Marc Weber hat große Ziele

Der 24-jährige Ausnahmeruderer Marc Weber hat viel mitgenommen von seinen ersten olympischen Spielen. Die Ziele bleiben: Schnellster Einer-Ruderer Deutschlands, Paris 2024 im Blick.
Ganz ohne den Kontakt zum Wasser geht es bei Marc Weber eben nie: Als der 24-jährige Olympiateilnehmer, der in Gießen wohnt, zum vereinbarten Interviewtermin ans Telefon geht, sagt er: »Wir waren gerade im Meer schwimmen.«
In der Nähe von Genua schaltet der Ausnahmeruderer mit seiner Partnerin in einem Appartment ab - Zeit, um zu reflektieren, über die erste Olympia-Teilnahme, das mäßige Abschneiden mit Platz elf im Doppelzweier. Zeit, um das Leben zu genießen - »ich will den Spaß wiederfinden. Das hat zuletzt sehr gelitten. Mit dem Spaß kommt die Geschwindigkeit.«
Seine ersten Olympischen Spiele in Tokio 2021 hat er abgehakt und eingeordnet: »Ich sehe es mittlerweile durchweg positiv« - »trotz« Platz elf im Doppelzweier auf dem Sea Forest Waterway. »Es ist schade, wie es gelaufen ist, aber die Erfahrung war wichtig. Ich habe den Spirit kennengelernt und bin super froh, dabei gewesen zu sein.«
Weber, der noch dem Gießener Ruderclub Hassia angehört, hat viele Lehren aus Tokio gezogen: »Keiner wächst urplötzlich völlig über sich hinaus und erhält Legendstatus. Wettkämpfe sind auch nur Wettkämpfe und die Folge von regelmäßigem Training. Ich habe keine Angst vor großen Namen und weiß, was ich kann.«
Auf die Spiele konkret bezogen sagt der Ruderer: »Es gibt schon einige Besonderheiten bei Olympia, an die du dich gewöhnen musst. Das hat vor allem mit dem olympischen Dorf zu tun. Die Wege sind länger, es gibt einen Shuttle-Service. Du lernst, dass nicht mehr alles auf dich ausgerichtet ist, sondern eben auf alle. So brauchst du zum Wettkampf auch mal 30 Minuten statt wie gewohnt fünf Minuten. Das«, räumt Weber ein, »hat mich in Tokio in den ersten Tagen ermüdet: Suchen, finden, herumlaufen. Das kannst du vor dem wichtigsten sportlichen Wettkampf deines Lebens nicht gebrauchen. Nun kenne ich all das schon und weiß es einzuschätzen.«
Aus dieser Zeit müssten Konsequenzen gezogen werden - der Verband wechselte seinen Cheftrainer, Weber, dessen Familie in Butzbach lebt, wechselt den Verein. Seinem RC Hassia bleibt er weiterhin verbunden, starten aber wird der 1,91-Meter-Mann künftig für den Ruder- und Sportverein Steinmühle Marburg.
»Ich will wieder zu meiner alten Stärke finden - das kostet Kraft und Geld. Und das kann und soll sich die Hassia nicht leisten«, sagt Weber. »Es macht keinen Sinn, dass deren gesamtes Budget für einen Sportler, nämlich mich, drauf geht. Ich halte es für deutlich sinniger, wenn das auf mehrere Athleten*innen und die Jugend verteilt wird.«
In Marburg finde er ebenfalls einen »kleinen, familiär geführten Verein« vor, bei dem er nun dreimal in der Woche trainiert, aber weiterhin auch in Gießen aktiv sein wird. »Mein Herz schlägt nun für zwei Vereine, ich hoffe, ich lebe künftig in zwei Familien.«
Dass Leistungsrudern durchaus kostspielig sei, rechnet Weber vor: »Eine Saison kostet allein auf den Sportler bezogen zwischen 6000 und 10 000 Euro. Ich wohne in Gießen, trainiere in Marburg und viermal die Woche am Stützpunkt in Frankfurt. Es geht um Fahrtkosten, es geht um die Regatten, Hotel- und Meldegebühren. Ein Rennen kostet im Schnitt um die 120 Euro Meldegebühren.« Zur Summe hinzustoßen würden dann die Kosten für den Trainer sowie die Trainingslager: »Je nach Saison gibt es drei bis sechs Trainingslager im Jahr, die meisten in Portugal oder Spanien. 14 Tage kosten da um die 2500 Euro.«
Ab dem 1. Januar 2022 tritt Weber dann also für den RuS Steinmühle Marburg an, bleibt dem RC Hassia aber verbunden: »Ich will etwas zurückgeben, an beide Vereine, die viel für mich tun.« Kindertrainer an der Lahn sei er künftig auf Abruf, ähnliches gilt für die Leitung von Hochschulkursen. Schon jetzt sei klar, dass der Spitzensportler im Frühjahr 2022 Schüler*innen der Ricarda-Huch-Schule in Gießen ans Rudern heranführen werde.
Der Kontakt zu Gießen bleibt auch über den nun startenden Master in Psychologie an der Justus-Liebig-Universität bestehen. Bis zu den nächsten Spielen 2024 in Paris will Weber sein Studium abschließen - um sich mit freiem Kopf im dann bekannteren Olympia-Umfeld zu bewegen.
»Ich will auf Strecke der Schnellste in der Einer-Rangliste Deutschlands werden. Irgendjemand muss Oliver Zeidler ja mal Konkurrenz machen«, sagt der gebürtige Licher und lacht. Der Einer, in dem er 2019 bereits U23-Weltmeister wurde, ist Webers Herzensdisziplin: »Das macht mir am meisten Spaß«. Diesen will der Gießener wiederfinden - im Urlaub in Genua, beim Herausfordern von Oliver Zeidler und beim Ansteuern von Paris 2024.