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Mission Titelverteidigung für RSV

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Von: Andreas Joneck

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Bereit für den Saisonstart: Catharina Weiß und Thomas Böhme vom RSV Lahn-Dill. © Oliver Vogler

(aj). Inzwischen ist es bereits über vier Monate her, dass der RSV Lahn-Dill in einem sensationellen zweiten Playoff-Finalspiel nach fünf langen Jahren die RBBL-Meistertrophäe wieder zurück nach Mittelhessen holen konnte, seit August ist diese nun in der Buderus Arena Wetzlar für alle Besucher ausgestellt. Mit dem Rollstuhlbasketball-Bundesliga-Saisonstart 2022/2023 am Samstag in Frankfurt ist der deutsche Rekordmeister nun vom Jäger zum Gejagten geworden und steht vor der Mission Titelverteidigung.

Drei vielversprechende Neuzugänge sollen in der neuen Spielzeit die Abgänge von drei Leistungsträgern im Sommer kompensieren und das Team für die bevorstehenden Herausforderungen fit machen. Doch diese liegen nach zwei Jahren Corona-Pandemie nicht nur im rein sportlichen Bereich, denn der Profisport, egal ob paralympisch oder olympisch, ist in Sachen Inflation und Energiekrise weiterhin im organisatorischen, finanziellen und logistischen Krisenmodus.

Vor Cheftrainerin Janet Zeltinger und dem RSV Lahn-Dill liegt eine Saison, in der die Konkurrenz nur darauf wartet, dass die Wetzlarer sich den ein oder anderen Ausrutscher leisten, in der alle Beteiligten aber auch hoffen, international in der Champions League wieder zurück zum Normalmodus finden zu können. Bis zum Saisonfinale im kommenden Mai, die Qualifikation dafür vorausgesetzt, wartet auf Spieler, Trainer, Crew, Funktionäre und Fans des Clubs eine intensive Saison 2022/2023 mit einer Vielzahl an Herausforderungen und Variablen.

Die Neuzugänge

Auf drei Neuzugänge, allesamt vielversprechend und namhaft, dürfen sich die Fans am Samstag freuen, der Saisonpremiere bei den Skywheelers in Frankfurt. Ein Mann für die Zukunft ist dabei der erst 23-jährige deutsche Nationalspieler Matthias Güntner. Der in Neuwied geborene bullige Center wechselte im Sommer von den Rhine River Rhinos aus Wiesbaden an die Lahn. Die Tatsache, dass er beim Rekordmeister gleich einen Dreijahresvertrag unterschrieb, unterstreicht die Ambitionen, die beide Seiten mit diesem Wechsel hegen. Zusammen mit dem japanischen Routinier und Paralympics-Silbermedaillengewinner Reo Fujimoto sowie Lokalmatador Mark Beissert soll er für die nötige Schlagkraft unter dem Korb sorgen.

Langfristig planen Cheftrainerin Janet Zeltinger und ihr Co-Trainer Günther Mayer auch mit dem US-»Wunderkind« Rose Hollermann, deren Karriere sich bisher wie aus dem Bilderbuch liest. Bereits mit zarten 15 Jahren wurde sie mit der US-Auswahl Juniorenweltmeisterin und ließ im Alter von 20 Jahren Gold bei den Paralympics in Rio de Janeiro folgen. Nun kommt die inzwischen 25-Jährige vom spanischen Erstligisten Gran Canaria nach Mittelhessen und will auch im Trikot des RSV Lahn-Dill ihre enorme Punktgefährlichkeit aufblitzen lassen.

Dritter und namhaftester Neuzugang ist jedoch der britische Weltmeister Ghazain Choudhry. Der im pakistanischen Karachi geborene und zuletzt beim Thronjubiläum von der inzwischen verstorbenen Königin Elizabeth II. mit dem Order of the British Empire ausgezeichnete kommt aus Albacete zum RSV Lahn-Dill. Noch im Mai führte der Weltklassespieler die Spanier zur nationalen Meisterschaft und zum Champions-League-Triumph auf der europäischen Bühne. Nun will Choudhry mit seinem Landsmann Simon Brown in der Wetzlarer Buderus Arena für Furore sorgen.

Die Abgänge

Ersetzen sollen die drei qualitativ extrem hochwertigen Neuzugänge die allerdings ebenso namhaften Abgänge des siebenfachen Champions-League-Siegers. Mit dem zweifachen US-Paralympics-Sieger Brian Bell, dem japanischen Nationalspieler Hiroaki Kozai und dem polnischen Center Dominik Mosler haben drei wichtige Stützen die Mittelhessen verlassen. Die dreifache Rochade haben die RSV-Verantwortlichen allerdings auch dazu genutzt, den Kader zu verjüngen.

Die Konkurrenz

Auch Mustafa Korkmaz in Köln oder Christopher Huber, der ehemalige RSV-Akteur, der nach einem Jahr Pause nun das Trikot der Rhine River Rhinos trägt. Erstmals in der RBBL zu Gast sind dagegen der niederländische Nationalspieler Arie Twight (Thuringia Bulls), der australische Weltklassespieler Shaun Norris (Hannover United), der französische Nationalspieler Mamady Traore (BG Baskets Hamburg) oder der Kanadier Deion Green (Dolphins Trier).

