Die schönsten Momente

(sid). Gestern sind rund 100 deutschen Olympia-Starter nach ihrer Rückkehr aus Japan in Frankfurt empfangen worden. Die deutschen Sportler haben bei den Spielen in Tokio für einige Höhepunkte gesorgt. Aber es gab auch Skandale und Enttäuschungen. Zum Beispiel der Fall Moster - der unwürdige Tiefpunkt der Spiele aus deutscher Sicht. Und dabei geht es nicht nur um den unsäglichen »Kameltreiber«-Ausspruch von Patrick Moster.
Dass es einen Tag dauerte, bis der Deutsche Olympische Sportbund den Sportdirektor der deutschen Radfahrer abzog, war mindestens genauso eklatant. Und dann gab es die gefallenen und enttäuschten Gold-Kandidaten Oliver Zeidler im Ruder-Einer und Speerwerfer Johannes Vetter, die ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht wurden. Medaillen sind nicht alles - aber auch nicht unwichtig für die Bilanz. Und demnach ist Deutschland nur noch »Best of the Rest«. Die Zahl der Goldmedaillen schrumpfte zwischen Rio (17) und Tokio (10) deutlich. Die USA und China sind unerreichbar - doch auch zu Japanern, Australiern und Briten klafft eine Lücke. Aber lieber erinnern wir uns an diese schönen Olympia-Momente:
Goldene Reiter: Die Dressur-Königinnen zeigten eine Machtdemonstration allererster Güte, und die ewige Pechmarie Julia Krajewski ritt in der Vielseitigkeit endlich ins Glück. Dreimal Gold und einmal Silber sammelten die deutschen Reiter - und das trotz der diesmal enttäuschenden Spring-Equipe.
Slalom-Viererpack: Die Slalom-Kanuten haben nichts ausgelassen, vier deutsche Medaillen in vier Wettkämpfen lautete die makellose Bilanz. Ricarda Funks Tränen um ihren in Rio tödlich verunglückten Trainer Stefan Henze und ihre vom Hochwasser gebeutelte Heimatregion im Ahrtal ließen nach ihrem Gold wohl niemanden kalt.
Großes Tennis: Tränen vergoss Alexander Zverev schon vor dem goldenen Triumph. Mit einem Wahnsinns-Comeback zerstörte er im Halbfinale den Traum vom Golden Slam des scheinbar unbezwingbaren Novak Djokovic. Und holte sich zwei Tage später im Finale die Goldmedaille. Olympiasieger im Männer-Einzel, das hat kein Deutscher vor ihm geschafft.
Großes Tischtennis: An der ganz großen Sensation schrammte Dimitrij Ovtcharov haarscharf vorbei, und dennoch: Was für eine Leistung. Im Halbfinale brachte er den chinesischen Giganten Ma Long an den Rand des Abgrunds, zum Trost gab es sein zweites Einzel-Bronze nach 2012. Und auch im Team war Ovtcharov der Garant für den am Ende versilberten Finaleinzug. Mit seiner sechsten Olympia-Medaille schrieb er Geschichte, kein anderer Spieler hat dies erreicht.
Ende der Durststrecke: Lange 33 Jahre mussten die deutschen Schwimmer auf den nächsten Olympiasieger seit Michael Groß warten - dann schrieb Florian Wellbrock in der Bucht von Tokio sein »persönliches Sommermärchen«. Als erster Deutscher überhaupt gewann er Gold im Freiwasser. Zuvor hatten Wellbrock und seine Verlobte Sarah Köhler mit jeweils Bronze schon die ersten Beckenmedaillen nach Nullnummern in London und Rio gewonnen.
Drechslers Erbin: Malaika Mihambo glaubte immer an diese »allerletzte Chance« - und mit diesem letzten Sprung landete sie dann auch im puren Glück. Erst im sechsten Versuch setzte sich die Weltmeisterin aufs oberste Treppchen und kürte sich zur ersten deutschen Weitsprung-Olympiasiegerin seit Heike Drechsler 2000 in Sydney.
Rekordshow: Mehr Dominanz geht nicht: Drei Weltrekorde stellten die Frauen des Bahnrad-Vierers binnen 25 Stunden auf und rauschten zu Gold in der Mannschaftsverfolgung. Lisa Brennauer, Franziska Brauße, Lisa Klein und Mieke Kröger sorgten damit für den ersten Olympiasieg eines deutschen Frauen-Teams in der Königsdisziplin des Bahnrad-Sports überhaupt.
Boots-Papa Rauhe: Erst der Sieg als »Boots-Papa« des Kajak-Vierers, dann die Ehre als Fahnenträger bei der Schlussfeier - Ronald Rauhe eilte von einem Höhepunkt zum nächsten. In Tokio erlebte Rauhe seine sechsten Olympischen Spiele, seine 16 WM-Titel sind ebenso Rekord wie seine mehr als 60 Goldmedaillen bei deutschen Meisterschaften. Nach der Schlussfeier eilte Rauhe nach Hause und verzichtete auf den Olympia-Empfang gestern in Frankfurt. Am Dienstag fährt er nämlich Sohn Til zur Schule: »Das ist so abgesprochen. Ich halte mein Versprechen.«