»Projekte sind mein Anreiz«

Jasmin Camdzic hat vor 25 Jahren das Zweitliga-Tor des TV 05/07 Hüttenberg gehütet. Danach war der 51-Jährige 13 Jahre für den TV Gelnhausen tätig. Nach nunmehr über zehn Jahren als Torwarttrainer und Scout bei der HSG Wetzlar steigt der gebürtige Bosnier beim Handball-Bundesligisten ab 1. Juli zum Sportdirektor auf.
Die Position des Sportlichen Leiters bei der HSG Wetzlar ist seit den Geerken-Schnobrich-Thielmann-Amtszeiten zehn Jahre lang nicht besetzt gewesen. Ab 1. Juli dieses Jahres übernimmt mit Jasmin Camdzic (51) der bisherige Torwarttrainer und Scout diese Position. Im Interview erklärt »Jasko«, der zehn Jahre lang mit Trainer Kai Wandschneider die Grün-Weißen sportlich in der Spur gehalten hat und nun gemeinsam mit Chefcoach Benjamin Matschke und Co-Trainer Filip Mirkulovski die nächste Dekade erfolgreich gestalten möchte, seine Arbeits- und Handball-Philosophie.
Herr Camdzic, bereits zu Ihrer Gelnhausener Zeit hatten Sie gute Kontakte zur HSG Wetzlar. Seit über zehn Jahren gehören Sie nun zur sportlichen Leitung. Ist die Position des Sportdirektors die logische Konsequenz?
Ich habe 2011 meine A-Lizenz gemacht und von der HSG Wetzlar ein Angebot bekommen, welches es mir seinerzeit ermöglicht hat, in das Profigeschäft einzusteigen. Ich hatte das nicht geplant, aber rückwirkend gesehen ist das für mich sehr gut gelaufen. Ich habe jetzt zehn Jahre an der positiven Entwicklung der HSG Wetzlar mitwirken, dabei auch Strategien verfolgen können, die uns europaweit einen guten Ruf eingebracht haben. Jetzt ist es an der Zeit, nicht mehr nur in der Halle zu stehen, sondern auch weitere Aufgaben zu übernehmen und die Ziele des Clubs voranzutreiben. Wir wollen das behalten, was wir entwickelt haben, und weiter interessant für junge Spieler als Sprungbrett zu den Spitzenvereinen bleiben.
Über zehn Jahre TV Gelnhausen, über zehn Jahre Torwarttrainer und Scout bei der HSG Wetzlar - jetzt Sportdirektor bei den Grün-Weißen. Das zeugt von Bodenständigkeit.
Absolut. Das ist meine Lebensphilosophie. Mein Anreiz war nie das Geld oder ein gewisser Status, sondern immer ein Projekt zu beginnen und abzuschließen. Ich möchte nicht ständig - wie im Profigeschäft oft üblich - alle Jahre wechseln. Das ist nicht mein Ding. Mein Profil, mein Weg, meine Rolle hat sich nur dahingehend verändert, dass ich nicht mehr nur Trainer sein will, sondern mehr Verantwortung bekomme und auch haben möchte. Meine Einstellung ist immer die, langfristig arbeiten zu wollen.
Sie waren in der Vergangenheit maßgeblich an allen Top-Transfers von Andreas Wolff und Benjamin Buric über Ivano Balic und Kent-Robin Tönnesen bis zu Jannik Kohlbacher und Kristian Björnsen beteiligt. Sie gelten zudem als herausragender Torwarttrainer. Werden Sie künftig weniger Zeit in der Trainingshalle verbringen?
Dazu gibt es zwei Dinge zu sagen. Einmal die Interessen des Clubs, die ich nun verstärkt in neuer Funktion zu vertreten habe. Zum anderen mein persönliches Projekt Till Klimpke, den ich nun seit acht Jahren begleite und dessen weitere Entwicklung für mich eine Herzensangelegenheit ist. Das kann ich nicht loslassen, das will ich nicht. Ich denke, es ist auch hier im Interesse des Vereins, dass ich weiter in der Halle stehe und mich intensiv um das Torwarttraining kümmere. Bislang habe ich vieles parallel gemacht, das war anstrengend und anspruchsvoll. Jetzt bekomme ich sicher mehr Zeit und Raum, um den Aufgaben des Sportdirektors gerecht zu werden.
Mehr vor Ort Spieler und Talente scouten als per Video?
Das wird sicher der Fall sein, das ist wichtig. Aber wir haben auch in der Vergangenheit die Neuverpflichtungen nie nur über Video getätigt. Wir waren immer vor Ort, haben sein Umfeld, seine Familie kennengelernt, um die Personalie besser einschätzen zu können.
Wird man Sie weiter auf der Trainerbank erleben oder werden Sie künftig auf der Tribüne Platz nehmen?
Das müssen wir noch besprechen. Vielleicht ist von Fall zu Fall ein Perspektivwechsel eine gute Variante.
Wer sind künftig die Entscheidungsträger?
Da ändert sich nicht viel. Natürlich läuft jetzt vieles über meinen Tisch. Am Ende des Tages werden wir - wie bislang auch - alles gemeinsam entscheiden. Trainer, sportliche Leitung und Geschäftsführung.