Eintracht in einer XL-Krise

Bei Eintracht Frankfurt läuft alles aus dem Ruder. Nach dem 1:1 gegen Augsburg rückt Trainer Glasner in den Mittelpunkt der Kritik. Er sitzt aber im Pokal-Halbfinale in Stuttgart am Mittwoch auf der Bank.
Selten hat man Oliver Glasner so saft- und kraftlos gesehen wie nach diesem saft- und kraftlosen 1:1-Unentschieden der Frankfurter Eintracht gegen den FC Augsburg, dem vierten 1:1 in Serie zu Hause gegen Mannschaften aus dem Keller der Fußball-Bundesliga oder dem Niemandsland. Das hinterlässt Spuren. »Ich muss nicht um den heißen Brei herumreden«, sagte ein konsternierter Trainer Glasner am Samstag also: »Momentan arbeiten wir Fußball mehr, als wir ihn spielen. Das Selbstvertrauen ist nicht da. Es sind ein paar Barrieren im Weg.« Und sie werden immer größer.
Glasner saß da auf dem Podium, der Blick ging ins Leere, die Worte dürr, die Erklärungen an der Oberfläche. Da war so gar nichts Kämpferisches, Leidenschaftliches in dem Mann, dem Eintracht Frankfurt so viel zu verdanken hat. Und umgekehrt auch. Da saß ein Trainer, der irgendwie fertig hat. Am Samstag ist er gefragt worden, was ihn zuversichtlich stimme, dass die Mannschaft im so ungeheuer wichtigen Spiel am Mittwoch im DFB-Pokal-Halbfinale beim VfB Stuttgart den Hebel umlegen könne. »Heute noch nicht viel«, antwortete Glasner schonungslos ehrlich. »Wir haben viele Fragezeichen. Es liegen viele Steine in unserem Weg, die uns stolpern lassen. Wir werden es in Stuttgart probieren, ins Finale von Berlin einzuziehen.«
Zwei Tage später, bei dem am Tag der Arbeit angesetzten Pressegespräch vor dem in diesem Halbjahr wichtigstes Spiel, dem Halbfinale beim erstarkten VfB Stuttgart, konnte man wieder einen anderen Glasner erleben. Einen, der reflektierte, der Lösungen suchte, der sich erneut vor seine Spieler stellte. Seinen kraftlosen Auftritt nach dem Augsburg-Rückschlag erklärte er damit, dass es ihm »nahe gegangen« sei, das Spiel »nicht durchgebracht zu haben«. Auch ihm müsse zugestanden werden, »eine Nacht down zu sein«. Zum Glück sei seine Familie dagewesen, die ihn aufgemuntert habe.
Klare Forderung von Trapp
Trotz Glasners entschlossenem Auftritt am Montag gilt festzuhalten: Eintracht Frankfurt gibt in diesen Tagen ein jämmerliches Bild ab. Keine Geschlossenheit, keine Stärke, keine Einheit - auf gar keiner Ebene. Mittendrin Glasner, der ratlos wirkt, der sich angreifbar gemacht hat mit seinem Schlingerkurs und dem sturen Festhalten an allem Alten. Der 48-Jährige ist ins Zentrum der Kritik gerückt. Es wird eng für den Erfolgscoach, der die Eintracht vor einem Jahr noch zum Europa-League-Triumph geführt hat. Und ehrlicherweise ist es genau das, was ihn jetzt noch im Amt hält - trotz neun (!) Spielen ohne Sieg in der Bundesliga, trotz des Absturzes in der Liga, trotz des Verspielens des Saisonziels, das da noch im Winter lautete: Platz vier verteidigen. Das klingt heute und nach den letzten zweieinhalb Monaten wie ein schlechter Witz. Bei der Eintracht ist alles aus dem Ruder gelaufen. Sie steckt in einer Krise XL.
Am Samstag ist Glasner gefragt worden, ob er glaube, noch sicher im Sattel zu sitzen. Das Thema moderierte er locker ab, sprach dabei interessanterweise in der dritten Person von sich: »Da bin ich entspannt. Wenn jemand der Meinung ist, es kann jemand besser als Oliver Glasner, wird man es mir sagen, und dann packe ich meine Sachen und dann wird es der Nächste versuchen«, sagte er, fügte aber an: »Nachher hat es noch nie jemand besser gemacht als ich, deshalb bin ich relativ zuversichtlich.«
Torwart Kevin Trapp, die Führungskraft im Kasten, deutete derweil an, dass es sehr wohl ein nicht unerheblicher Faktor sei, wenn sich Spieler und auch der Trainer mit ihrer persönlichen Zukunft beschäftigen würden. »Wir müssen dafür sorgen, dass wir die Köpfe in den nächsten vier Wochen hier beim Verein haben«, forderte er vielsagend. »Im Fußball ist es am Ende immer so: Die einen kommen, die anderen gehen. So ist es in diesem Geschäft, damit müssen wir uns abfinden.« Er gehe davon aus, dass Glasner auch in der neuen Saison in Frankfurt ist. Aber: »Es ist wie bei den Spielern. Jeder muss wissen, was er vorhat.«
