1. Gießener Allgemeine
  2. Sport
  3. Lokalsport

»Ich durfte meinen Traum leben«

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Markus Röhrsheim

Kommentare

JR4_5776_260523_4c_1
Timm Schneider (19) tauscht im Sommer das Hüttenberger Trikot mit dem Geschäftsführersessel. JENNIVER-FOTOGRAFIE © Jenniver Röczey

In einer Woche beendet Timm Schneider seine Laufbahn als Handball- Profi und wechselt ab 1. Juli beim Zweitligisten TV 05/07 Hüttenberg vom Handball-Parkett in den Geschäftsführersessel.

Die Rückkehr von Timm Schneider ins Trikot des TV 05/07 Hüttenberg ist von kürzerer Dauer als eigentlich geplant. Verpasste der gebürtige Holzheimer den Saisonbeginn aufgrund einer bei seinem vorherigen Verein VfL Gummersbach erlittenen - und mutmaßlich falsch therapierten Verletzung - so wird er bereits zum Saisonende ein Jahr früher als eigentlich vertraglich vereinbart seine Spielerkarriere beenden (wir berichteten). Denn der 34-Jährige wird ab Sommer Frontmann und Teil des neu aufgestellten Geschäftsführer-Trios mit dem aktuellen interimsmäßigen Geschäftsführer Jörg Bannicke und dem ebenfalls neu hinzukommenden Christoph Schöpfer, die beide ehrenamtlich tätig sein werden. Der Noch-Kapitän des Zweitligateams beantwortete unsere Fragen zur zu Ende gehenden Runde und dem Ausblick in die TVH-Zukunft.

Wie bewerten Sie die sich auf der Zielgeraden befindende Saison ?

Sehr schwankend. Wir hatten einige Spiele mit sehr guter Leistung, wo wir aber nichts geholt haben. Gute Spiele, die wir auch gewonnen haben. Und zwei, drei unterirdisch schwache Spiele. Die Konstanz fehlt. Was man aber bei einer jungen Mannschaft einkalkulieren muss.

Die Rückkehr zum TVH startete aufgrund der Verletzung nicht wie gewünscht und endet nun als Spieler auch früher als eigentlich geplant. Wie kam es zu dieser Entwicklung ?

Das kam ja nicht von mir. Es gab die Stellenausschreibung, auf die ich mich ganz normal beworben habe und ich habe dann den Zuschlag bekommen. Für mich ist es eine Chance, weiter im Handball zu bleiben, was bisher mein Leben gewesen ist. Der Plan war eigentlich bis 36 Handball zu spielen. Wobei manche auch den Zeitpunkt verpasst haben aufzuhören. Mit dem Schritt jetzt habe ich für mich privat etwas für nach der Karriere und ich kann weiter für den Verein etwas tun. So ist es für beide Seiten eine optimale Situation.

Das heißt aber auch, dass es noch Ersatz für den Spieler Timm Schneider geben muss. Wie ist da der Stand?

Stand jetzt sind wir 15 Spieler. Wir schauen, dass wir mit einem 16er-Kader in die Saison gehen können. Wir haben ja auch noch die zweite Mannschaft in der Hinterhand, die wir einbeziehen können. Wir sind und bleiben ein Ausbildungsverein für die Jungs aus der Region.

Was überwiegt - die Trauer über das Ende der sportlichen Karriere oder die Freude auf die neue Herausforderung ?

Der Zeitpunkt adieu zu sagen rückt immer näher. In den Gesprächen mit meiner Frau war das noch so weit weg. Nach der Zusage an mich für den neuen Job hatte ich schon einen Klos im Hals, als ich es der Mannschaft gesagt habe. Daher kann es schon sein, dass am 7. Juni einiges fließen wird. Ein Lebenstraum geht zu Ende - aber ich durfte meinen Traum leben. Das schaffen nicht viele. Ich habe viel erreicht. Ich bin mir bewusst, dass es perfekt war. Leider hat sich das Geschäft in die falsche Richtung bewegt. Aber daraus habe ich meine Lehren gezogen und möchte so zukünftig nicht sein. Die Erfahrungen waren aber sicher gut für den neuen Job, der was komplett anderes sein wird. Ich werde auch mit den Spielern dann etwas anders umgehen müssen, wie wenn man in der Kabine als Mitspieler ist.

