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Emporgestiegen aus dem Nichts

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Sie sind die Topkräfte des SSC Neapel: Stürmer Victor Osimhen (r.) und sein Zuarbeiter Khvicha Kvaratskhelia. © DPA Deutsche Presseagentur

Victor Osimhen (24), diese furchteinflößende Gestalt von einem Fußballer, 1,86 Meter groß, gefühlt genauso breit, schwarze Maske infolge derer 20 Gesichtsbrüchen, ist ein netter Kerl. Sagen sie in Wolfsburg, in Charleroi, in Lille, in Neapel, für die er jetzt spielt, und damit auch an diesem Dienstag (21 Uhr/Amazon Prime) gegen Eintracht Frankfurt.

Der äußerlich Auffällige, der seine Haare gerne erblonden lässt, der Tore exaltiert bejubelt, sei auf dem Platz ein ganz anderer Typ als abseits, heißt es. Im Privaten sei er ruhig, bodenständig. Einer, der weiß, wo er herkommt - nahezu aus dem Nichts.

So nämlich habe sich das damals angefühlt in Lagos, Nigeria, erinnert sich Osimhen. Die Slums der Millionenmetropole waren sein Zuhause. Seine Mutter verstarb, da war er ein kleiner Junge, sein Vater verlor seinen Job, die Familie den Boden unter den Füßen und in manchen Zeiten das Dach über dem Kopf. Der jugendliche Osimhen schaffte aber den Sprung in die »Ultimate Strikers Academy« von Lagos, durfte ran für die U17 des Landes, schoss sich bei der Junioren-WM 2015 zum Torschützenkönig und auf die Zettel europäischer Scouts. Er entschied sich für Wolfsburg, wollte nicht zu groß starten. Doch: Verletzungen, Malaria-Infektion, ein Klub in der Krise - der Aufstieg war gestoppt.

Rund wird Osimhens (Leidens-)Geschichte dadurch, dass er heute, fünf Jahre später, einer der gefragtesten Torjäger der Welt ist. Eine Erscheinung im neapolitanischen Sturm, der den Maradona-Klub nach 33 titellosen Jahren mit seinen Toren (bisher 18 in der Liga, eins in der Champions League) zu eben jenen führen will. Der Scudetto ist der Mannschaft von Trainer Luciano Spalletti kaum zu nehmen - und auch in Europa hängen die Träume hoch.

Die SSC verfügt über ein herausragendes Kollektiv: Da wären Kapitän Giovanni Di Lorenzo als Rechtsverteidiger, der Abräumer auf der Sechs, Stanislav Lobotka, oder der Raumdeuter im Mittelfeld, Piotr Zielinski - gute Fußballer, keine Weltstars. Den Status als Topkraft verdienen sich zwei andere: Osimhen und dessen Zuarbeiter Khvicha Kvaratskhelia. Der Georgier, 22, ist die große Attraktion der Serie A. Vor vier Jahren wechselte er nach Russland. Erst Moskau und Kasan, dann kam der Krieg und der Wechsel zurück nach Georgien, wo er in der Restsaison 2022 in elf Spielen acht Tore erzielte. Längst hatte sich Neapel darob die Dienste des Linksaußen gesichert, ihn für zehn Millionen verpflichtet. Seine Bilanz: wettbewerbsübergreifende zwölf Tore und 14 Torvorlagen. Die Nummer 77 ist der perfekte Gegenpart zu Osimhen, verspielter und wuseliger, kleiner und schmaler. Und doch genauso furchteinflößend für die Gegner. DANIEL SCHMITT

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