Zurück in der Liga sind aber auch die ING Skywheelers aus Frankfurt und die Hot Rolling Bears Essen. Während der letztjährige Absteiger aus der Mainmetropole, analog zu den Frankfurt Skyliners in der BBL, durch eine Wildcard in der höchsten Spielklasse verbleiben durfte, freut man sich im Ruhrgebiet auf die Rückkehr der Essener. 21 Jahre nach dem Abstieg aus der RBBL sind die Hot Rolling Bears mit Dennis Nohl als neuem Trainer und den beiden Neuzugängen Abraham Mamo vom SC Devedo aus den Niederlanden und Nationalspielerin Lena Knippelmeyer vom Ligakonkurrenten BBC Münsterland zurück in der Beletage.

Die Köln 99ers mit gleich vier durchaus bekannten Neuzugängen und dem türkischen Trainer Erdinç Kiliç, die Hamburger, die ihren Kader nahezu halten konnten und zudem vier Neuzugänge präsentieren, oder aber der Ligadritte aus Hannover, dem mit dem australischen Duo Tom McHugh und Shaun Norris ein Transfercoup gelungen ist, dürften den Blick weiter nach oben richten wollen. Nicht zu vergessen dabei die Dolphins aus Trier und die Rhinos aus Wiesbaden. Die Topfavoriten und ersten Meisterschaftsanwärter dürften aber auch in der neuen Spielzeit aus Thüringen und Mittelhessen kommen.

Der Modus

Die Hauptrunde in der RBBL ist im zweiten Jahr in Folge zeitlich in zwei große Blöcke unterteilt. Hintergrund waren die für den November geplanten Weltmeisterschaften 2022 in Dubai, die erst vor rund 14 Tagen kurzfristig durch eine Entscheidung der Regierung und des Sport Council der Vereinigten Arabischen Emirate verschoben wurden. Aufgrund der extremen Kurzfristigkeit dieser Verlegung, die weltweit in den Nationalverbänden und Ligen für viel Verärgerung gesorgt hat, ist es jedoch nicht mehr möglich, den Spielplan in der RBBL erneut anzupassen. Entsprechend intensiv ist das Programm der Bundesligisten im Oktober gestrickt. Nach Abschluss der RBBL-Hauptrunde warten dann ab Ende März erneut die Playoffs im Modus »best-of-three« auf die vier besten Teams der Liga.

DRS-Pokal und Champions League

Letztmalig sollte 2022/2023 auch der DRS-Pokal pausieren, ein Tribut an den von Anfang an unglücklichen Wintertermin der WM in Dubai. Umso größer ist nun die Verärgerung über die Verschiebung der Welttitelkämpfe. Dagegen hofft ein ganzer Kontinent wieder auf die reguläre Durchführung der europäischen Königsklasse, die zwei Jahre in abgespeckter Form stattfinden musste. Geplant ist die Gruppenphase der Champions League ganz regulär für Anfang Februar 2023, das Viertelfinale für Mitte März und das Final Four für Anfang Mai des kommenden Jahres.

Sportliche Ziele

Freuen dürfen sich alle Fans der Wetzlarer auf einen RSV, der mit einer aggressiven Verteidigungsarbeit erneut sein sportliches Prunkstück in der Defensive hat. Mit den drei Neuzugängen wurde insbesondere aber auch auf die offensive Durchschlagskraft der Fokus gelegt. Neben Topscorer Thomas Böhme hat dies das neue Trio im letzten Testspiel vor dem Saisonstart auch gleich deutlich unterstrichen. Matthias Güntner mit 19 Punkten, Ghazain Choudhry mit zwölf Zählern und Rose Hollermann mit sechs Punkten steuerten zusammen mal eben 37 Zähler beim 82:58-Erfolg bei den Trier Dolphins bei.

Die Ziele eines Titelverteidigers, insbesondere bei der Erfolgshistorie eines RSV Lahn-Dill sind schnell geklärt. Natürlich wollen Cheftrainerin Janet Zeltinger, ihr Co-Trainer Günther Mayer und das gesamte Team die im Mai dieses Jahres gewonnene 14. Meisterschaft verteidigen und am Ende erneut triumphieren. Alles andere wäre intern wie extern nicht glaubwürdig. Und dennoch ist das Rennen um den Titel 2023 und den Einzug ins Final Four der europäischen Königsklasse alles andere als ein Selbstläufer. Angesichts der wirtschaftlichen Belastungen nach zwei Jahren Corona-Pandemie, von der aus durch den Krieg in der Ukraine ein direkter Übergang in eine Energiekrise mit hoher Inflation stattfand, macht die Fortsetzung des Krisenmodus auch vor dem Sport und dem RSV Lahn-Dill nicht halt.

Die Herausforderungen, vor denen der RSV Lahn-Dill steht, sind dabei sportlich noch deutlich einfacher zu definieren als wirtschaftlich und organisatorisch. Der Club besitzt eine klare Zielsetzung, und sein Trainerteam einen hoch motivierten und sehr variablen Kader, der sich zwar zunächst finden muss, aber Potenzial hat, 2022/2023 der RSV-Geschichte ein weiteres erfolgreiches Kapitel hinzuzufügen.

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RSV Lahn-Dill vor dem Saisonstart (hinten, v. l.): Armin Diekmann, Teambetreuerin Larissa Klaas, Sebastian Block, Cheftrainerin Janet Zeltinger, Physiotherapeut Philip Schmitz, Niclas Schubert, Techniker Holger Wagner, Lisa Keiner; Mitte (v. l.): Rose Hollermann, Reo Fujimoto, Matthias Güntner, Mark Beissert, Ghazain Choudhry, Björn Lohmann; vorne (v. l.): Jannik Blair, Peyman Mizan, Simon Brown, Quinten Zantinge, Thomas Böhme, Catharina Weiß. Es fehlen: Co-Trainer Günther Mayer, Teamärztin Petra Michel-Leutheuser, Physiotherapeut Daniel Schmidt. © Oliver Vogler

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