»Der Zug hat keine Bremsen«

Biathletin Denise Herrmann-Wick krönt sich zur ersten deutschen Sprint-Weltmeisterin seit elf Jahren - und das ausgerechnet bei der Heim-WM in Oberhof. Wenn es nach der »Mami im Team« geht, sollen noch weitere emotionale Höhepunkte an diesem Wochenende folgen.
Die euphorische Sprint-Weltmeisterin Denise Herrmann-Wick reihte sich in die Party-Polonaise ein und hüpfte zum Ballermann-Hit »Der Zug hat keine Bremse« durch den Oberhofer Hexenkessel. Bei ohrenbetäubendem Lärm wurde das deutsche Biathlon-Team nach dem neuerlichen Gold-Coup der überragenden Sächsin beim WM-Heimspiel am Freitag ausgelassen gefeiert.
Im Tollhaus am Rennsteig hatte Herrmann-Wick nach einer perfekten Vorstellung schon im zweiten Rennen die ersehnte erste Medaille für die DSV-Skijäger eingefahren. Sie krönte sich über 7,5 Kilometer zur ersten deutschen Weltmeisterin in dieser Disziplin seit Magdalena Neuner 2012.
»Ich bin total sprachlos. Es ist speziell und einmalig, hier zu gewinnen«, sagte die ehemalige Langläuferin: »Es ist unfassbar, wie die Zuschauer einen hier pushen. Das macht etwas mit einem Athleten.«
Angepeitscht von 11 000 Fans gelang ihr etwas, was nur die ganz Großen schaffen. Nämlich wie bei ihrem Olympiasieg im Einzel in Peking vor fast genau einem Jahr auf den Tag genau die Allerbeste zu sein - und das auch noch mit dem gigantischen Druck vor den eigenen Fans.
»Das wagt man sich kaum zu träumen, dass so etwas hier passieren kann. Dass ich das heute erleben darf, ist umso schöner, mit Familie und Freunden am Streckenrand«, sagte Herrmann-Wick: »Das ist unglaublich.«
Ihre Medaille bekommt sie allerdings nicht sofort, sondern erst am Samstagabend im Oberhofer Kurpark. »Das wird ein emotionaler Moment werden«, sagte Herrmann-Wick, die zunächst noch keine große Party starten wird. »Feiern kann man jetzt noch nicht so, da muss man sich noch bis zum Ende der Saison gedulden. Aber man wird auf jeden Fall anstoßen«, sagte die Älteste im deutschen Team.
»Vielleicht gibt es auch noch »den einen oder anderen Süßkram«, fügte sie an.
Alle hatten vor dem Start auf Herrmann-Wick geschaut. Von ihr wurde nicht weniger als eine Medaille erwartet. Sie hielt den Erwartungen mit einem fehlerfreien Schießen und der Laufbestzeit in imponierender Manier stand.
»Die Euphorie war extrem groß. Heute war ich wirklich total aufgeregt, ich bin schon beim Einlaufen mit dem Puls nicht mehr runtergekommen.« Am Sonntag (13.25 Uhr/ZDF und Eurosport) ist sie nun eine der Topfavoritinnen in der Verfolgung und greift schon nach ihrer zweiten Medaille am Grenzadler. »Da bin ich die Gejagte«, sagte Herrmann-Wick, hat davor aber keine Angst.
Die Wahl-Ruhpoldingerin sicherte sich auch dank einer fulminanten Schlussrunde ihren zweiten WM-Titel nach 2019. Am Ende hatte sie 2,2 Sekunden Vorsprung vor der Schwedin Hanna Öberg.
Sophia Schneider schaffte es bei ihrem WM-Debüt als starke Siebte auch in die Top Ten. »Sie ist die Mami bei uns im Team - und wenn die Mami Gold holt, sind wir alle happy«, sagte Schneider, die sich einen positiven Effekt erhofft: »Generell nimmt uns das den Druck, wenn wir schon mal eine Medaille haben.« DPA/SID
