Anmut und Grazie

(bz). Als der »weiblichste und schönste Sport für Mädchen« wird die Rhythmische Sportgymnastik (RSG) bezeichnet. Dass dies keine leere Floskel ist, bewiesen die 60 jungen Turnerinnen am vergangenen Samstag in der Sporthalle »Am Ried« in Gießen-Wieseck.
Als sich vor eineinhalb Jahren Julia Jurisic bei der TSG Blau-Gold Gießen vorstellte, staunte Vorsitzender Bernhard Zirkler nicht schlecht. Eine ehemalige russische Meisterin und ausgebildete Trainerin in der Rhythmischen Sportgymnastik »Master des Sports der Russischen Föderation«, hatte ihren Lebensmittelpunkt von Jekaterinburg nach Gießen verlegt und startete bei Blau-Gold den Aufbau einer Sportgruppe.
Inzwischen ist die Anerkennung erfolgt, Julia Jurisic besitzt die Trainerlizenz des DOSB und der Aufbau der Gruppe gestaltete sich äußerst erfolgreich. Zurzeit trainieren über 60 junge Mädchen in Vereinsräumen und Turnhallen - dem Wunsch nach einer Präsentation vor Publikum war der Vorstand gerne nachgekommen. Der Gießener Mehrspartenverein konnte damit eine Lücke im Turnverband schließen. Zwischen Frankfurt und Kassel entsendet seit Jahren kein hessischer Verein mehr Turnerinnen zu den Wettkämpfen der Rhythmischen Sportgymnastik.
Blau-Gold hatte zu einem Einladungs-Wettkampf die befreundeten Vereine aus Koblenz und Höhr-Grenzhausen eingeladen, um nach Jahrzehnten Stillstand erstmals in Gießen wieder einen RSG-Wettkampf zu präsentieren. Von sechs bis 13 Jahren war die Altersspanne der Disziplinen mit Keulen, Ball, Band oder ohne Gerät und für viele Nachwuchsturnerinnen war es das erste Turnier überhaupt. Entsprechend groß war die Nervosität und das eine und andere Gerät machte sich bei den Darbietungen selbstständig. Ingrid Hubing als Wettkampfleiterin und die Kampfrichterinnen Astrid List, Gerhild Fischer und Julia Jurisic von den beteiligten Vereinen waren von dem positiven Auftreten der jungen Mädchen angetan und das Publikum sparte nicht mit Applaus.
Den ersten Sieg für Blau-Gold errang die siebenjährige Annabelle Geiges ohne Gerät und mit Seil. Ohne Gerät musste sie zwar ihrer Vereinskameradin Olivia Janzen den Vortritt lassen, ihr souveräner Umgang mit dem Seil sicherte ihr aber den Pokal. Zweite wurde Olivia Janzen vor Stella Alberspach (beide Höhr-Grenzhausen) und den beiden Gießenerinnen Julietta Kuhl und Elina Wagner. Im Dreikampf bis acht Jahre mit Seil, Reifen und ohne Gerät ging der Sieg an die routinierte Natissa Konwerske aus Höhr-Grenzhausen vor den Gießenerinnen Ilinca Patras, die wiederum knapp vor Amelie Lesch und Anna-Sophie Klein platziert wurde.
Etwas Pech hatte Julia Trenina im Zweikampf mit Seil und ohne Gerät. Lag sie nach ihrer Übung ohne Gerät noch klar auf Platz eins, verhedderte sich bei der zweiten Übung das Seil und sie musste Punktabzüge hinnehmen. So blieb ihr der Silberpokal hinter Mila Butter aus Höhr-Grenzhausen, einem Leistungsstützpunkt in Rheinland Pfalz.
Die Koblenzer Mädchen dominierten den Vierkampf, es zeigten sich aber in den stark unterschiedlichen Bewertungen, wie eng das Starterfeld zusammenlag. Emma Graf und Alina Boos schlugen sich beachtlich und belegten von elf Starterinnen die Plätze fünf und sechs.
In einer eigenen Liga präsentierten sich die Turnerinnen aus der Ukraine, die sich den Vereinen angeschlossen hatten. Zum Teil waren die Mädchen in ihrer Heimat in Sportinternaten und hatten ein Trainingspensum von bis zu 32 Stunden in der Woche. Vor dem Wettkampf präsentierten sie ihre Küren ohne Bewertung und begeisterten sowohl das Publikum als auch den Turn-Nachwuchs mit ihren atemberaubenden akrobatischen Übungen. Als Alina Novikova ihr Band hochgeworfen hatte und es nach Spagat und Pirouette wieder fangen wollte, griff sie ins Leere. Das Band war unter der Decke an einer Verstrebung hängengeblieben. Sie nahm umgehend ein Ersatzband und führte ihre Übungen unbeirrt fort. Hier zeigte sich aber auch die Problematik der Gießener Wettkampfstätten. Nicht nur für Turniere, sondern auch für das Training gibt es keine Hallen, die die erforderlichen Höhen aufweisen.
Die acht bis zwölfjährigen Marilika Kobrina, Irina Gomoniuk, Khristina Nozriakova, Mariana Omilyanenko und Nastia Skliarova brannten derweil ein wahres Feuerwerk der Turnkunst ab und wurden begeistert gefeiert. Sie stellen auch für das RSG-Nachwuchstraining eine große Bereicherung dar und haben sich schon nach kurzer Zeit hervorragend integriert.
