Frauen wollen raus aus Nische
(sid). Endlich mehr Zuschauer, endlich große Stadien, endlich raus aus der Nische? Der EM-Boom soll die am Freitag startende Frauen-Bundesliga aus dem Dornröschenschlaf wecken. TV-Rekordquoten beim Sommermärchen in England und ungeahnte Aufmerksamkeit befeuern die Hoffnungen der EM-Heldinnen - doch Skepsis bleibt.
DFB-Kapitänin Alexandra Popp vom Double-Gewinner VfL Wolfsburg appelliert daher an die frisch eroberten Fanherzen: »Ich hoffe, dass jetzt viel mehr Zuschauer kommen, gerade die Leute, die wir neu begeistert haben. Und ganz ehrlich: Wenn nicht jetzt, wann dann?« Los geht die 33. Spielzeit am Freitag mit einer Rekordkulisse beim Eröffnungsspiel im Frankfurter Waldstadion. Die alte Liga-Bestmarke von 12 464 Fans wird geknackt, wenn dort die Eintracht Vizemeister Bayern München (19.15 Uhr/Eurosport und MagentaSport) empfängt. Auch beim VfL Wolfsburg, bei dem insgesamt zehn Vizeeuropameisterinnen zu bestaunen sind, schwappt die EM-Euphorie in den Alltag. 3000 Fans werden beim Auftakt gegen die SGS Essen am Samstag erwartet (Schnitt 21/22: 1219).
Doch damit die ganz großen Schritte hin zu nachhaltiger Strahlkraft gelingen, braucht es finanzielle Schubkraft - für bessere Infrastruktur, die nötige Professionalisierung und internationale Wettbewerbsfähigkeit. Ein Manko bleibt die mediale »Ausstrahlung und Zugänglichkeit«, beklagte die bei der EM als beste junge Spielerin ausgezeichnete Lena Oberdorf (20/Wolfsburg) im Vergleich mit der englischen Women’s Super League: »Ich würde mir wünschen, dass die deutsche Liga dadurch mehr Sichtbarkeit erlangt, dass man sie für alle zugänglich machen kann.« In dieser Spielzeit laufen alle 132 Partien bei MagentaSport hinter der Bezahlschranke, Eurosport zeigt eine Begegnung pro Spieltag im Free-TV. Die ARD besitzt auch Live-Rechte. Sportlich wird die nächste Runde im Zweikampf um die Meisterschale zwischen den »Wölfinnen« und dem FC Bayern erwartet. Spannung birgt der Kampf um den dritten Champions-League-Platz. Hier sind Frankfurt, Dritter der Vorsaison, und Hoffenheim favorisiert.
Auch Eintracht-Coach Niko Arnautis hat die Erwartungen intern höher geschraubt. Aus der EM-Euphorie müsse man im Alltag »Kapital schlagen, wir müssen gemeinsam an den Strukturen arbeiten«, meinte der 42-Jährige, nannte für den eigenen Verein optimierte Trainingsbedingungen als Ziel und »irgendwann ein kleines Leistungszentrum«.