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25 Jahre »Flasche leer«

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Ein Stück Fußballgeschichte: Der damalige Bayern-Trainer Giovanni Trapattoni bei seiner legendären Wutrede im März 1998. ARCHIV © Imago Sportfotodienst GmbH

(sid). Giovanni Trapattoni hat sich auf den Tag der Abrechnung akribisch vorbereitet. Sieben, acht Zettel, so erinnert sich der damalige Pressesprecher des FC Bayern, Markus Hörwick, bringt der italienische Fußball-Coach am 10. März 1998 mit ins überfüllte Pressestüberl an der Säbener Straße. »Sind Sie bereit?«, raunt Trapattoni den Journalisten zu, dann nimmt die legendäre Wutrede ihren Lauf.

»Flasche leer«, »Was erlauben Strunz?« - im Stile eines brodelnden Vulkans zündet Trap ein dreieinhalbminütiges Sprüchefeuerwerk, das er mit den inzwischen geflügelten Worten »Ich habe fertig« beendet. Der Kern seiner Anklage: »Ein Trainer ist nicht ein Idiot!« Also: Nicht er sei schuld am 0:1 des Meisters auf Schalke zwei Tage zuvor und den acht Punkten Rückstand des Tabellenzweiten auf Aufsteiger 1. FC Kaiserslautern. Sondern: Die Spieler!

Namentlich: Thomas Strunz, »is immer verletzt!« Außerdem: Mehmet Scholl und Mario Basler, die Trapattoni nach der Pleite in Gelsenkirchen in Interviews attackiert hatten. Der Italiener war so sauer auf das Trio, dass er bereits am Abend der Niederlage im Hotel beim Gespräch mit den Bossen auf sie schimpfte. Im Kurzurlaub in Italien am trainingsfreien Montag reift in ihm die Idee zur Abrechnung. Was er dann in ein Dutzend Mikrofone brüllt, ist »keine spontane Sache«, wie Trapattoni in seiner 2016 erschienen Biografie (»Ich habe noch nicht fertig«) schreibt. »Weil ich wahrlich ein Riesentohuwabohu veranstalten wollte.«

Die Spieler waren »alle geschockt über das Ausmaß seines Zorns«, sagte Strunz einst der »SZ«. Er habe danach eine harte Zeit durchlebt, »ich war auf einmal das Synonym des verwöhnten Fußballers«. Über Leistung schaffte er später wieder den »Turnaround vom Clown der Nation zum Nationalspieler«.

Inzwischen, sagt Trapattoni (83), der nach fast 40 Trainerjahren mit über 20 Titeln seinen Ruhestand genießt und schon Urgroßvater ist, amüsiere er sich über den Ausbruch. Mit dem Satz von der leeren Flasche warb er für ein Sprudler-System, verdiente gut. Und »ich habe fertig«? Wurde in einen Band mit historischen Zitaten aufgenommen, schreibt er stolz. »Dort steht es nun neben Zitaten wie ›I have a dream‹ von Martin Luther King, um nur eines zu nennen. Nicht schlecht.«

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