Aussprache mit Martin

Beim knappen Gießener Sieg in Düsseldorf war US-Forward Justin Martin am Samstag während des Spiels suspendiert worden. Wie es weitergeht, entscheidet sich am Dienstag. Manager Kollmar und Coach Ignjatovic glätten die Wogen - noch.
Der Basketball-ProA-Zweitligist sprach nach dem Auswärtssieg, durch den die Gießen 46ers im Playoff-Rennen bleiben, bei Martin von »Knieproblemen«. Laut Manager Jonathan Kollmar war das nicht komplett erfunden, »er ist ausgerutscht.« Für Verwunderung bei den vielen mitgereisten Gießener Fans sorgte aber der Umstand, dass der 32-Jährige in der zweiten Halbzeit weder auf der Bank saß, noch nach der Partie an den Feierlichkeiten mit den Fans teilnahm.
Grund hierfür war eine disziplinarische Maßnahme, die laut Headcoach »Frenki« Ignjatovic eher einige Wochen zu spät getroffen worden sei. Verhalten und Leistungsabfall des ehemaligen Topscorers hatten bei den Fans schon seit Wochen für Verwunderung gesorgt. »Am Dienstag werden wir die Situation besprechen, bis dahin haben alle zwei Tage frei«, setzt der Serbe darauf, dass sich die Gemüter bis dahin abkühlen. Eine Entscheidung aus dem Bauch oder Affekt heraus lehnte er am Sonntagabend ab.
Keine Entscheidung aus dem Bauch
Auch Geschäftsführer Jonathan Kollmar versuchte, die Wogen zu glätten. Zur disziplinarischen Verbannung in die Kabine sagte er, dies sei alleine die Entscheidung des Coaches. Mit Bezug auf Martins jüngste Verfassung spricht er von mentalen Problemen, es sei »eher Kopfsache«. »Wenn er ansatzweise das zeigt, was er im Herbst gespielt hat, dann ist er genau der Spieler, der uns fehlt.« Viele Einzelgespräche hätten stattgefunden. Von einer anstehenden Trennung, wie es gerüchteweise hieß, war weder bei Kollmar noch bei Ignjatovic die Rede. Kapitän Nico Brauner zeigte sich überrascht, dass eine Handgreiflichkeit beim Spiel vor Weihnachten in Tübingen an die Öffentlichkeit geraten war, dementierte den Vorfall aber nicht. Brauner selbst war in Düsseldorf umgeknickt. Alles deutet auf eine Bänderverletzung hin, »entweder eine Dehnung oder ein Riss, wobei das was die Ausfallzeit anbelangt keinen großen Unterschied« mache, erklärt Ignjatovic. Am gestrigen Montag hat sich der Guard einem MRT unterzogen. Neben der Erkältungs- und Coronawelle, die den Club erfasst hat, ist das eine empfindliche Schwächung zur Unzeit.
Am Samstag gewann man nur, weil der vorher erkältete Jordan Barnes bei 40 Minuten Einsatzzeit ein fantastisches Spiel zeigte. »Wir können nur hoffen, dass Luis Figge zurückkommt«, sagt Ignajtovic. Auf einen weiteren deutschen Rotationsspieler können die Mittelhessen realistischerweise nicht verzichten. In der ProA müssen immer zwei Deutsche auf dem Parkett stehen.
Martins mysteriöse Entwicklung jedenfalls hatte die Gerüchteküche schon länger angeheizt. In der ersten Saisonhälfte war der Globetrotter, der schon in zwölf Ländern aktiv Basketball spielte, häufig Topscorer der Gießener. Der Forward ist ein klassischer »streaky shooter«. Ein Spieler also, der, wenn er heiß läuft, den Gegner im Alleingang aus der Halle schießen kann, aber darüber hinaus kein nennenswertes B-Spiel besitzt. Bei gegnerischen Trainern steht er schon länger im Ruf, nur auf Dreipunktewürfe zu setzen.
Zur Freude der 46ers war Martin gerade im November und Dezember aber meist »streaky«. Sein Kontakt zu den Fans war teils enthusiastisch. Bei Siegen freute er sich mit kindlicher Freude. Sein Sohn durfte dann stets mit aufs Parkett in der Osthalle und selbst mit dem Basketball spielen.
Neben vielen technischen Fouls, zu denen Martin zuletzt neigte, veränderte sich auch sein Spiel. Seit Ende Januar scorte er nur noch in einer Partie zweistellig. In Düsseldorf brachte er es in sieben Minuten auf einen Punkt. Als er in Halbzeit zwei zunächst fehlte, fiel das im Lichte der letzten Wochen spielerisch kaum auf. Auf der Bank wirkte Martin zuletzt oft geistesabwesend, desinteressiert. In seinem eigenen Interesse und in dem des ganzen Clubs bleibt zu hoffen, dass sich die Lage bald wieder entspannt. Eine Trennung kann in der gegenwärtigen Situation aber nicht ausgeschlossen werden.