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Vor dem Start der Tennis-Medenrunde 2022: Weshalb Rot-Weiß Gießen fast allein auf weiter Flur ist

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Von: Sven Nordmann

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PinaRustige_280422_4c © pv

Schon an diesem Wochenende starten heimische Mannschaften in die neue Tennis-Medenrunde. Ambitionierte Teams im Jugend- und Aktivenbereich werden dabei vorwiegen von RW Gießen gestellt.

Wenn die Tennis-Medenrunde 2022 für einige schon an diesem Wochenende beginnt, ist der heimische Fokus im ambitionierten Jugend- und Aktiventennis auf den TC Rot-Weiß Gießen gerichtet. Sechs Teams aus dem Kreis Gießen spielen im Junioren- bzw. Aktivenbereich in der Gruppenliga oder höher - fünf dieser sechs Mannschaften werden von Rot-Weiß gestellt.

Während die Breite an aktiven Vereinen im heimischen Altersklassen-Tennis noch gegeben ist, hapert es im jüngeren Segment. Einzig der TV Watzenborn spielt mit seinen Gruppenliga-Damen abseits von RW im höheren Bereich.

»Das stelle ich seit Jahren auch bei Turnieren oder Bezirksmeisterschaften fest: Die Kinder stammen hauptsächlich von RW Gießen«, sagt Steffen Nebeling, Mannschaftsführer der Herren 30 des TC Grünberg. Er durchlief von Kindesbeinen an die klassische Entwicklung vom ambitionierten Anfänger bis hin zum Altersklassenspieler.

»Wir haben Probleme, eine aktive Mannschaft zu stellen. Das liegt daran, dass es im ländlichen Raum versäumt wurde, auf die Jugend zu setzen. Wenn du leistungsorientiert spielen willst, wird es auf dem Land schwer.«

Stefan Sättler, Vorsitzender des Tenniskreises Gießen, unterstützt die Sichtweise: »Der Eindruck stimmt. Wir haben im Jugendbereich in den letzten Jahren Mannschaften verloren. Corona hat bei einigen auch für eine veränderte Einstellung gesorgt: Plötzlich reichen zweimal Training in der Woche. Damit spielst du aber nicht in der hessischen Spitze.«

Sättler berichtet von einer »Delle von Leistung und Menge« in den Jahrgängen 2006 bis 2010. »Jetzt haben wir aber auch wieder hoffnungsvolle Talente in den Jahrgängen 2013 bis 2016, auch mit einigen aus entlegeneren Regionen.«

Ein erweitertes Stützpunkttraining in Nidda ist in Planung, um beispielsweise Kinder aus Schotten, Hungen, Lich oder Langsdorf adäquat fördern zu können. »Es gibt im Kreis einige Ecken, an denen sich etwas tut. Und es kommen Kinder und Jugendliche nach. Wir müssen die Lücke zwischen 2006er und 2010er-Jahrgängen überbrücken.«

Der Tenniskreis plant zudem eine Turnierserie für U8, U9 und U10, um den Einstieg zu fördern - Sättler: »Um Ängste abzubauen, müssen die Kinder ins Spielen kommen.«

Auch in Grünberg versucht man dem Trend entgegenzuwirken: An diesem Samstag werden rund 30 Kinder auf der Anlage am Jakobsweg erwartet, die nach dem Prinzip der Heidelberger Ballschule koordinativ an die Bewegung herangeführt werden sollen.

»Wir versuchen, die Eltern mit ins Boot zu holen«, erklärt Nebeling. »Wenn sie sich engagieren, entsteht eine ganz andere Dynamik.«

Nebeling weiß, wovon er spricht: »Ich wurde von meinen Eltern immer gefahren.« Seit der Jugend spielt er mit Marc-René Müller, Philipp Hessler, Robin Wagner oder Andreas Lenz - »du knüpfst viele Kontakte. Wenn du als Team erfolgreich bist, verbindet das. Wir sind gute Freunde, das gilt auch für Spieler wie Steven Moneke oder Sebastian Dietz. Du verbringst deine Freizeit zusammen, gehst auf die Geburtstage. Es ist wichtig, dass wir das auch in der heutigen Jugend schaffen.«

Sättler und Nebeling sind sich einig darin, dass es im Verein dafür einen »Motor« braucht. So wie die Familie Rustige in Watzenborn. Vater Burkhard ist Vorsitzender, Mutter Barbara Südwestliga-Spielerin und mit Tochter Pina Jugendwartin. Sie und Schwester Victoria spielen in der Gruppenliga, geben Training beim TV, der rund 100 Kindern Tennis beibringt.

Pina Rustige weiß: »Dieser Familienzusammenhalt spielt eine super große Rolle. Wir waren von klein auf auf dem Tennisplatz.« Auch hier haben sich Freundinnen gefunden, die beweisen: Gelingt es, eine Clique zu kreieren, prägt diese oft eine ganze Ära im Verein.

Die Rustige-Schwestern, Leni Haller, Adriana Hermann, Jessica Langer, Carolina Ringstmeyer und Emilia Luh kennen sich größtenteils »seit dem Kindergarten bzw. der Grundschule. Ich lieb’s einfach, dass ich den Sonntag beim Spielen mit Freundinnen, die ich von klein auf kenne, verbringe.«

Dafür wird mindestens zwei- bis dreimal wöchentlich trainiert, »manche stehen auch an fünf bis sechs Tagen in der Woche auf dem Platz. Wenn du etwas investierst, wirst du auch erfolgreich.«

Vereinsunabhängig ist klar: Die Jugend von heute ist die Altersklasse von morgen. Noch sieht es dort aus heimischer Sicht gut aus: Vereine wie der TC Wettenberg, der TV Lollar oder der TC Krofdorf-Gleiberg sorgen für eine Basis, die erst in Zukunft zu bröckeln droht. Für Pina Rustige und ihre Freundinnen,alle 25 Jahre oder jünger, steht fest: »Wir möchten so lange wie möglich zusammen Tennis spielen.«

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Nirgendwo sonst im Kreis Gießen steigen auch 2022 so viele hochklassige Tennismatches wie auf der Anlage von RW Gießen an der Grünberger Straße. FRIEDRICH © Harald Friedrich

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