1. Gießener Allgemeine
  2. Sport
  3. Lokalsport

Das fußballverrückte Trainerduo

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Peter Froese

Kommentare

DanielMarxYannikPauli6_1_4c
Das Trainerduo der TSF Heuchelheim: Daniel Marx (l.) und Yannik Pauli. © Peter Froese

Seit der Spielzeit 2021/22 wird Fußball-Gruppenligist TSF Heuchelheim von einem Trainerduo betreut. Daniel Marx und Yannik Pauli haben gemäß der Tradition des Vereins bei der Trainerwahl jede Menge »Stallgeruch«. Mit neuen Ideen sorgen sie für frischen Wind bei den zuletzt erfolgreichen TSF.

Der sportliche Erfolg der TSF Heuchelheim in der Fußball-Gruppenliga ist trotz gelegentlicher Rückschläge wie zuletzt bei den Niederlagen gegen den VfL Biedenkopf (3:4) und die Spvgg. Leusel (2:4) vorprogrammiert. Grund für diese Zeitung, sich einmal ausführlich mit den beiden im positiven Sinne fußballverrückten TSF-Trainern zu unterhalten.

Zusammen mit dem FC Burgsolms, dem VfL Biedenkopf und dem SSC Burg zählen die TSF aktuell zu den vier Mannschaften, die als Kandidaten auf die beiden Plätze zum Aufstieg in die Verbandsliga Mitte berechtigen. Wie sehen Sie Ihre Mannschaft im Vergleich zu den anderen drei Teams aufgestellt?

Yannik Pauli: Wir haben bereits sieben Punkte Rückstand auf Rang zwei, aber nur fünf Zähler Vorsprung zum zehnten Tabellenplatz. Die Spitzenteams aus Burgsolms und Biedenkopf haben sich ein gutes Polster erarbeitet, während wir eher nach unten als nach oben schauen müssen.

Daniel Marx: Der FC ist ein über die Jahre eingespieltes Team, dass derzeit sogar ohne Torjäger Rick Schmidt auskommen muss. Sie spielen einen routinierten Fußball und lassen in der Defensive nur wenig zu. Der VfL verfügt über sieben Akteure mit Hessenligaerfahrung. Der SSC spielt einen attraktiven und mutigen Ball, hat aber nicht einen so breiten Kader wie die beiden Konkurrenten. Wir haben auf vielen Positionen eine gute Breite im Kader. Unsere Stärke liegt im Kollektiv.

Ist der Aufstieg in die Verbandsliga Mitte für den Verein, die Mannschaft und das Trainerduo überhaupt das Ziel?

Marx: Dies war ehrlich gesagt bislang kein Thema. Ich strebe als Trainer nach dem Maximum und könnte mit einer Entscheidung, auf einen sportlich errungenen Aufstieg zu verzichten, nicht gut leben.

Pauli: Unser erklärtes Ziel ist ein guter Platz im Mittelfeld. Wir tun gut daran, auf dem Boden zu bleiben. Mannschaft und Trainer wollen immer das Bestmögliche erreichen, aber man muss auch die Belange des Vereins berücksichtigen. Der Schritt von der Gruppenliga in die Verbandsliga ist sehr groß.

Was ist die Ursache für die Leistungsexplosion Ihrer Mannschaft - nach der es nach dem dürftigen Saisonstart (vier Punkte aus fünf Spielen) nicht aussah?

Marx: Bei den TSF gab es vor der Saison einen größeren Umbruch. Wir haben neue Spieler geholt, die zuvor noch in der A-Klasse gespielt haben. Auch ein Trainerduo Marx/Pauli musste sich erst einpendeln. Ein gutes Gespräch mit dem gesamten Team hat uns nach dem fünften Spieltag auf den richtigen Weg gebracht.

Pauli: Trotz einer guten Vorbereitung bedurfte es seiner Zeit, bis jedes Rädchen in das andere gegriffen hat. Wir agieren nach dem schleppenden Start nun mutiger im eigenen Ballbesitz und suchen stets spielerische Lösungen, was unserem Spiel und dem Selbstvertrauen der Spieler gut tut.

Was zeichnet Ihre Arbeit als Trainerduo aus, wie sind die Aufgaben verteilt?

Pauli: Wir kennen uns viele Jahre und haben bereits gemeinsam Jugendteams trainiert. Daher wissen wir, wie der andere tickt. Wir sind beide im positiven Sinne fußballverrückt. Wir tauschen uns täglich über Trainingsformen, Spieler oder neue Ideen aus. Da sich unsere Art, über den Fußball zu denken, deckt, fällt es leicht, an einem Strang zu ziehen.

Marx: Vor der Saison haben wir ein Trainer-Trainingslager in einer Ferienwohnung gemacht und uns ein ganzes Wochenende Zeit genommen, unsere gemeinsamen Prinzipien zu erarbeiten. Wir wollen bestmöglich vorbereitet ins Spiel gehen und schauen uns die Gegner mindestens einmal an. Für die Detailplanung einer Trainingseinheit treffen wir uns 90 Minuten vorher. Eine inhaltliche Aufteilung gibt es nicht. Jeder kann seine Ideen in jeder Einheit einbringen.

