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»Alle wollen nach Hause«

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Trainer Gintaras Savukynas und seine Spieler von HC Motor Zaporizhzhia würden nur zu gerne zurück in die Ukraine. IMAGO © Imago Sportfotodienst GmbH

(sid). Die Gedanken von Gintaras Savukynas waren zum Jahreswechsel in der Ukraine. Während die russischen Raketen weiter unaufhörlich einschlugen, wünschte sich der Trainer des in Düsseldorf gestrandeten ukrainischen Handballmeisters HC Motor Zaporizhzhia nichts sehnlicher als ein Ende des unvorstellbaren Leids. Ein Ende von Gewalt und Zerstörung, ein Ende der Tränen und des Blutvergießens.

»Ich wünsche mir, dass der Krieg endet, dass wieder Frieden in Europa herrscht, dass wir nach Hause zurückkehren und dort Handball spielen können«, sagte Savukynas. Das, so der mit seinem Team nach Deutschland geflüchtete Trainer, wäre das »bestmögliche Szenario« für 2023.

Seit Anfang der Saison darf Savukynas mit Zaporizhzhia dank eines Sonderspielrechts als Gaststarter in der 2. Liga mitmischen, ihre Familien sind sicher. Doch beim ukrainischen Serienmeister sehnen sie sich nach Normalität. »Alle Menschen, nicht nur wir Handball-Spieler, wollen nach Hause«, so Savukynas, doch ohne ein Ende des Krieges sei dies nicht möglich.

An einen normalen Spielbetrieb in der Ukraine ab kommendem Sommer glaubt er nicht. Seit Oktober spielen immerhin sechs Teams, darunter auch die zweite Mannschaft von Meister Motor, wieder. Zumindest ein kleiner Hoffnungsschimmer - nachdem die Liga seit dem russischen Angriff im Februar pausiert hatte. Sportlich hat sich Savukynas mit seinem Team in Deutschland inzwischen akklimatisiert. Zwar musste sich Zaporizhzhia erst an das schnellere Spiel gewöhnen, zuletzt holte Motor jedoch im Dezember fünf seiner insgesamt neun Zähler in der Liga und die ersten drei Punkte in der European League. International fehlen Zaporizhzhia zur Winterpause sogar nur zwei Punkte auf einen Playoff-Platz. »Ich glaube fest daran, dass wir das schaffen werden«, sagte Igor Turschenko, Rückraumspieler und Topscorer des Teams - mit 45 Treffern bester Torschütze der gesamten European League.

Auf der Suche nach einer neuen sportlichen Bleibe fuhr Motor-Manager Dmitry Karpuschenko im Sommer über 6000 Kilometer durch ganz Europa, um sich mit Liga-Verantwortlichen aus anderen Ländern zu treffen. Es klappte in Deutschland. Die Sportstadt Düsseldorf kümmert sich seitdem um die Spieler, organisierte ihnen und ihren Familien Unterkünfte und eine neue Heimspielstätte. »Wir fühlen uns sehr wohl hier und wollen die Saison so gut wie es geht beenden«, sagt Savukynas, der selbst aus Litauen stammt und den HC Motor erst im Sommer übernommen hatte.

Ein paar seiner Spieler werden die WM-Pause nutzen, um mit ihren Familien in die Heimat zu reisen. »Sie nehmen ein Risiko auf sich. Ein paar waren schon im Herbst da, sie wissen, was dort vor sich geht«, sagte Savukynas. Auch Manager Karpuschenko erlebte die Brutalität des Krieges, er verlor seine Mutter. »Sie war Krankenschwester und hatte zuvor nie Herzprobleme. Das haben die Raketen, Bomben und ständigen Alarme angerichtet«, so der 45-Jährige.

Sicher ist, dass der HC Motor sportlich im neuen Jahr alles reinlegen wird. Am 28. Januar geht es zum Rückrundenauftakt gegen Dormagen, in der European League warten am 7. Februar die international noch ungeschlagenen Füchse Berlin.

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