Comeback des Antihelden

Die Frankfurter Eishockey-Löwen schaffen als Tabellen-Zehnter den Sprung in die Pre-Playoffs. Der Aufsteiger toppt damit nicht nur die eigenen Erwartungen. Doch der Entwicklung sind Grenzen gesetzt.
(dpa). Seine Gigantenfahrt in Bahrain versetzte den dauergrinsenden Fernando Alonso in eine Formel-1-Zeitmaschine. Letztmals nach einem Grand Prix habe er sich 2013 in Barcelona so beflügelt gefühlt, erzählte der 41 Jahre alte Oldie im sensationell schnellen Aston Martin nach seinem dritten Platz beim Auftaktrennen in der Wüste. In einer längst vergangenen Ära kämpfte Alonso damals gegen den schließlich triumphierenden Sebastian Vettel sogar um die WM-Krone.
Königsklassen-Dominator Max Verstappen wünscht sich die kaum noch erwartete Auferstehung des Titel-Herausforderers aus Spanien. »Das hoffe ich für Fernando, weil er ein paar Jahre hinter sich hat, in denen er nicht wirklich die Möglichkeit hatte, an der Spitze zu kämpfen«, sagte der Auftaktsieger aus den Niederlanden. »Es ist schwer zu sagen, ob sie um die Meisterschaft kämpfen werden, aber Rennsiege sind definitiv drin.«
Im Jahr eins nach dem Rücktritt von Vettel raste auf einmal Nachfolger Alonso auf den erst zweiten Podestplatz des Werksteams seit der Rückkehr 2021. Auch dank der Aufbauarbeit Vettels setzte Alonso nun ein erstes Ausrufezeichen. Nach dem 99. Podium in seiner 20. Formel-1-Saison war Alonso ausgelassen wie ein Neueinsteiger. Aktuelle und ehemalige Rivalen huldigten ihm. »Er fährt, als ob er wieder 25 wäre, gigantisch«, sagte Nico Rosberg, Weltmeister von 2016, über den Champion von 2005 und 2006. Die Überholmanöver des Asturiers gegen Lewis Hamilton im Mercedes und Carlos Sainz im Ferrari waren Höhepunkte eines Auftaktlangweilers.
»Marca« in Spanien sprach vom »Tag des Comebacks« von Alonso, auch wenn der nach einer Auszeit auf Langstreckenrennen seit 2021 wieder fest in der Formel 1 fährt. Falsche Karriereentscheidungen und ein von verschiedenen Zeitzeugen belegter Ruf als schwieriger Charakter dürften ihn mehr Weltmeister-Titel und weitere Rennsiege als die seit zehn Jahren zementierten 32 gekostet haben. »In der Formel 1 muss es immer gute und schlechte Charaktere geben, Helden und Antihelden. Ich gehöre zur dunklen Seite«, sagte Alonso in der Netflix-Dokumentation »Drive to Survive« und grinste.
Während seines einjährigen Intermezzos 2007 bei McLaren hatte er das Traditionsteam an den Rand des Zusammenbruchs geführt. Er überwarf sich mit seinem Stall-Rivalen Hamilton und spielte dem Weltverband FIA in einer Spionage-Affäre Insider-Informationen zu. McLaren wurde wegen des Besitzes geheimer Ferrari-Daten zu 100 Millionen Dollar Strafe verdonnert, der Spitzel flüchtete zu Renault. Beim Nachfolge-Rennstall Alpine war Alonso die vergangenen beiden Jahre angestellt. Als sich die Vertragsunterschrift seinem Empfinden nach hinzog und sich die Chance bei Aston Martin bot, wechselte er kurzerhand das Team.
Aston Martin wird von Team-Mitbesitzer Lawrence Stroll rastlos angetrieben. Der Kanadier ist im Modegeschäft zum Milliardär geworden und will mit der englischen Traditionsmarke Weltmeister werden. Zu den jüngsten Investments des Vaters von Alonsos Teamkollege Lance Stroll zählt der Bau einer Rennfabrik in Silverstone für fast 230 Millionen Euro, das Abwerben von Top-Personal wie Spitzeningenieur Dan Fallows von Red Bull oder eben die Verpflichtung Alonsos. Acht Monate Entwicklungsarbeit haben den Aston Martin irre beschleunigt - auch wenn Red Bull eine Klasse für sich bleibt.
(sid). Es war der 13. März 2008, und der 18 Jahre alte Skirennläufer Andreas Sander durfte zum ersten Mal im Weltcup starten, beim Super-G in Bormio. Hannes Reichelt aus Österreich gewann damals, die Mitbewerber hießen Hermann Maier oder Bode Miller. Sander? Schied aus.
