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Alte Ziele, neue Probleme

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Heute geht’s los: Der neue Bundestrainer Harold Kreis trifft mit dem deutschen Team zum WM-Auftakt in Finnland auf Schweden. © Imago Sportfotodienst GmbH

Harold Kreis startet heute mit dem Spiel gegen Schweden in seine erste WM als Eishockey- Bundestrainer - mit einem klaren Auftrag, aber einigen Schwierigkeiten

Kaum hatten die deutschen Eishockey-Nationalspieler ihre WM-Kabine in Tampere bezogen, plakatierten sie ihr altes Erfolgsrezept. »Stolz, Wille, Glaube, Leidenschaft, Einheit«: Das Motto, das Kapitän Moritz Müller und Co. zu Olympia-Silber und ins WM-Halbfinale trug, soll auch in Finnland den Weg weisen. Daran wollte der neue Bundestrainer nichts ändern. »Ich bin niemand, der jedes Mal einen neuen Spruch an die Wand knallt«, sagt Harold Kreis.

Der 64-Jährige will bei seiner ersten Weltmeisterschaft als Chefcoach die erfolgreiche Arbeit von Marco Sturm und Toni Söderholm fortsetzen - mit alten Zielen, aber neuen Problemen. Denn nach einer Absagenflut zahlreicher Stammspieler und Leistungsträger, die seine Vorgänger so nie erlebten, sind die Zweifel groß, ob das WM-Viertelfinale und das Direktticket für Olympia 2026 zu erreichen sind.

»Sehr gewöhnungsbedürftig« fand Kreis, dass vom WM-Team in seinem Kopf ein Großteil nicht in der Nokia-Arena auf dem Eis steht, wenn am Freitag (19.20 Uhr MESZ/Sport1) gegen Schweden der erste Puck fällt. »Man jongliert mit vielen Bällen«, meinte der langjährige Nationalspieler diplomatisch.

Immerhin bescherte ihm der überraschende Sinneswandel des NHL-Jungstars Moritz Seider annähernd Bestbesetzung in der Defensive. Der 22-Jährige, den Kapitän Müller nach der kurzfristigen Zusage mit einem Spiderman-Spruch (»aus großer Kraft folgt große Verantwortung«) sogar zum Superhelden machte, soll nicht nur auf dem Eis helfen. »Bewusst oder unbewusst hat er eine Vorbildfunktion«, betonte Kreis.

Die größten Probleme dürfte dem ehemaligen Verteidiger der Angriff bereiten. Nicht nur Olympiahelden wie Patrick Hager oder Matthias Plachta sagten ab, auch die Schweden-Legionäre Tom Kühnhackl und Tobias Rieder. Zudem fehlen die besten fünf (!) deutschen Torschützen der abgelaufenen DEL-Saison. Auf vier von ihnen verzichtete Kreis freiwillig. »Für uns war wichtig, dass wir die besten Spieler für die Rollen, die wir suchen, finden«, erklärte der Bundestrainer: »Es geht nicht nur ums Toreschießen.«

Doch gerade damit tat sich sein Team in der Vorbereitung schwer. Auch dabei könnte »Spiderman« Seider helfen, der bei den letzten beiden WM-Turnieren an insgesamt zwölf Treffern beteiligt war. Kreis hofft unter anderem auf NHL-Stürmer John-Jason Peterka: »Er bringt diese Abgeklärtheit, auch eine gewisse Frechheit mit. Mit hohem Tempo hat er überhaupt keinen technischen Abfall - im Passen, im Schießen.« Der extrem schwierige Start gegen Schweden, Gastgeber Finnland und die USA beunruhigt Kreis nicht. Auf mögliche null Punkte im Tabellenkeller vor dem vierten Spiel habe man sich in Gesprächen mit dem Sportpsychologen Tom Kossak vorbereitet, »wir kaufen keine Versicherung, wenn es schon brennt. Das wird unser Selbstvertrauen nicht erschüttern«.

Gegen Schweden in eine Weltmeisterschaft zu starten, kennt der neue Bundestrainer von seinem WM-Debüt als Spieler. 1979 gab es in Moskau ein 3:7. »Das wollen wir jetzt ändern«, betonte Kreis, der 44 Jahre danach nur noch wenige Parallelen sieht: Damals habe man vor allem gegen die Sowjetunion gehofft, »dass sie ein bisschen Gnade mit uns haben. Das ist nach dem ersten Drittel meistens gelungen, weil wir tolle Sachen zum Tauschen hatten«. Das habe sich komplett verändert: »Wir gehen in ein Spiel, um es zu gewinnen, nicht um das Ergebnis knapp zu halten.«

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