TC Rot-Weiß Gießen auf Wechselkurs: Carow und Ibrahim sind weg, Billek kehrt zurück

- Der TC RW Gießen steht 2022 vor seinem 100-jährigen Vereinsjubiläum - und großen personellen Veränderungen
- Die Trainer Michael Carow und Abraham Ibrahim gehen, David Billek kehrt mit seiner Tennisschule zurück
- Vorsitzender Fred Ostermeyer will sich zurückziehen, ein neuer Vereinschef wird gesucht
Gießens größter Tennisclub steht kurz vor seinem 100-jährigen Jubiläum vor personell wegweisenden Veränderungen - auch an der Vereinsspitze zeichnet sich ein Wechsel ab.
Kurz vor seinem 100-jährigen Bestehen erlebt Gießens größter Tennisverein einen Wechsel an der Führungsspitze - auf gleich mehreren Ebenen. David Billek kehrt mit seiner Tennis-Akademie zurück an die Grünberger Straße und übernimmt die Trainingskoordination bei Rot-Weiß - künftig von den kleinsten Tennisspielern an bis zur Akteurin im fortgeschrittenen Alter.
Dafür zieht sich der verdiente Michael Carow nach weit über einem Jahrzehnt komplett zurück. Zudem wird Fred Ostermeyer seinen Posten als Vorsitzender bei der nächsten Wahl räumen. »Die Suche nach einem Nachfolger hat begonnen«, sagt Ostermeyer. »Es muss jemand sein, der den Tennissport liebt« - Rot-Weiß auf Wechselkurs!
Ziel: Von aktuell 330 Mitglieder auf 400 zu kommen
Ostermeyer zählte seit knapp einem Jahrzehnt zum Vorstand und ist aktuell auch in die ersten Planungen für ein Festakt im Jahr 2022 eingebunden - »ein erstes Gründertreffen für den TC RW Gießen fand im Oktober 1922 in einem Café in der Plockstraße statt«, weiß Ostermeyer. Dem Vorsitzenden liegen vor der Übergabe in neue Hände im ersten Quartal 2022 mehrere Projekte auf dem Herzen - die Umsetzung aller freilich wird ihm in seiner Amtszeit nicht mehr gelingen.

»Unser Ziel muss es sein, auf 400 Mitglieder zu kommen«, sagt Ostermeyer - derzeit zählen rund 330 Spieler/innen zum TC Rot-Weiß. »Wir wollen die Nummer eins im Tennisbezirk Mittelhessen sein und ein Angebot für Fünf- bis 80-Jährige machen.« Dafür seien gut gepflegte Plätze, eine funktionierende Gaststätte, ein breites Angebot und die Ausweitung der Tennishalle von großer Bedeutung.
Geschätzte Kosten für zwei neue überdachte Tennisplätze: Mehr als eine Million Euro
Momentan verfügt der Verein auf seinem Areal (neben den zehn Außenplätzen auf Sand) über eine Tennishalle mit einem Platz - geht es nach Ostermeyer, sollen in absehbarer Zukunft zwei weitere überdachte Plätze hinzukommen. Die geschätzten Kosten übersteigen dabei eine Million Euro. »Dafür braucht es ein Team von Menschen - Investitionen in die Anlage, die bald 100 Jahre alt wird, sind notwendig.«
Gemeinhin wird eine zu große Abhängigkeit im Winter vom Alternate Sportpark in Linden beklagt: »Wir müssen Tennis als Verein auf Sicht ganzjährig anbieten können.«
Es ist Zeit, zurückzukehren. Mir ist wichtig, dass ich ungebunden bin.
Personell kann der TC Rot-Weiß Gießen mit einer für viele erfreulichen Nachricht aufwarten: David Billek kehrt als Vereinstrainer zurück. »Das ist mein Heimatverein, in dem ich groß geworden bin. Es ist Zeit, zurückzukehren«, sagt Billek, der den Verein im Herbst 2019 verließ, unter anderem, weil er keine Festanstellung erhielt, die dann beim TV Marburg folgte.
Das Herz des früheren Handballers aber schlägt für Gießen, wo er mit Frau und Kind lebt und zuletzt auch beruflich als selbstständiger Tennistrainer wieder sesshaft wurde: Auf der Anlage der Freien TSG Gießen. Dort möchte der 31-Jährige unweit von der RW-Anlage auch künftig noch Trainingsstunden geben.
Billek betont, dass der TC RW Gießen eine Kooperation mit seiner Tennisakademie geschlossen habe. »Mir ist wichtig, dass ich ungebunden bin. Ich will mein eigener Chef sein und auch auf Turniere mit Silvia zum Beispiel (Ambrosio, Anm. d. Red.) fahren können. Für den Verein ist es von großer Bedeutung, dass die Mannschaftsbetreuung abgedeckt ist.«
Das regelmäßige Training mit den aktiven Spielern der Medenrunde wird Billek übernehmen, sich Privatstunden über seine Akademie ansonsten passend legen. Zum Trainerteam der Akademie zählen Jannik Müller, Alena Sättler, Holger Rudl und Michael Hillmann.

Hinzustößt nun auch der 19-jährige RW-Akteur Paul Volkmann. »Alle Trainer haben eine qualifizierte Ausbildung, sind mindestens Assistenztrainer. Das gibt den Trainern Sicherheit und ist mir wichtig«, sagt Billek. Die Akademie ist nicht an den Verein gebunden, übernimmt beispielsweise auch das Vereinstraining beim TC Lich, von dem rund 40 Mitglieder im Winter Übungsstunden in der Halle bei Billeks Akademie nutzen.
Ex-Profi Ibrahim arbeitet nun für David Hirst in Bad Nauheim, Michael Carow beim TC Linden
Mit der Rückkehr des »verlorenen Sohnes« gehen gleichzeitig zwei Abgänge einher: Michael Carow, der seit über einem Jahrzehnt für die Jugendarbeit verantwortlich war und sich zu seinem Wechsel vorerst nicht äußern will, verlässt den Verein und schlägt seine Zelte künftig beim TC Linden auf. »Dort kann ich mich nochmal einer neuen Herausforderung stellen und meine Vorstellungen vom Jugendtraining optimal umsetzen.«
Vorsitzender Ostermeyer: »Die Trennung war ein längerer Prozess, denn du kündigst ja keinem verdienten Trainer einfach so, der dem Verein über ein Jahrzehnt lang geholfen hat.«

Der zweite personelle Abgang stellt das Ende eines Missverständnisses dar: Der 37-jährige Syrer Abraham Ibrahim, einst unter den besten 300 Tennisspielern der Welt gelistet, kam als Nachfolger Billeks, um seine Erfahrung als neuer Vereinstrainer in Leistungsspitze und gleichzeitig Breite zu vermitteln.
Schon seit Langem zeichnete sich ab, dass eine echte Integration nie stattfand: »Er hatte nicht die Stundenzahl pro Woche, die er braucht, um davon leben zu können«, räumt Ostermeyer ein. Ibrahim lebt weiterhin in Gießen und arbeitet nun in der Tennisschule von David Hirst in Bad Nauheim.
Sportlich also sind die Weichen gestellt an der Grünberger Straße, an der die Ziele künftig im Drei-Monats-Takt besprochen werden sollen. Auf die Frage, ob er sportlich der neue Chef vom TC RW Gießen sei, antwortet Billek: »Das kann man so sagen.«
An der Führungsspitze sucht der Verein nun einen neuen Vorsitzenden - um gerüstet zu sein für die Zeit nach dem 100-jährigen Bestehen.