Einstiger Liebling nun eine Reizfigur
(sid). Pernille Harder machte aus ihrer ganz persönlichen Enttäuschung kein Hehl. »Ich hätte das nicht gemacht«, sagte die frühere Wolfsburgerin über die Botschafterrolle ihrer dänischen Mitspielerin Nadia Nadim für die Fußball-WM in Katar. Mit ihrer Kritik traf die Kapitänin einen Nerv: Das Engagement von Starstürmerin Nadim für den umstrittenen Wüstenstaat ist beim deutschen EM-Auftaktgegner Gesprächsthema Nummer eins.
Ausgerechnet Nadim, die als Kind vor den Mördern ihres Vaters aus Afghanistan geflüchtet war und zum Vorbild für gelebte Integration wurde. Die Ärztin und »Dänin des Jahres«, engagierte Kämpferin für Minderheiten, hat nicht nur Verbandsdirektor Peter Möller »super verärgert und enttäuscht«. Ihre Botschafterrolle gehe »gegen alles, wofür wir stehen«, schimpfte er.
Eklat bei Presserunde
Dass Nationaltrainer Lars Söndergaard dennoch nicht auf die 34-Jährige verzichten wollte, schlug hohe Wellen. Aus dem einstigen Liebling Nadim ist vor dem Duell mit der DFB-Elf heute (21 Uhr/ZDF und DAZN) eine Reizfigur geworden. Bei einer Presserunde kam es zum Eklat. »Wenn ihr mich mobben wollt, rede ich nicht mit euch«, polterte sie und warf den Medienvertretern »Lügen« vor. Kleinlaut musste sie aber gestehen, selbst die Unwahrheit gesagt zu haben: Ja, es stimme, sie bekomme Geld für ihre Botschafterrolle. Einmal im Verteidigungsmodus, erklärte Nadim, sie wolle dafür kämpfen, dass sich Harder und deren Freundin irgendwann auch in Katar auf der Straße küssen dürften.
Die dänische Flüchtlingshilfe und UNESCO Dänemark haben ihre Zusammenarbeit mit Nadim jedoch beendet. Coach Söndergaard machte für ihre Nominierung zur Bedingung, dass sie sich zu Katar äußert. Die WM, sagte sie, könne »einen Riesenunterschied machen« - auch in Sachen Menschenrechte. Bei der EM ist Nadim nach ihrem Kreuzbandriss zunächst als Joker eingeplant.
Sie verhalte sich »extrem demütig«, lobte Söndergaard die 100-malige Nationalspielerin (34 Tore). Und Harder? »Im Laufe der Jahre«, sagte sie versöhnlich, »waren wir schon in vielen anderen Dingen uneinig.« 2017 hat es trotzdem zum Finale gereicht - inklusive Viertelfinal-Sieg über Deutschland, mit Torschützin Nadim.