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Eintracht Frankfurt: Die etwas andere Altersvorsorge

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Von: Sven Nordmann

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Boris Möller, der bis zu seinem 27. Lebensjahr in Gießen wohnte, in seinem eigenen Eintracht-Frankfurt-Museum: »Je älter ein Trikot wird, desto wertvoller wird es.«
Boris Möller, der bis zu seinem 27. Lebensjahr in Gießen wohnte, in seinem eigenen Eintracht-Frankfurt-Museum: »Je älter ein Trikot wird, desto wertvoller wird es.« ©  pv

Mit rund 350 Eintracht-Trikots aus sechs Jahrzehnten Fußball-Geschichte verfügt der gebürtige Gießener Boris Möller über einen Wert, der für den Normalbürger kaum abzuschätzen ist.

Während Jay-Jay Okocha, Maurizio Gaudino und Anthony Yeboah für Eintracht Frankfurts Offensive wirbeln, sitzt der Jugendliche Boris Möller, Sohn des damals bekannten Gießener Fotografen Franz Möller, hinter dem Tor im Waldstadion.

»Bis ich 14 Jahre alt war, durfte ich hautnah am Spielfeldrand dabei sein, danach habe ich in Frankfurt immer wieder von der Tribüne aus zugesehen«, erinnert sich der heute 40-Jährige. Der Sohn des Fotografen bekommt hier und da ein getragenes Trikot von Spielern zugesteckt, avanciert zum Fan, kauft sich in den Folgejahren auf Flohmärkten Eintracht-Trikots.

Mit Anfang 20 gründet er eine virtuelle Trikotkasse. »Wenn ich 50 Euro geschenkt bekommen habe, wanderten die virtuell in die Kasse und damit in den Kauf des nächsten Trikots. Damals hätte ich nie gedacht, dass das überhand nimmt.« Heute besitzt der gebürtige Gießener eine Trikotsammlung, die er selbst auf einen Wert im mittleren fünfstelligen Bereich schätzt.

Über rund 400 Trikots verfügt der Eintracht-Anhänger, 350 davon ziert der Adler. Auf seiner Homepage stellt Möller selbst eine Prioritätenliste seiner Sammlung vor.

Eintracht Frankfurt (SGE): Besondere Sammlung mit über 400 Trikots in Gießen

Auf Platz eins steht das getragene Nationaltrikot von Jerome Boateng aus dem WM-Finale 2014. Da sein Vater in diesem Jahr verstarb und Boris Möller zusammen mit seinem Bruder zur WM nach Brasilien reiste, hat es »emotional und persönlich eine hohe Bedeutung«.

Auf Rang zwei: Ein von Diego Maradona getragenes Nationaltrikot Argentiniens aus dem Jahr 1993, dahinter folgt Peles getragenes und unterschriebenes Nationaltrikot Brasiliens aus den 70ern.

Ebenfalls im Besitz von Boris Möller: Die drei getragenen Trikots der Eintracht-Akteure Kevin-Prince Boateng, Ante Rebic und Mijat Gacinovic aus dem DFB-Pokal-Finale gegen die Münchner Bayern im Sommer 2018.

Möller hat mit seinem Trikotgut die etwas andere Altersvorsorge betrieben - hat allerdings keine Verkaufsgedanken. »Ich bekomme immer wieder persönliche Anfragen. Aber die Trikots steigern ihren Wert, je älter sie werden.« Zudem: »Geld spielt für mich in dieser Sache keine Rolle - wenn mir jetzt jemand für die gesamte Sammlung 50 000 Euro bieten würde, dann würde ich sie dennoch niemals verkaufen.«

Neulich habe er ein Nationaltrikot von Siggi Held aus dem Jahr 1974 per Post geschickt bekommen. »Ich mache das Paket auf und du siehst ein vergilbtes Trikot mit einer Beflockung, die aussieht, als ob Oma es draufgenäht hätte.« Dafür habe er rund 1200 Euro bezahlt.

»Da schüttelt meine Freundin nur den Kopf und sagt, sie würde diesen Lappen wegschmeißen«, erzählt er lachend. »Aber sie kennt sich mittlerweile auch aus und unterstützt mich.«

Von der Sammelsucht könnte sie Boris Möller vermutlich ohnehin nur schwer loseisen. Der 40-Jährige, der einst für den TSV Allendorf/Lahn und den TSV Kleinlinden spielte, die Ricarda-Huch-Schule besuchte und trotz seines aktuellen Wohnorts Köln noch viele Kontakte nach Gießen hat, kommt beim Aufzählen der notwendigen Trikotsammlungen kaum hinterher.

Eintracht Frankfurt (SGE): Trikot-Sammler hat zig Tausende Angebote

»Früher war das adidas-Logo auf dem Eintracht-Trikot mal links, mal rechts, mal in der Mitte. Dann war der Adler mal links, mal rechts. Das Höchst-Logo des Sponsors wurde mal quer und mal gerade aufgetragen, es gab Langarm- und Kurzamshirts. Mittlerweile bin ich so verrückt, dass ich beispielsweise aus dem Jahr 1985 alle Trikotvarianten brauche. Kleine Details können den Wert enorm steigern.« Der Markt existiert schon lange, hat in den letzten Jahren aber zugenommen. Was sich früher auf Sammlerbörsen oder Flohmärkten abspielte, hat sich nun ins Internet verlagert.

Groß angelegte Charity-Auktionen, wie jene, bei der das von Toni Kroos getragene Trikot vom WM-Endspiel 2014 für 31 000 Euro veräußert wurde, oder zig Tausende Angebote auf eBay-Kleinanzeigen - das Interesse sei da, versichert Möller. »Jeder Profiverein hat zwei, drei Sammler in meiner Größenordnung.«

Wie kommt Möller an die Flut an einst getragenen Originaltrikots »mit Spiel- und Kampfspuren«? Teils durch Ersteigern, vor allem aber auch dank privater Kontakte. »Meine Sammelleidenschaft hat sich herumgesprochen.« Von Trainern und Spielern bekommt er Trikots, Familien von ehemaligen Eintracht-Größen versorgen ihn immer wieder, genauso wie Lieblingsrestaurants der Spieler.

Die Unikate wandern in Möllers kreiertes Trikotmuseum, in der sich mittlerweile sechs Dekaden Fußballgeschichte tummeln. »Eines Tages«, sagt Boris Möller, »möchte ich das alles gerne vererben.«

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