Projekt »Heimrecht«

Die Gießen 46ers treffen in ihrem vorletzten Hauptrundenspiel in der 2. Basketball-Bundesliga ProA auf die Kirchheim Knights. In der Göppinger Arena will man den Lauf der letzten Wochen mitnehmen und jetzt auch das Playoff-Heimrecht im Viertelfinale sichern.
Tolle Wochen liegen hinter den Gießen 46ers: Vier Siege in Folge. Pokalqualifikation erreicht, Playoffteilnahme erreicht. Die Lizenzunterlagen für die Basketball-Bundesliga knapp, aber fristgerecht eingereicht. Für die Mittelhessen läuft es derzeit so gut wie seit Jahren nicht. Um sich nun im Viertelfinale (mindestens) zwei Heimspiele vor dem eigenen Publikum zu sichern, muss das Team von Coach »Frenki« Ignjatovic gegen Kirchheim aber am Samstag nachlegen.
Für den Serben ist es eine Rückkehr an alte Wirkstätte. »Ich habe dort viele Freunde. Ich bin stolz, dort mit ihnen in der ProA angefangen zu haben«, erinnert sich Ignjatovic an seine Kirchheimer Jahre (2008-2014) - und lächelnd auch an die zwei Siege, die er damals gegen die von Denis Wucherer trainierten Gießener einfuhr. Auch privat ist der 56-Jährige häufig zu Gast in der 40 000-Seelen-Gemeinde südöstlich von Stuttgart. Einen Freundschaftsdienst wird er den alten Kumpels am Samstag (19 Uhr) aber nicht erweisen wollen.
Die Lage: Wahrscheinlich geht es im Viertelfinale für Gießen gegen die Artland Dragons oder die Dresden Titans. Für die 46ers sind alle Platzierungen zwischen Rang drei und sechs noch im Bereich des Möglichen, wobei Platz drei wegen stark aufgelegter Karlsruher am unwahrscheinlichsten ist. Für Rang vier könnte ein Sieg reichen. Und diesen holt man auf dem Papier leichter in Kirchheim, die im Tabellenniemandsland sind, als am letzten Spieltag zu Hause gegen den Ligaersten Vechta.
Personelles: Apropos Vechta: Gewänne man das Playoff-Viertelfinale, so wäre dies wohl gleichbedeutend mit dem Karriereende von Center Enosch Wolf - vorausgesetzt, dort wäre dann Endstation. Jüngst hatte der Verein bekannt gemacht, dass der Center nach der Saison seine Schuhe an den Nagel hängt. »Im Halbfinale stünden wir dann ohne Enosch da«, sagt Ignjatovic. Grund dafür ist eine Klausel im Vertrag, die es dem 32-Jährigen verbietet, gegen seinen Ex-Club Vechta zu spielen. Während das noch Zukunftsmusik ist, sieht die personelle Situation der Mittehessen in der Gegenwart so gut aus wie lange nicht. Die Reihen der verletzten und angeschlagenen Spieler lichten sich. Endlich kann wieder im Fünf-gegen-Fünf trainiert werden. Oder besser »könnte«, denn Ignjatovic stellt sein Team durch einen höheren Fokus auf athletische Einheiten bereits ein auf den taffen Playoff-Rhythmus: »Wir wollen fit sein.«
Der Gegner: Mit Trainer Igor Perovic verbindet Ignjatovic eine langjährige Freundschaft. »Für sie ist das Niemandsland der Tabelle ein Erfolg«, beschreibt Ignjatovic die Kultur des kleinen Clubs, der sich gegen alle Widrigkeiten im Basketball-Profisport festgebissen hat. Die Knights sind ein echter Dauerbrenner in der zweiten Liga, in die man 2006 aufstieg. Das Hinspiel endete mit einem 86:74 aus Sicht der Gießener. Aufseiten der Gäste dominierte mit 20 Zählern der Ex-46er Besnik Bekteshi. Im Saisonmittel führt US-Guard Michael Flowers mit 16.5 Punkte pro Spiel und drei Assists Regie. Letztlich war es auch Verletzungspech, das Kirchheim von noch höheren tabellarischen Weihen fernhielt. Allen voran Center Mitchell Lightfoot, der im Hinspiel noch mit von der Partie war, fehlt unter den Brettern. Eine Schulterverletzung bedeutete im Dezember das Saisonaus.
Ignjatovic zum »Highlight-Spiel« in Göppingen und der Option »Arena Wetzlar«: Kirchheim promotet die Partie als Highlight-Spiel und lässt die letzte Begegnung vor heimischer Kulisse in der Arena Göppingen austragen (Kapazität: 5600). Dort wird normalerweise Handball praktiziert. Sonst finden die Heimspiele in der dreimal kleineren Sporthalle Stadtmitte statt.
»Auf absehbare Zeit wird man das auch mit Wetzlar testen müssen«, zieht Ignjatovic den Vergleich zur mittelhessischen Hallensituation, der sich mehr als aufdrängt. »Die Idee ist da. Es liegt im Sommer an den Stadtverantwortlichen, eine Entscheidung zu treffen. Aber die Situation ist klar: Für Profibasketball in Gießen gibt es nur wenige Wege: eine neue Halle, eine ausgebaute Osthalle - oder eben eine andere Option. Bleibt zu hoffen, dass der Basketball in Gießen bleibt«, beendet Ignjatovic seinen Gedankengang. Wolle man über die erste Bundesliga sprechen, müsse man diese Option aber in Erwägung ziehen.
Ignjatovic zum Spiel: »Sie habe viele knappe Spiele verloren und landeten so im Niemandsland. Aber das ist für einen Verein wie Kirchheim auch schon ein Erfolg. Mit ihrer Qualität müssten sie eigentlich in die Playoffs, aber sie hatten viele Ausfälle im Saisonverlauf.«