»Arschbäckle zusammenkneifen«

(dpa/sid). Muss sie nun das deutsche Tennis retten? Bei der nicht ganz ernst gemeinten Frage lachte Laura Siegemund kurz auf. Es sei »schade«, dass alle anderen neun Starterinnen und Starter im Einzel bei den Australian Open in den ersten beiden Runden ausgeschieden seien, »aber gut, jetzt bin ich noch drin und versuche, das Beste für unser Land herauszuholen«, sagte Siegemund.
Für sich selbst hat die 34-Jährige beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres schon mehr als erhofft rausgeholt.
Durch den Einzug in die dritte Runde sicherte sich Siegemund, die zuletzt bei ihrem Debüt 2016 unter den besten 32 Spielerinnen in Melbourne gestanden hatte, 227 925 aus-tralische Dollar (rund 145 000 Euro) an Preisgeld. Eigentlich wollte sie im Einzel »nur Spaß haben und zeigen, was ich kann«. Jetzt winkt sogar das Achtelfinale.
Allerdings muss sie dafür am heutigen Samstag (nicht vor 9.00 Uhr MEZ/Eurosport) die an Nummer vier gesetzte Französin Caroline Garcia in der Kia Arena aus dem Weg räumen. »In einem großen Stadion abends ein großes Match zu spielen - dafür sind wir alle hier«, sagte Siegemund. Gegen Garcia wolle sie »aktiv« und »variabel« spielen und sich »nicht auf ihr Power-Tennis einlassen«.
Den Fokus kann sie komplett auf dieses Match legen. Denn am Freitag schied die Schwäbin im Doppel mit ihrer belgischen Partnerin Kirsten Flipkens in der ersten Runde gegen die Russinnen Anastasia Potapowa und Jana Sisikowa mit 6:7 (2:7), 4:6 aus. »Das muss ich jetzt abwischen«, sagte sie. Im Doppel gewann Siegemund 2020 die US Open, aus demselben Jahr steht das Viertelfinale bei den French Open als ihr bislang bestes Grand-Slam-Einzelergebnis zu Buche.
In Melbourne durfte die Weltranglisten-158. im Einzel-Hauptfeld nur starten, weil sie wegen einer früheren Knieverletzung noch vom sogenannten Protected Ranking - einer geschützten, früheren Ranglistenposition - profitiert. Eigentlich ist ihre Jahresplanung aufs Doppel ausgerichtet, aber die Australian Open hätten gezeigt: »Ich bin noch flott unterwegs und fit.«
Kämpferisch ist Siegemund ohnehin stark. Beim Zweitrundensieg gegen die an Nummer 27 gesetzte Irina-Camelia Begu verkraftete sie das zweite Spiel innerhalb von zwei Tagen besser als die Rumänin. »Da muss man ein bissle die Arschbäckle zusammenkneifen und gucken, dass man das Ding rockt«, sagte Siegemund mit schwäbischem Dialekt.
Boris Becker hofft, dass Siegemund dem deutschen Tennis auch als Einzelspielerin noch länger erhalten bleibt. »Ich glaube, sie sollte ihre Meinung noch mal ändern«, sagte der Eurosport-Experte. Der Erfolg in Melbourne sei schließlich »ein Karriereschub«.
Aus für Medwedew
Am Freitag ist in Melbourne der nächste Topspieler früh ausgeschieden. Nach Titelverteidiger Rafael Nadal (Spanien) und dem an Position zwei gesetzten Norweger Casper Ruud erwischte es am Freitag auch Daniil Medwedew, Finalist der vergangenen beiden Jahre. Der frühere Weltranglistenerste aus Russland unterlag in der dritten Runde dem US-Amerikaner Sebastian Korda 6:7 (7:9), 3:6, 6:7 (4:7).
Kordas Vater Petr hatte 1998 für Tschechien in Melbourne triumphiert. Der 22-Jährige selbst gewann das Juniorenturnier beim ersten Grand Slam des Jahres 2018 und gilt als großer Hoffnungsträger im US-Männertennis. 2021 holte er auf Sand in Parma seinen bislang einzigen Titel auf der ATP-Tour, bei den Australian Open ist Korda an Position 29 gesetzt und trifft nun auf Hubert Hurkacz (Polen/Nr. 10).