»Ein seltsames Spiel«

Auch das Rückspiel gegen PS Karlsruhe ging für die Gießen 46ers verloren. 90:104 (39:45) hieß es am Samstag. Ausgerechnet vor einer Rekordkulisse zeigte der Basketball-Zweitligist eine schwache Leistung. Über die Gründe dafür wurde rund ums Spiel heiß diskutiert.
Es war die erste Niederlage nach zuvor fünf Siegen in Folge für die Lahnstadt. Gießen fällt somit auf Platz vier zurück. Karlsruhe machte Boden im Kampf um einen hinteren Playoff-Platz gut. 2360 Zuschauer waren in die Osthalle gekommen, die damit so gut gefüllt war wie noch nie seit Ausbruch der Corona-Pandemie. 37 kassierte Punkte im Schlussviertel brachten die Hausherren dabei aber auf die Verliererstraße.
Einer der Sieger aufseiten der Karlsruher war Maurice Pluskota. Der Ex-46er markierte 28 Punkte und neun Rebounds. »Es ist immer schwer in Gießen. Wir wussten, dass wir alles würden geben müssen.« Gesanglich wurde der Center seitens der Fans im Schlussviertel nicht gerade mit Samthandschuhen angepackt. »Das hat schon wehgetan. Ich hätte einen anderen Empfang erwartet«, so »Mo«, der dann wenig später vor der Halle aber freundlich von rund 20 Gießenern begrüßt wurde und über die 40 Spielminuten fachsimpelte.
Zum Reden gab es allerhand. Die beiden Coaches gingen auf die Linie des Schiedsrichtergespanns ein, wobei Gästetrainer Aleksandar Scepanovic den Anfang machte: »Manchmal glaube ich, ich verstehe die Regeln nicht mehr. Die Kriterien für Pfiffe waren auf beiden Seiten seltsam. Es war ein seltsames Spiel.«
»Frenki« Ignjatovic pflichtete bei: »Ich wollte zu den Referees eigentlich nichts sagen. Aber wenn mein Kollege den Anfang macht…“, begann der 46ers-Übungsleiter eine längere Ausführung zum Thema. »Solche Pfiffe würde ich mir auswärts auch mal wünschen«, so der Tenor.
Wie gut oder schlecht die Leistung der Unparteiischen wirklich war, sei dahingestellt. Leute vom Fach in der Osthalle stellten dem Gespann ein gutes Zeugnis aus. Fakt war jedenfalls, dass die 46ers mit der Linie deutlich schlechter zurechtkamen. »Wir müssen darüber nicht reden. Worauf es ankommt, das ist unsere Leistung«, bezog Guard Karlo Miksic nach der Pleite Stellung. »Uns fehlte es an Rhythmus, ihre Dreier haben uns gekillt.«
Tatsächlich traf Karlsruhe 44 Prozent seiner Distanzwürfe. Schwerer wog, dass sie Gießen - dem besten Dreipunkteteam der Liga - diesen Wurf am Samstag nahmen. PS verteidigte die Dreierlinie gallig. Die 46ers schalteten offensiv zu langsam um, weshalb man auch unterm Brett gegen eine Mauer lief, die nicht selten den Namen »Pluskota« trug.
Dennoch hätten die Hessen an einem normalen Tag sicher einmal mehr die Marke von 100 Punkten geknackt. Problematischer war, dass man nach
70:63-Führung kurz vor Ende des dritten Viertels mehrere Gänge zurückschaltete. Spielentscheidend war die Defensive. Zwischen der 34. und 39. Minute fing man sich 20 Punkte. Als mit Justin Martin einer der Topscorer in dieser Phase sein fünftes Foul kassierte und auf der Gegenseite Pluskota mit Foul zum 87:80 ablegte, war der Gießener Widerstand gebrochen. Da passte es, dass der Vorlagengeber mit Bazoumana Koné der zweite Ex-46ers im Reigen der Gäste war.
Abseits launiger Ausführungen zu den »Refs« war die defensive Leistung auch für Ignjatovic Dreh- und Angelpunkt der Niederlage. Mit ernster Miene setzte er zur Tiefenanalyse an: »Die letzten Wochen mit den Siegen waren für das Team sicherlich schön. Es ist aber ein roter Faden durch die gesamte Saison, dass das nicht die Defense ist, die ich sehen will.« Im Training drehe man an allen Stellenschrauben: »Aber wenn du zu Hause 104 Punkte kriegst, musst du über nichts anderes sprechen. Die spannende Frage jetzt ist, ob wir in der Lage sind, besser zu verteidigen. Bleiben wir auf diesem Level, brauchen wir über Playoffs nicht zu reden.«
Verteidige man besser, sei ihm am Ende egal, ob man als Dritter oder Achter ins Ziel gehe: Auch »die Fans, die uns heute toll unterstützt haben, verdienen eine schlauere und bessere Verteidigung«.
Bei dieser Vielzahl an Baustellen ist es nicht verwunderlich, wenn nicht nur PS-Trainer Scepanovic mit dem Gefühl nach Hause ging, einem »seltsamen Spiel« beigewohnt zu haben. Spannend zu beobachten sein wird auch, wie sich die Rotation auf den deutschen Positionen mit der Nachverpflichtung von Enosch Wolf entwickelt. Will man wieder regelmäßig deutlich über 2000 Fans in die Osthalle locken, wird sich das Team steigern müssen.
Nächste Gelegenheit dazu ist gleich am Samstag zu Hause im Duell gegen Dresden, gegen die das Hinspiel übrigens auch verloren wurde. - Gießen: Barnes (18), Brauner (22), Wolf, Fundic (17), Figge (2), Kahl (3), Cvorovic (7), Martin (7), Strangmeyer, Nyama (3), Miksic (11). - Karlsruhe: Omojola (3), Koné (7), Cabbil (23), Shungu (4), Karacic (10), von Waaden, Cugini (8), Bajo (12), Albus (9), Pluskota (28).
