Corona-Schock im DFB-Quartier

Nach dem positiven Corona-Test bei Niklas Süle geht die Impfdebatte im Profifußball weiter. Neben Süle müssen auch Joshua Kimmich, Serge Gnabry, Jamal Musiala und Karim Adeyemi in Quarantäne und fallen für die letzten Länderspiele des Jahres aus.
Oliver Bierhoff wurde bei der Vorstellung seines Notfallplans von der Sonne geblendet, doch da hatten sich längst dunkle Wolken über das DFB-Team gelegt. Der Corona-Fall Niklas Süle und die angeordnete Quarantäne für ein weiteres Quartett um Skeptiker Joshua Kimmich haben die Impfdebatte rund um die deutsche Fußball-Nationalmannschaft massiv angeheizt. Der feierliche Abschied von Ex-Bundestrainer Joachim Löw vor dem WM-Qualifikationsspiel am Donnerstag (20.45 Uhr/live RTL) in Wolfsburg gegen Liechtenstein rückte in den Hintergrund.
An dem Fall habe man »schwer zu knabbern«, gab DFB-Direktor Bierhoff mit ernster Miene im VW-Markenpavillon in der Autostadt zu: »Wir wussten, was auf uns zukommen kann. Das müssen wir akzeptieren. Wir gehen verantwortungsvoll damit um.« Neben dem vollständig geimpften Süle und Kimmich hatten da auch schon Serge Gnabry, Jamal Musiala und Karim Adeyemi auf Anordnung des Gesundheitsamtes als Kontaktperson der Kategorie 1 das noble DFB-Quartier am Mittellandkanal verlassen. Ob auch dieses Trio wie Kimmich ungeimpft ist, wollte Teamarzt Tim Meyer mit Hinweis auf die »Schweigepflicht« weder bestätigen noch dementieren. »Die Impfung«, betonte Meyer, sei aber für die Isolation »ein Kriterium, genau wie die Intensität und Dauer der Kontakte«. Das Robert-Koch-Institut weist aber darauf hin, dass »symptomfreie vollständig geimpfte Personen« von einer Quarantäne grundsätzlich ausgenommen sind. Auch in der aktuellen Münchner Verordnung heißt es: »Die Quarantänepflicht gilt in der Regel nicht für Kontaktpersonen, deren Immunsystem nicht durch Medikamente oder Vorerkrankungen beeinträchtigt ist und die vollständig gegen Covid-19 geimpft sind.« Zuständig für die Bewertung der Quarantänemaßnahmen für die Bayern-Profis ist laut Meyer das Gesundheitsamt München Land. Dieses habe »den Taktstock in der Hand«.
Die anderen vier Spieler, die am Montag mit Süle im Flugzeug von München nach Wolfsburg gesessen hatten, erhalten laut Bierhoff eine »besondere Betreuung«. Sie werden unter anderem bei den Mahlzeiten separiert, in Quarantäne müssen sie aber nicht.
Nach dem positiven Test beim symptomfreien Süle griffen beim DFB-Team mehrere Notfallpläne. Bundestrainer Hansi Flick setzte das Vormittagstraining auf dem Gelände des VfL Wolfsburg ab und bat seine verbliebenen Spieler nur zu einer individuellen Einheit im Hotel. Ihr erstes Training auf dem Platz absolvierten Flick und sein Team dann am Nachmittag.
Das Personal war dabei gehörig durcheinandergewirbelt worden. Neben den abgereisten Spielern fallen auch Florian Wirtz und Nico Schlotterbeck wegen Muskelproblemen aus. Flick nominierte für das Spiel gegen Liechtenstein und den Jahresabschluss drei Tage später in Armenien die Wolfsburger Maximilian Arnold und Ridle Baku sowie Kevin Volland (AS Monaco) nach.
»Wir haben immer noch einen starken Kader mit Top-Spielern«, sagte Bierhoff. Den Fokus wolle man nun »auf beide Spiele« richten und den Corona-Wirbel »hinter uns lassen«. Doch selbst Spaßvogel Thomas Müller war das Lachen vergangen. »Ich habe noch keinen Spruch von ihm gehört«, berichtete Bierhoff.
Kimmich hatte mit seinem »Geständnis« im Oktober eine emotionale Debatte ausgelöst. Kimmich hatte erklärt, dass er sich aus Sorge vor Langzeitfolgen noch nicht habe impfen lassen. Flick und Bierhoff stärkten ihm den Rücken. Flick betonte aber, dass »es optimal und wünschenswert ist, wenn jeder Spieler bei uns geimpft wäre«. Bierhoff verwies am Dienstag noch einmal auf den »gesetzlichen Rahmen, in dem wir uns bewegen«.
Die große Abschiedsparty vor dem Abspielen der Nationalhymnen für Löw soll ungeachtet des Corona-Schocks wie geplant am Donnerstag stattfinden. »Es ist schon wichtig, dass wir ihm auch diesen Rahmen geben«, sagte Bierhoff. Das Stadion sei mit 26 000 Zuschauern ausverkauft.
