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Das Halbjahreszeugnis - Versetzung gefährdet

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Von: Ralf Waldschmidt

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Der Bundesliga-Kurs der HSG Wetzlar von Februar 2022 bis Dezember 2022. © Imago Sportfotodienst GmbH

Till Klimpke (Tor): Auf der Suche nach mehr Kontinuität hat der 24-Jährige bei einem Spielzeit-Anteil von gut 66 Prozent den Mittelhessen punktuell, aber weniger häufig als erhofft helfen können. Verbesserungspotenzial ist bei Würfen von Außen notwendig, hier sind ein Niklas Landin und Johannes Bitter noch immer das Maß aller Dinge. Hinter einem sich ständig verändernden Innenblock ist die Fernwurfquote von 50 Prozent gehaltener Bälle aber außerordentlich gut.

Aus dem Talentstatus muss das Eigen- gewächs in der Rückserie aber herauswachsen. Note: 3+

Anadin Suljakovic (Tor): Gut 4,5 Stunden zwischen den Pfosten, sind die Leistungsdaten als Klimpke-Backup durchschnittlich, aber ins Blickfeld rücken konnte der gebürtige Bosnier nicht. Außer beim ersten Saisonsieg mit einem halben Dutzend Glanztaten in Hamm. Note: 3-

Lukas Becher (Linksaußen): Die Nummer zwei hinter Emil Mellegard. In der Abwehr schnell auf den Beinen und temporär vorgezogen in der 5:1-Deckung, fehlen ihm im Angriff Selbstvertrauen und damit Durchschlagskraft. Die Wurfquote liegt bei fast 60 Prozent, wenn er sich mal mutig einen Eins-gegen-eins-Wurf nimmt oder freigespielt wird. Sein Tempo wird im Gegenstoß zu selten genutzt. Note: 3-

Emil Mellegard (Linksaußen): Der Dauerläufer mit der Pferdelunge, der in der offensiven Deckung die Laufwege erkennt und schließt, zu oft aber seine freien 100-prozentigen Wurfchancen vergibt. Dem 1,95 m großen Schweden täte zudem eine breite Brust hinsichtlich seiner Körpersprache gut. Auch seine Sprintstärke kommt im Wetzlarer Spiel zu selten zum Tragen. Note: 2-

Domen Novak (Rechtsaußen): In Abwehr wie Angriff zuverlässig, ohne der einen oder anderen Partie seinen Stempel aufgedrückt zu haben. Zwei Drittel seiner Würfe gehen ins Tor, 21 verwandelte Siebenmeter und beim 32:24 gegen den TVB Stuttgart viermal erfolgreich. Note: 3

Lars Weissgerber (Rechtsaußen): Solide und tempostark - aber eben ohne das Björnsen-Charisma und dessen Qualität in der Absprache mit dem Halbspieler in der Abwehr. Mit Domen Novak bildet er ein verlässliches Duo auf der rechten Seite, muss aber noch an seiner Großchancenverwertung - wie das gesamte Wetzlarer Team - arbeiten. Note: 3

Adam Nyfjäll (Kreis): Die rein statistisch gesehen guten Werte übertünchen die nunmehr über Jahre hinweg erlittenen Qualitätsverluste am Kreis und im Innenblock. Der Kapitän hat in der Reihe der Klimpkes, Chalkidis’, Kristjanssons, Kohlbachers und Lindskogs noch Luft nach oben, im Zentrum sollten auch die Klesniks, Lindskogs und Forsell Schefverts der Maßstab sein. Die fast 83 Prozent Wurfquote sagen viel über statistische Werte aus. In 16 Partien nur 41 Würfe auf das gegnerische Tor abgegeben zu haben, zeigt die Mängel im Kreisläufer- und Kleingruppenspiel der Mittelhessen - das sind nur gut 2,5 pro Partie (!). Note: 3-

Erik Schmidt (Kreis): Als Nachfolger von Routinier Felix Danner ist der Ex-Europameister noch nicht in die erwartete Rolle des Abwehrchefs gewachsen. Der 36-Jährige wirkt selbst stark verunsichert, kann somit den zahlreichen jungen Spielern im Team nicht die erhoffte Hilfestellung geben. Auch offensiv ist der 2,04-m-Hüne trotz seiner augenscheinlichen Lufthoheit mit Ausnahme der Sieben-Tore-Gala gegen den TVB Stuttgart hinter den Erwartungen geblieben. Note: 4-

