»Brutal schwer«, etwas zu holen
(mro). Verkehrte Welt, wenn am Sonntag um 17 Uhr die HSG Nordhorn-Lingen in der Emslandarena in Lingen den TV 05/07 Hüttenberg am dritten Spieltag der 2. Handball-Bundesliga der Männer empfängt. Denn die furios in die Saison 2021/22 gestarteten Mittelhessen reisen als Tabellenführer an und stehen damit dort, wo man eigentlich den weiterhin stark besetzten Erstliga-Absteiger erwartet.
Der Saisonauftakt : Nach dem Überraschungscoup bei Absteiger Eulen Ludwigshafen veredelte der TVH diese nicht eingeplanten zwei Punkte bei der Heimpremiere mit dem deutlichen 31:20-Sieg gegen Ferndorf - endlich wieder vor Fans. Ein wichtiges Zeichen gegen einen Gegner, den man zu den Mannschaften zählen muss, die die Blau-Weiß-Roten am Saisonende hinter sich lassen sollten. Denn abheben ist Trainer Johannes Wohlrab fremd. »Das sind vier Punkte zu unserem Ziel, mindestens 30 zu holen«, lässt ihn auch die Tabellenspitze nach dem zweiten - von 38 - Spieltagen nicht den Blick verklären. Die Art und Weise aber, wie diese errungen wurden, stimmt durchaus optimistisch. Die Teenies Philipp Schwarz, Niklas Theiß und Tristan Kirschner hatten in der zweiten Halbzeit, nicht nur mit zusammen neun Toren, sondern auch ihrem Auftreten, einen großen Anteil am Sieg. Und Dominik Mappes ist auch in seiner Heimat der Taktgeber, bestimmt das Tempo, vollstreckt selbst oder findet auch immer wieder in Kleingruppen erfolgreiche Lösungen. Dominik Plaue, nach dem Karriereende von Nikolai Weber zur Nummer eins aufgestiegen, führt - hinter der aktuell besten Abwehr - zudem das Liga-Ranking der Torhüter mit 39 Prozent gehaltener Bälle an. Der gegen Ferndorf stark auftrumpfende Hendrik Schreiber ist mit einer starken Erkältung bis einschließlich Samstag krankgeschrieben. Sein Einsatz ist allerdings fraglich.
Gegner Nordhorn-Lingen, wie Ludwigshafen im Sommer abgestiegen, startete mit zwei Auswärtsspielen in die Saison. Zum Auftakt wurden die Emsländer vom starken Neuling HC Empor Rostock überrascht, als man nur magere 19 Tore erzielte. Mit einem 28:24-Sieg beim Derby in Emsdetten, dem Wohnort von Trainer Daniel Kubes, rehabilitierte man sich aber.
Der nächste Absteiger: Der Kader der HSG Nordhorn-Lingen ist beeindruckend. In allen Mannschaftsteilen kann Daniel Kubes, langjähriger Bundesliga-Kreisläufer, Nationalspieler und auch -trainer Tschechiens, auf gehobene und routinierte Klasse setzen. Das beginnt mit dem starken Torhütergespann Bart Ravensbergen, der sich allerdings kurzfristig einer Bandscheiben-OP unterziehen musste, und Björn Buhrmester. Auch die Kreisläuferposition ist mit Luca de Boer, Dominik Kalafut und dem Ex-Wetzlarer Nils Torbrügge erstklassig besetzt. Im Rückraum ergänzten im Sommer der Erstligaerfahrene Daniel Fontaine und Linkshänder Johannes Wasielewski, der allerdings nach einem Mittelfußbruch genauso fehlen wird wie sein Positionskollege Julian Possehl, die Reihe um den Ex-Hüttenberger Markus Stegefelt oder 100-kg-Mann Georg Pöhle. Und auf den Außen wirbeln unter anderem die erfahrenen und kaltschnäuzigen Lasse Seidel und der Österreicher Robert Weber, der in seinen zehn Jahren in Magdeburg 2015 Erstliga-Torschützenkönig wurde und mit 2454 Toren zu den fünf erfolgreichsten Torschützen der Handball-Bundesliga-Geschichte gehört.
Fortsetzung des Höhenflugs? »Wir hatten einen super Saisonstart. Aber nun kommt Nordhorn mit vielleicht dem stärksten Kader der 2. Liga«, blickt Trainer Wohlrab auf die Aufgabe. »Wir müssen noch konzentrierter und fokussierter sein, weil es brutal schwer ist, in Nordhorn etwas mitzunehmen. Ich glaube, wenn wir das schaffen, können wir vielleicht auch dort etwas holen«, sieht er dennoch sein Team mit Chancen. »Sie haben etwas andere Ansätze, spielen mit sehr vielen Auftakthandlungen und Übergängen. Wir werden in der Abwehr sehr konzentriert sein müssen. Das ist eine Top-Mannschaft, aber wir sind aktuell gut drauf.«