Beschreiben Sie bitte einmal, wo die Stärken und Schwächen Ihres Trainerkollegen liegen.

Pauli: Daniel ist wahnsinnig akribisch. Er stellt in jedem Spiel die Systeme gegenüber und hinterfragt deren taktische Ausrichtung. Er sieht nicht nur das große Ganze, sondern gibt den Spielern individuelle Ratschläge. Seine Ansprachen sind ein guter Mix aus sachlicher Information und motivierenden Worten an die Spieler. Daniel ist sehr ehrgeizig und detailversessen. Er kann penetrant sein und geht zur Erreichung seiner Ziele anderen auch schon mal auf die Nerven (lacht). Dies ist aber stets für andere die Chance, sich noch zu verbessern.

Marx: Yannik kann ein Spiel schnell lesen und erkennt Stärken und Schwächen beim Gegner. Er ist akribisch und fordernd in seiner Arbeit mit den Spielern. Er hat trotz seines jungen Alters keine Scheu vor Ansprachen. Hier kommt ihm die Erfahrung im Familienbetrieb, wo er seit Jahren Personalverantwortung hat, zugute. Das Regeneration im Seniorenbereich eine größere Rolle als im Jugendbereich hat, musste er erst lernen. Wir sind beide schlechte Verlierer (lacht). Hin und wieder müssen wir uns gegenseitig am Spielfeldrand disziplinieren. In den letzten Wochen fehlten uns die Torleute im Training, sodass wir diese Position eingenommen haben. Yannik ist der deutlich schlechtere Keeper (lacht).

Wie ist Ihr Verhältnis zur Mannschaft und welche Spieler sehen Sie als Bindeglied zwischen Mannschaft und Trainerduo?

Pauli: Zu unseren Regeln zählt, dass wir uns nie vor der Mannschaft widersprechen. Wenn wir anderer Meinung sind, dann besprechen wir dies unter vier Augen. Jeder bringt seine Argumente vor, um anschließend wieder gemeinsam in eine Richtung zu gehen. Wir haben ein offenes Ohr für die Spieler und tauschen uns regelmäßig mit ihnen aus.

Marx: Wir haben einen kooperativen Führungsstil und beziehen die Spieler so oft wie möglich ein. Am Ende treffen wir die Entscheidungen. Bei Meinungsverschiedenheiten hilft meist das Gespräch. Wir sind eng an der Mannschaft dran und verstehen uns als Teil des Teams. Bindeglieder sind Spieler mit langer Vereinszugehörigkeit wie Nico Lotz, Tobias Schmitt, Andreas Klan, Kevin Kaus, Kevin Kießwetter und Tim Kreiling, um nur einige zu nennen.

Wie schaffen Sie es, trotz auch erheblicher Ausfälle im Gegensatz zu anderen Vereinen dennoch immer wieder eine schlagkräftige Elf auf den Platz zu bekommen?

Marx: Auf den meisten Positionen haben wir durch unseren breiten Kader viele gleichwertige Alternativen. Lediglich in der Innenverteidigung haben wir durch die Ausfälle von Nico Lotz, Tim Kreiling, Felix Lau und Lorenz Krah derzeit eine Situation, die nur schwer zu kompensieren ist.

Pauli: Nach dem Abbruch der Vorsaison und der langen Pause waren Verletzungen zu befürchten. Wir haben uns bewusst nicht nur in der Tiefe, sondern auch in der Kaderbreite verstärkt. Dies hat das Trainingsniveau gehoben. So können wir Jungs auf den Platz bringen, die unser absolutes Vertrauen haben. Viele Spieler können mehrere Positionen spielen, was uns flexibler macht und Ausfälle besser kompensieren lässt.

Wo sehen Sie noch Verbesserungspotenzial?

Pauli: Grundsätzlich sind wir sehr zufrieden. Es geht nur um Details, die wir intern mit der Mannschaft oder unserem Sportlichen Leiter Dirk Leib besprechen.

Marx: Es wäre schön, wenn sich angeschlagene Spieler von sich aus Arzt- oder Behandlungstermine suchen würden, ohne dass wir dies anstoßen müssen. Ansonsten haben wir uns im Trainerteam und mit unserer Sportlichen Leitung gut eingependelt.

Für den Fall eines Aufstieges: Was müsste sich ändern oder wieso sollte sich nicht allzu viel verändern?

Marx: Derzeit sehe ich dieses Thema nicht. Punktuell müssten wir uns dann aber sicherlich noch verstärken.

Pauli: Wir sammeln weiter fleißig Punkte und würden uns freuen, wenn wir uns auch am Ende der Saison im oberen Tabellendrittel finden würden. Alles weitere ist Zukunftsmusik.

Auch interessant

Kommentare