Gefangen im Mittelfeld

Lewis Hamilton und Sebastian Vettel domi- nierten die Formel 1 über Jahre. Mercedes-Star Hamilton erlebt am Wochenende in Imola gar eine Demütigung durch Red Bull. Führt der Weg des ungleichen Duos noch mal nach oben?
Toto Wolff kroch über den Knopf im Ohr zu Lewis Hamilton ins Cockpit und bat um Entschuldigung, während sich für Sebastian Vettel schon ein hart erkämpfter achter Platz »wie ein Sieg« anfühlte. Elf WM-Titel vereinigen die beiden Formel-1-Topstars auf sich, 103-mal stand Hamilton ganz oben auf dem Treppchen, Vettel bringt es auf 53 Grand-Prix-Erfolge - doch ihre Rolle nach der Regelrevolution ist die von abgehängten Majestäten.
»Sorry für das Auto, das du heute fahren musstest. Es war unfahrbar«, funkte Mercedes-Teamchef Wolff am Sonntag an seinen Starpiloten. Hamilton musste nicht nur Platz 13 beim Großen Preis der Emilia-Romagna verdauen, sondern auch die bittere Überrundung durch seinen Erzrivalen Max Verstappen nach etwa zwei Dritteln der Renndistanz.
Hamiltons großes Ziel, der Gewinn der achten Weltmeisterschaft, ist nach vier von 23 Rennen praktisch abgeschrieben. »Um diese Frage geht es im Moment nicht«, sagte der Engländer. »Ich bin sicher raus aus der WM«, sagte er, Stimmung und Stimme schwer gedämpft. Ganz sicher? Teamchef Wolff will sich vom Gedanken an die WM jedenfalls nicht verabschieden. »Was ich an dem Sport liebe, ist, dass er nicht immer der Mathematik folgt.«
Horner schreibt Mercedes nicht ab
Bei regulären Bedingungen fehlt Mercedes auf einer Runde mitunter eine Sekunde zu Red Bull und Ferrari. Geht das Qualifying unter turbulenten Umständen in die Hose, wie in Imola geschehen, ist auch im Rennen nur mit einigem Glück eine Verbesserung drin. Diese gelang Hamiltons neuem Teamkollegen George Russell, der Rang vier einheimste und seinen berühmten Landsmann im dritten Rennen in Folge schlug. Ein solcher Negativlauf war Hamilton zuletzt Ende 2017 passiert - damals hatte er seinen vierten Titel aber schon in der Tasche.
»An einem gewissen Punkt werden sie ihre Probleme beheben, und er wird wieder ein Faktor werden, kein Zweifel«, sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner über Hamilton. Der Mercedes-Star wird aber Geduld brauchen, und diese will er auch mit 37 Jahren aufbringen. Mit Blick auf seinen McLaren aus dem Jahr 2009, der ebenfalls nach einer Regelnovelle zunächst abgehängt war, sagte er: »Wir haben es damals hinbekommen und uns zurückgekämpft. Und ich glaube fest daran, dass mein Team das auch schaffen kann.« In diesem Jahr die Lücke deutlich verkleinern, in Hamiltons letztem Vertragsjahr 2023 wieder ganz vorne angreifen, so könnte der Plan aussehen.
Eine viel diskutierte Frage in der Formel 1 ist die, ob auch Vettel in der kommenden Saison noch in der Startaufstellung steht. Der Kontrakt des Heppenheimers bei Aston Martin läuft aus. Am Rande des Imola-Rennens machte Vettel seine Bedingungen für eine etwaige Verlängerung deutlich: Die Aussicht auf Siege, zumindest aber Podien seien sein Antrieb. Sein Teamchef Mike Krack beteuerte, es sei »töricht«, einen Fahrer wie Vettel nicht halten zu wollen. Doch selbst von Rang acht ist der Weg nach ganz vorne beschwerlich.