Lenny Rubin (Rückraum links): Der Leistungsträger schlechthin, der - im Gegensatz zur Wandschneider-Ära - nahezu 60 Minuten in Angriff und Abwehr gefordert ist und auch gefordert sein will. In der Defensive zuweilen sogar im Mittelblock. In der Bundesliga ist eine so große Last auf einen einzelnen Akteur eher eine Seltenheit. So kommen zu seinen 86 Treffer auch 69 Fehlwürfe (!) und 26 (!) technische Fehler. Weniger wäre mehr, um gut dosiert (wie in der letzten Wandschneider-Phase) die Effektivität wieder zu erhöhen. Note: 2-

Hendrik Wagner (Rückraum links): Der Jung-Nationalspieler ist als Wunschspieler von Ex-Coach Benjamin Matschke mit großen Hoffnungen an sich selbst und an ihn zur HSG Wetzlar gekommen, hat diese aber bei weitern nicht erfüllen können. In der Abwehr sind das emotionale Hochreißen der Arme nach einer gelungenen Aktion zwar eine bedeutende Push-Nachricht, im Grunde aber muss mehr kommen. Vor allem im Angriff, wo der 25-Jährige erstens Lenny Rubin kaum entlasten kann und zweitens erhebliche Mängel im Entscheidungsverhalten aufweist. Folge: Nur 29 Treffer bei 31 Fehlwürfen. Note: 4-

Radojica Cepic (Rückraum): Der 20-jährige Neuzugang verfügt über großes spielerisches Potenzial und ist zudem unerschrocken. Ein Spieler für die Zukunft. Ob es für die Gegenwart schon reicht? Das Oberhaus vergibt keinen Welpenschutz. Das Risiko war allen bewusst. Note: 4

Magnus Fredriksen (Rückraum Mitte): Nach seinem Ausfall Anfang November war das Wehklagen groß. Aber der »Wandschneider«-Shootingstar war bis dahin zehn Spieltage lang mit der größte Unsicherheitsfaktor im Wetzlarer Spiel. Anstatt das Team zu führen, die jungen neuen Kräfte an die Hand zu nehmen, produzierte der Norweger technische Fehler am laufenden Band. Bleibt zu hoffen, dass Neu-Trainer Hrvoje Horvat mit seiner kroatischen Balic-Modric-Note in der Rückrunde den Spielmacher wieder in die Spur bekommt. Note: 5

Jonas Schelker (Rückraum mitte): Eigentlich gekommen, um zu lernen, steht der junge Schweizer in Anbetracht der Fredriksen-Schwäche von Saisonbeginn an in einer Verantwortung, die er noch nicht übernehmen kann. Wenn die beiden Spielmacher eines Erstligisten zusammen 64 (!) technische Fehler, aber nur 44 (!) Assists produzieren, sagt dies einiges über die vorhandenen Problemzonen aus. Note: 4

Vladan Lipovina (Rückraum rechts): Die Integration des Rückkehrers ist weder dem Trainerteam noch ihm selbst bislang gelungen. Der Linkshänder tut sich gegen versetzt stehende Abwehrreihen schwer und hat defensiv Absprache-probleme. Für einen Akteur, der sich überwiegend über erfolgreiche Abschlüsse definiert, ist eine 43-prozentige Wurfquote entmutigend. Daher überrascht es schon, dass er zusammen mit Lenny Rubin Assist- geber Nummer eins (je 32) im Team ist. Was wiederum die Regiefrage aufwirft. Note: 4-

Jovica Nikolic (Rückraum rechts): Der nächste Neue in der selbstgewählten »Ausbildungskompanie«, der erst erkrankt und dann verletzt war. Auch der Serbe hat Potenzial, vor allem physisch im Eins-gegen-eins-Spiel. Wo Geduld gefragt ist, oft aber übermütig und somit fehleranfällig. Das wird in der Bundesliga brutal bestraft. Note: 4

Benjamin Matschke (Ex-Trainer): Das »Vier-Tage-Projekt« sowie die »Immer-alles-Beschönigen-Mentalität« sind gescheitert. Der Trainer hätte bezüglich der Kaderplanung einerseits nicht jede Entscheidung klaglos abnicken dürfen; andererseits ist es ihm nicht gelungen, die individuellen Stärken eines jeden Einzelnen in die Summe als Ganzes zu kanalisieren. Note: 4-

Jasmin Camdzic (Sportlicher Leiter): Keine Frage, der ehemalige Co- und zwischenzeitliche Cheftrainer steht als Sportlicher Leiter in der Verantwortung. Angelehnt an die oben erwähnte Spielzeit 2006/2007 mit Matosevic, Mitkov, Ivankovic und Vucicevic im seinerzeitigen Wetzlarer Team ist die Abkehr von der skandinavisch geprägten Björnsen-Schefvert-Lindskog-Ära wieder hin zur Novak-Cepic-Nikolic-Ausrichtung eine neue spielstrategische Ausrichtung. Keine Frage. Note: 3-

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