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Gießen 46ers: Viel Kampf, zu wenig Klasse

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Von: Markus Konle

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Die nächste Bruchlandung erleben Phillip Fayne und seine 46ers beim 76:87 gegen die BG Göttingen um Harper Kamp (l.) und Stephen Brown (r.). © Oliver Vogler

Die Lage für die Gießen 46ers wird immer brenzliger: Das 76:87 gegen Göttingen ist die achte Niederlage in Folge. In der aufkommenden Trainerdiskussion spricht Geschäftsführer Schmidt Klartext.

Der Frust sitzt tief bei den Gießen 46ers. Sie haben am Samstag den nächsten herben Dämpfer im Kampf gegen den Abstieg aus der Basketball-Bundesliga kassiert. Bei der 76:87 (40:45)-Niederlage gegen die BG Göttingen zeigte sich der Tabellenvorletzte vor zugelassenen 170 Zuschauern in der Osthalle zwar phasenweise verbessert im Vergleich zur Derbypleite gegen Frankfurt, für einen Sieg und damit einen Befreiungsschlag reichte es aber wieder nicht. Zwar kämpften die 46ers-Profi erneut aufopferungsvoll, doch es verfestigt sich der Eindruck, dass die derzeitige Qualität des Kaders für den Ligaverbleib kaum ausreichen wird.

»Wir haben das gesamte Spiel über gekämpft, wir haben vieles richtig gemacht. Wir waren an dem Punkt, an dem wir das Spiel hätten drehen können. Es fehlt uns ein bisschen an Erfahrung und ein bisschen auch das gewisse Mannschaftsgefühl. Es tut verdammt weh, schon wieder zu verlieren. Weil wir eine Chance hatten«, sagte Trainer Pete Strobl, der in Teilen des Umfelds und den Gesetzen des Sportgeschäfts folgend nicht mehr unumstritten ist.

Strobl auch im nächsten Spiel auf der Bank

»Es gibt bei uns keine Jobgarantie. Dass eine Niederlagenserie eine Trainerdiskussion nach sich zieht, gehört leider zum Geschäft«, sagte 46ers-Sportdirektor und -Geschäftsführer Sebastian Schmidt am Sonntagabend. Er betonte aber: »Für den Aufsichtsrat und für mich gibt es diese Trainerdiskussion aktuell nicht.« Strobl wird beim nächsten Spiel am Sonntagabend in Berlin (20.30Uhr), sofern die Partie aufgrund des Coronavirus-Ausbruchs bei den Hauptstädtern stattfindet, auf der Gießener Bank sitzen, bekräftigte Schmidt.

Guter Start, schwache Quoten

Gegen Göttingen hatten die 46ers, bei denen T. J. Williams (Knöchelblessur) als siebter Importspieler aussetzte, einen guten Start hingelegt. Sie bewegten den Ball besser als zuletzt und ließen sich auch von einem 0:5-Rückstand und einigen Fehlwürfen nicht verunsichern. Der starke Kendale McCullum (26 Punkte, sieben Rebounds, sieben Assists) mit einem von vier Dreiern im ersten Viertel brachte die Gießener beim 10:8 nach vorn - es blieb neben dem 20:18 (10.) die einzige Führung der 46ers in dieser Begegnung. Die gesamte erste Hälfte war ausgeglichen, wobei die Gäste vor allem von ihrer Treffersicherheit aus der Distanz profitierten. Der überragende Kamar Baldwin (31 Punkte) sorgte zwischenzeitlich für einen Zehn-Punkte-Vorsprung der Niedersachsen (41:31), doch bis zur Pause verkürzten die 46ers auf 40:45.

