Spiel gewonnen, Kapitän verloren

Mit 70:69 (38:32) siegten die Gießen 46ers beim Drittletzten der 2. Basketball-Bundesliga, den Giants Düsseldorf. Damit wahrt man alle Chancen auf die Playoffteilnahme. Wermutstropfen: Kapitän Brauner verletzte sich früh im Spiel. Martin verbrachte Halbzeit zwei suspendiert in der Kabine.
Vor rund 80 mitgereisten Fans ist dem ProA-Ligisten Gießen 46ers am Samstagabend beim hauchdünnen 70:69 in Düsseldorf ein Big Point im Kampf um die Playoff-Qualifikation gelungen. Verfolger wie Trier und Kirchheim patzten. Die 46ers stehen weiterhin auf dem siebten Tabellenplatz. Als die zwei Punkte in trockenen Tüchern waren, schrie Headcoach »Frenki« Ignjatovic seine Erleichterung heraus.
»Wenn du so dezimiert spielst«, erklärt der Coach seinen Ausbruch, »und du siehst, dass die Jungs zumindest defensiv die beste Saisonleistung zeigen, dann passiert das.« Auf den Rängen herrschte Stimmung, als habe man gerade den Aufstieg erspielt. Der Zittersieg bei abstiegsgefährdeten Giants wurde aber teuer bezahlt.
Brauner verletzt sich am Knöchel
In der Frühphase der Partie knickte Kapitän Nico Brauner um und humpelte einbeinig sofort vom Feld. Der erste Weg führte aus der Halle. Nach der Behandlung lag Brauner vor dem Auswärtsblock der Gießener bandagiert und legte den geschwollenen Knöchel auf einem Stuhl hoch. »Nico, let’s go!«, riefen die Fans von den Rängen. Brauner erwiderte die Anfeuerungsrufe mit einem nach unten gerichteten Daumen: Feierabend.
Brauner
»Er kann nicht auftreten, alles weitere muss man abwarten«, so Ignjatovic. Brauner selbst spricht von einer Bänderdehnung, mit der er drei bis vier Wochen fehlen würde. Der zuletzt gescholtene Kapitän - Brauner war von seinem Coach nach dem Leverkusen-Sieg in der letzten Woche kritisiert worden - legte am Samstag los wie die Feuerwehr und markierte per Dreier den 3:3-Ausgleich. Nur wenig später folgte die Verletzung des Wiesbadeners.
Das schränkte die Rotationsmöglichkeiten auf den deutschen Positionen empfindlich ein. Luis Figge fehlte erkrankt noch immer. »Hoffentlich ist er nächste Woche fit«, sagt Ignjatovic. Auch so hielt Düsseldorf den Favoriten aus Gießen stets auf Tuchfühlung. Erst kurz vor der Halbzeit sorgte ein Run für die 38:32-Pausenführung. Dabei trugen Stefan Fundic und Jordan Barnes einen Mammutanteil an der Leistung der Gäste - und legten nach dem Seitenwechsel sogar noch eine Schippe drauf.
»Diszi« für Martin
Umgekehrt war die Lage beim ehemaligen Topscorer der Mittelhessen, Justin Martin. Ein Punkt in sieben Minuten schrieb sich der US-Forward in den Bogen. In der zweiten Hälfte fehlte Martin komplett und nahm auch nicht an den Fan-Feierlichkeiten nach der Partie teil. Dabei handelte es sich um eine disziplinarische Maßnahme, erklärt Ignjatovic, weshalb Martin in die Kabine geschickte wurde: »Das kommt vielleicht ein paar Wochen zu spät«, so der Serbe. Martins mysteriöser Leistungsabfall seit eineinhalb Monaten hatte die Gerüchteküche schon länger angeheizt. Seit Ende Januar hatte der 32-jährige nur einmal zweistellig gepunktet. Oft wirkt er lustlos und abwesend.
Damit war die Gießener Kernrotation auf sieben Spieler geschmolzen, wobei sich Fundic und Enosch Wolf direkt zu Beginn des dritten Quarters ihr jeweils drittes Foul einhandelten. Um Foulprobleme zu vermeiden, galt es also, rotationstechnisch zu jonglieren. Das gelang, da Barnes zwar volle 40 Minuten durchspielte, in einer punktearmen Partie mit 21 Zählern und vier Assists aber jeweils zur idealen Zeit Punkte beisteuerte. 46:39 (25.) hieß es nach einem Dreier des MVP-Kandidaten, 51:43 nach Distanzpunkten zwei Minuten später. Düsseldorf konnte tiefer rotieren und blies zum Angriff. Barnes egalisierte die Mini-Führung der Hausherren an der Linie zum 59:59 - und konterte ein 69:65 der Giants (38.) mit seinem vierten Dreier an diesem Abend.
Karlo Miksics Spin zum 70:69 gegen Düsseldorfs Ryan Richmond markierte in der 39. Minute den buchstäblichen Schlusspunkt. Danach hielten die 46ers den eigenen Korb in einer wilden Crunchtime sauber. Defensiv ist Ignjatovic hoch zufrieden: »Düsseldorf hat viele Scoringqualitäten. Sie unter 70 Punkten zu halten, ist eine Leistung.«
Dickes Lob von »Frenki« an die Fans
Das größte Lob hatte der Coach aber für die mitgereisten Fans: »Sie haben uns das letzte Quäntchen Energie gegeben.« Erstmals seit drei Jahren war wieder ein kompletter Fanbus mitgereist und hatte für Heimspielstimmung im Castello gesorgt. »Allein die Tatsache, dass du diese Unterstützung bekommst, ist das schönste Gefühl dieser Saison. Das war einmalig. Das ist in der ganzen Liga einmalig.«
Kommender Gegner (Sonntag) ist auswärts Münster, danach folgt eine Heimpartie gegen Nürnberg - beides Teams aus dem unteren Tabellendrittel. Zum Showdown um die Playoffqualifikation könnte es am 1. April kommen, wenn es auswärts gegen Paderborn geht. Über Fanunterstützung würde sich dort sicher nicht nur Ignjatovic freuen.
Düsseldorf: Ryan Timothy Richmond (12 Punkte), Cedric Paul Anderson Jr. (10, 6 Assists), Matej Silic, Booker Wade Coplin (9), Andrius Mikutis, Mark Gebhardt (5), Christopher Oneal Rollins Jr. (7), Alexander Möller (2), Travion Jamar Hollowell (3), Vincent John Friederici (11), Daniel Mayr, Lennart Boner (10, 16 Rebounds)
Gießen: Jordan Barnes (21), Nico Brauner (3), Finn Döntgens, Enosch Wolf (11, 9 Rebounds), Stefan Fundic (13), Luca Finn Kahl, Igor Cvorovic (2), Justin Martin (1), Kevin Strangmeyer, Roland Nyama (11, 6 Rebounds), Karlo Miksic (8, 6 Assists)