Doch dass der junge Mann, der das Skifahren auf der Teufelswiese im nordrhein-westfälischen Ennepetal-Rüggeberg erlernt hat, genug Talent besaß, um ein Großer zu werden, blieb unbestritten. Nachgewiesen hat es Sander, der längst im Allgäu daheim ist, selten. Es folgten weitere 178 Rennen im Weltcup, zweimal wurde er dabei Vierter. Vor zwei Jahren schien der Knoten geplatzt zu sein. Sander fuhr bei der WM zu Silber in der Abfahrt - doch es dauerte bis zum Sonntag, ehe die sozialen Netzwerke geflutet wurden mit Bildern wie diesem: Sander sitzt auf den Schultern der Teamkollegen, alle feiern den zweiten Platz beim Super-G in Aspen. Nur 0,05 Sekunden trennten den 33-Jährigen von Sieger Marco Odermatt (Schweiz). 15 Jahre und bis zu seinem 180. Rennen im Weltcup musste Sander warten, ehe dieses Bild entstand. FOTO: DPA
Eigentlich waren die Löwen Frankfurt bei ihrem Comeback in der Deutschen Eishockey-Liga dem eigenen Saison-Motto zufolge nur »gekommen, um zu bleiben«. Doch nach dem bereits Mitte Februar sichergestellten Klassenverbleib haben sich die Hessen am Ende einer tollen Hauptrunde mit Platz zehn für die Pre-Playoffs qualifiziert und fordern dort in der Serie nach dem Modus »Best of Three« die Düsseldorfer EG heraus.
In den vier bisherigen Saisonduellen mit dem nationalen Eishockey-Schwergewicht verbuchten die Frankfurter je zwei Siege und Niederlagen. Nach dem Auftaktspiel an diesem Dienstag (19.30 Uhr) im Düsseldorfer Dome könnte eine Entscheidung um den Viertelfinal-Einzug bereits am Freitag in der Eissporthalle am Ratsweg fallen, spätestens aber am Sonntag beim möglichen zweiten Auswärtsauftritt.
Mit dieser Zugabe hatte im Herbst zu Saisonbeginn kaum jemand gerechnet. Schließlich war die Sommerpause nach der Meisterfeier in der DEL2 kurz und die Umstellung auf die schnelleren Spiele in der Beletage groß. Dennoch gerieten die Löwen nie in Abstiegsgefahr. »Wir sind vielleicht nicht so talentiert wie andere, aber wir haben den Willen und sind bereit, hart zu arbeiten«, sagte Cheftrainer Gerry Fleming. Löwen-Sportdirektor Franz-David Fritzmeier zog daher eine positive Bilanz. »Wir haben immer das Nötigste gemacht, um im gesicherten Mittelfeld zu bleiben, und großen Spirit bewiesen«, lobte er. Mit »großem Zusammenhalt« und »voller Energie« habe man das Bestmögliche herausgeholt und den Fans »einige Highlights« wie zuletzt den 3:2-Derbysieg gegen den Erzrivalen Adler Mannheim beschert. Mit Ausnahme der Kölner Haie konnten die Löwen jedes Team mindestens einmal besiegen.
Vor Trennung von Fleming
Es ist allerdings kein Geheimnis, dass der 42 Jahre alte Strippenzieher nicht mit allem einverstanden war, was sein kanadischer Trainer machte. »Ich hätte mir manchmal erhofft, dass das Team besser eingestellt gewesen wäre«, monierte Fritzmeier. Ein weiterer Kritikpunkt: In Phasen, in denen es gut lief und deshalb wenig Druck da war, hätte er sich mehr Einsatzmöglichkeiten für die jüngeren Spieler gewünscht, um diese weiterzuentwickeln. Denn der Tölzer, dessen Vertrag im Dezember bis 2026 verlängert wurde, hat seit seinem Amtsantritt 2017 die langfristige Perspektive im Blick.
In dieser Saison sei der Plan aufgegangen. »Wir wollten einen erfahrenen Trainer und sind super reingekommen«, sagte Fritzmeier. Doch nach der Spielzeit sollen sich die Wege von Fleming und den Löwen schon wieder trennen, auch wenn der Sportdirektor das offiziell nicht bestätigt. Auch einige Spieler werden den Verein verlassen, darunter soll Aufstiegstorwart Jake Hildebrand sein, den es offenbar zu den Eisbären Berlin zieht. »Wir haben drei Abgänge, die zu Topclubs gehen«, berichtete Fritzmeier. »Wir schicken die Leute nicht weg, sondern sie haben sich für Besseres entschieden.« Andere wichtige Spieler haben einen Treueschwur geleistet, darunter Carter Rowney, Dominik Bokk, Publikumsliebling Brett Breitkreuz, Verteidiger Reid McNeill oder der deutlich gereifte Youngster Daniel Wirt. Neuzugänge sollen die Qualität steigern. Große Sprünge sind jedoch nicht möglich.
Das Budget konnte zwar schon für das DEL-Comeback leicht erhöht werden, weil die Geldgeber blieben, teilweise ihr Engagement erweiterten und neue dazukamen. Ein Hauptsponsor fehlt jedoch weiterhin, auf der Brust der Frankfurter prangt lediglich ein Löwenkopf. »Unser Ziel bleibt auch in Zukunft der Klassenerhalt«, betonte Fritzmeier. Höher angreifen könne man erst, »wenn es eine neue Halle gibt«. Die am Ratsweg stieß oft an ihre Grenzen, die jüngsten Partien waren mit 6990 Zuschauern allesamt ausverkauft. Auch am Freitag soll keiner der gelben Plastiksitze frei bleiben. Es könnte die vorerst letzte Gelegenheit für die Fans sein, mit ihrem Überraschungsteam zu feiern.