Harte Kritik an Omot

Direkt nach dem Wechsel waren die 46ers drauf und dran, die Partie dank McCullum und Florian Koch zu drehen (48:50, 56:59). Doch die Veilchen, bei denen Stephen Brown nach seinem positiven Corona-Test Anfang der Woche am Spieltag nach einem negativen PCR-Test grünes Licht vom Gesundheitsamt Göttingen erhalten hatte, blieben auch im zerfahrenen dritten Viertel stets vorn. Sie profitierten von vielen Unzulänglichkeiten der Gießener vor allem in Angriff, die wieder in alte Muster verfielen. Viel zu viele, oft auch überhastete Einzelaktionen prägten die Gießener Offensive, die Trefferquote sank auf am Ende grauenhafte 36 Prozent aus dem Feld, von der Dreierlinie waren es gar nur 25 Prozent. Was für die 46ers spricht: Sie gaben sich zu keinem Zeitpunkt auf und zeigten einen großen Kampf.

Team in Stress-Situationen kopflos

Trotz aller Rückschläge und auch zwischenzeitlich deutlicheren Rückständen (56:66/29.), kamen sie zurück. Doch wieder wurde deutlich: In Stress-Situationen versagen dem Team die Nerven, fehlen die Klasse und das Selbstvertrauen, um eine Wende herbeizuführen. So waren die Gießener beim 68:71 Mitte des Schlussviertels wieder dran, doch dann verdaddelten sie mehrfach die Chance auf den Ausgleich oder gar eine Führung. Einige 46ers-Fehler später besiegelte BG-Scharfschütze Jake Toolson per Dreier mit dem 79:68 (37.) für Göttingen endgültig die Niederlage der Mittelhessen.

Bei denen spielte diesmal Nuni Omot kaum eine Rolle. Strobl gewährte dem sonstigen Topscorer nur elf Minuten Spielzeit - und ging bei seiner Begründung für seine Entscheidung hart mit Omot ins Gericht. »Wir brauchen Spieler, die die Lage verstehen, die alles geben, die ausblocken, die schnell rotieren, die verteidigen und für die Mannschaft spielen«, sagte der Coach und ergänzte mit Nachdruck: »Ich erlaube es nicht, dass ein Spieler eigensinnig ist. Das hilft uns nicht. Es ist super, dass Spieler punkten können. Aber wir wollen als Mannschaft Spiele gewinnen. Wir brauchen eine mannschaftsdienliche Einstellung.«

Jalen Tate 40 Minuten auf der Bank

Gar 40 Minuten auf der Bank saß Jalen Tate, der im Hessenderby am vergangenen Sonntag als siebter Importspieler hatte aussetzen müssen und dessen Arbeitseinstellung in der folgenden Trainingswoche Strobl missfallen hatte.

Die Stimmung bei den 46ers ist also mies, die Lage wieder einmal brenzlig. Nur mit einem Team, in dem jeder Profi seine Leistungsgrenze erreicht, dürften die Gießener eine Chance auf den Klassenerhalt haben. Und selbst dann wird es schwer.

Im Stenogramm

Gießen: McCullum (26 Punkte/2 Dreier, 7 Rebounds, 7 Assists, 4 Ballverluste), Omot (7/1), Nawrocki (0, 5 Reb.), Kraushaar (5/1), Anderson (5/1), Begue (3, 4 Rebounds), Tate (n. e.), Binapfl (n. e.), Miller (8), Koch (17/2, 4 Rebounds, 3 Assists), Fayne (6), Bryant.

Göttingen: Toolson (18/4), Roberson (6/1), Vargas, Hujic, Hartwich (3), Mönninghoff (6/2), Kamp (9), Brown (14/2), Baldwin (31/3).

Viertelergebnisse: 20:23, 20:22, 20:21, 16:21. - Rebounds: 39:35. - Trefferquoten: 36:57 % aus dem Feld; 25:52 % Dreier (7/28 -12:23).

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Es hat wieder nicht gereicht: Der starke Kendale McCullum (v. l.) und seine Kollegen Dennis Nawrocki, Phillip Fayne und Florian Koch (Gießen 46ers) verlassen geknickt das Parkett. F.: VOGLER © Oliver Vogler

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