auf sechs Millionen. »Das ist eine dramatische Situation, um den Risiken der Zukunft begegnen zu können«, sagte Finanzvorstand Oliver Frankenbach.
Daher rate er im Namen des Vorstands dringend zu einer Kapitalerhöhung. Dem Vernehmen nach hat es ein Angebot eines Geldgebers gegeben, der im ersten Schritt 40 Millionen Euro in die Fußball-AG pumpen, aber im Gegenzug entsprechende Anteile erhalten wollte, was dazu geführt hätte, dass die anderen Eigner hätten abspecken müssen - auch der Mutterverein, der zurzeit 67,89 Prozent hält. Ein Vorgehen, das die Basis kritisch sieht. Einem Dringlichkeitsantrag von Sebastian Braun stimmten sie mit großer Mehrheit zu. Demnach solle der eingetragene Verein nie weniger als 60 Prozent der Anteile halten und ein Investor nicht mehr als 24,9 Prozent besitzen dürfen, um eine Sperrminorität zu vermeiden. Nichts fürchten die Mitglieder mehr als Fremdbestimmung.
Experten gehen von einem Unternehmenswert von 450 Millionen Euro aus. Der Vorstand wird nun die Gespräche mit potenziellen Geldgebern intensivieren. Für Sprecher Axel Hellmann ist klar, dass man vor allem mit hiesigen Unternehmern sprechen wird: »Einen Oligarchen, der sich bei uns einkauft, wird es nicht geben.« Eine regionale Beziehung wäre wünschenswert, sagt der 51-Jährige, also Gesellschafter, »die schon bei uns sind und mit denen wir positive Erfahrungen gemacht haben«. INGO DURSTEWITZ
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