Djokovic und Navratilova sind empört

(sid). Novak Djokovic überlegte keine Sekunde. »Ich halte das für verrückt«, sagte Serbiens Tennis-Superstar zur umstrittenen Entscheidung aus Wimbledon, sämtliche russische und belarussische Profis als Folge des Krieges in der Ukraine zu unerwünschten Personen zu erklären. Dass Djokovic dies in seiner serbischen Heimat kundtat, verlieh den Worten des Weltranglistenersten besonderen Nachdruck.
»Ich werde immer gegen Krieg sein, ich selbst bin ein Kind des Krieges. Ich weiß, welches emotionale Trauma das auslösen kann, weiß, was hier 1999 geschehen ist«, sagte der 34-Jährige nach seinem Auftaktsieg beim Turnier in Belgrad: »Unter dem Krieg, und wir hatten viele Kriege hier auf dem Balkan, leiden immer die einfachen Menschen. Und von daher kann ich die Entscheidung nicht unterstützen.«
Die Macher des wichtigsten Tennisturniers der Welt hatten am Mittwoch verkündet, dass keine Spieler und Spielerinnen aus den geächteten Ländern ab dem 27. Juni an der Church Road antreten dürfen. Diese Maßnahme des einzigen von einer Privatorganisation veranstalteten Grand-Slam-Turniers (für die anderen drei sind die nationalen Verbände verantwortlich) geht deutlich über den Kurs der Spielergewerkschaften ATP und WTA hinaus - bei deren Turnieren sind betreffende Profis unter neutraler Flagge zugelassen.
Die Gewerkschaften kritisierten die Maßnahme deutlich: Natürlich sei das Kriegsgebaren der Russen »aufs Schärfste« zu verurteilen. Gleichwohl sei ein pauschaler Ausschluss von Sportlern aus einem Land »diskriminierend« (ATP) und »zutiefst enttäuschend« (WTA).
Das sieht auch Djokovic so, gleichwohl er von der Entscheidung aus London profitieren würde: Der Russe Daniil Medwedew, der große Rivale im Kampf um Weltranglistenplatz eins, wäre vom Bann betroffen. Dies allerdings würde den streitbaren, gleichwohl mit Fairness-Sinn ausgestatteten »Djoker« kaum freuen. Dieser Krieg sei schließlich »nicht der Fehler der Spieler«.
Die Frage hat das Potenzial, nach der politischen auch die sportliche Welt zu spalten: Sollen einzelne Sportler, auch selbst wenn sie sich zumindest neutral gegenüber ihrem Heimatland verhalten, für dessen Gebaren mithaftbar gemacht werden? »Das ist nicht der richtige Weg. Tennis ist ein solch demokratischer Sport. Es ist hart zu sehen, wie die Politik dies zerstört«, sagte die siebenmalige Wimbledonsiegerin Martina Navratilova im Interview beim Londoner Radiosender LBC, an dessen Ende die 65-Jährige in Tränen ausbrach. »So sehr ich auch mit den Ukrainern fühle - das geht weiter, als es sollte«, sagte die gebürtige Tschechien, die als junge Frau in den USA Asyl fand.