Parallel zu Training und Spiel läuft nun also bereits die Einarbeitung in die neue Aufgabe ?

Ich arbeite ja schon seit Sommer auf der Geschäftsstelle und konnte so schon einiges mitbekommen. In der letzten Zeit ist es nun natürlich intensiver. Ich gehe teilweise morgens um 8 Uhr aus dem Haus und komme erst gegen 21 Uhr nach Hause. Aber das Ganze ist auch spannend.

Der TVH stellt sich nun neu auf mit drei Geschäftsführern. Wie wird die Aufgabenteilung sein ?

Ich bin froh, dass ich mit Christoph und Jörg zwei gestandene Männer an meiner Seite habe, die wissen, wie man ein Unternehmen führt. Christoph wird sich dabei um die Finanzen kümmern. Ich verantworte Marketing, Sponsoring, Außenauftritt und habe mit Jasmin Zörb die Geschäftsstellenleitung. Dazu gehört die ganze Organisation, das Alltagsgeschäft. Aber auch der Spielerkader, das Personal. Wobei wir alle drei da im Austausch sind, denn es muss ja auch finanzierbar sein. Wir müssen gemeinsam gute Entscheidungen treffen.

Heißt das auch, dass man damit sich den sportlichen Leiter Florian Laudt sparen wird, da es nun Ihr Aufgabengebiet fällt ?

›Flo‹ bringt seine sportliche Meinung natürlich auch mit ein, das ist auch wichtig. Mit seiner Erfahrung ist es immer gut, zwei Meinungen zu haben, um dann die bestmögliche Entscheidung zu treffen.

Welche Veränderungen strebt der Geschäftsführer Timm Schneider an ? Welche Bereiche laufen gut und sollen so bleiben ?

Wir müssen wieder enger mit dem Verein zusammenarbeiten. Das hat sich auseinandergedriftet. Alle müssen wieder mehr an einem Strang ziehen. Es hat den TVH schon immer ausgemacht, dass er ein zweites zu Hause ist. In diese Richtung hat sich in dieser Saison aber auch schon einiges getan.

Der TVH ist finanziell weiter nicht auf Rosen gebettet. Ins Bild passen die nicht verlängerten Verträge von Dominik Plaue, Ryuga Fujita und Joel Ribeiro. Sie übernehmen also eine sehr anspruchsvolle Aufgabe.

Diese Abgänge sind schon vor meiner Zeit entschieden worden. Bei Joel zum Beispiel ist es ja keine Entscheidung gegen ihn. Aber er war halt in den zwei Jahren sehr viel verletzt. Und dann hat man natürlich keine Garantie, dass das zukünftig nicht wieder so sein wird. Am Ende muss es unser Ziel sein, eine schlagkräftige Mannschaft für das Mittelfeld der Liga zu stellen. Perspektivisch vielleicht dann auch mehr. Aber dazu müssen wir über Jahre hinweg unsere finanziellen Möglichkeiten steigern Richtung Mittelfeld. Aktuell gehören wir in der Liga vom Budget her zu den letzten drei. Natürlich muss es daher weiter unser Ziel sein, nach regionalen Talenten zu schauen. Wer kann den Sprung vielleicht schaffen, wen gibt es?. Wie jetzt auch bei Nico Scheibel. Auch schon in den Jugendmannschaften. Es gibt doch nichts Schöneres für die Fans als zu sehen, dass sich Spieler entwickeln, die es vielleicht sogar in die 1. Liga oder die Nationalmannschaft schaffen. Und dann vielleicht am Ende noch einmal zurückkommen - so wie ich.

Auch interessant

Kommentare