FC Gießen entdeckt die Offensive für sich

Die Basis für den ersten Heimsieg der Saison für den FC Gießen in der Fußball-Regionalliga Südwest: Mehr Offensivausrichtung, keine gefühlten sieben zentralen Mittelfeldspieler und Bewegung im Spiel.
Fußball kann einfach (herrlich) sein: Der FC Gießen löst im Angesicht der drohenden fünften Niederlage in Folge am Samstagnachmittag nach der Pause die Fesseln - und spielt sich in einen Rausch, der nicht nur den ersten Heimsieg der Saison bringt, sondern auch ständigen Applaus und Zwischenrufe wie »Das ist der Fußball, der ins Waldstadion gehört«, hervorruft.
Binnen zweier magischer Minuten drehte der FC Gießen nach dem 0:1-Pausenrückstand auf, traf nach mustergültiger Flanke von Kristian Gaudermann per Kopf durch Donny Bogicevic zum 1:1 (48.), ehe sich der auffälligste Gießener, Dennis Owusu keine 60 Sekunden später durch die halbe Balinger Hälfte dribbelte, ablegte auf Giuseppe Burgio und dieser mit all seiner Cleverness zum 2:1 (49.) ins linke Toreck traf.

»Das war das Geilste, da sind alle ausgerastet«, wusste Gießens Donny Bogicevic. Nach mehreren vergebenen Großchancen in Hälfte zwei machte Kapitän Nikola Trkulja in der 80. Minute schließlich den Deckel drauf, als er den Ball erst selbst eroberte und ihn dann aus rund 20 Metern ansehnlich ins Tor schlenzte.
FC Gießen: In fünf Spielen ein Tor, nun drei Treffer in einem Spiel
Der größte Druck ist nach dem 3:1 (0:1)-Sieg raus, die Negativserie beendet, der FC vorerst auf Platz 14 der Fußball-Regionalliga Südwest. Die ersten Heim-Tore sind auch da - nach fünf Partien hatte der FC einen Treffer vorzuweisen, nun kamen am Samstag gleich drei dazu.
Wie das geht? Indem der FC von der Fünferkette umstellte auf Viererkette, indem endlich einmal Offensivgeist zu sehen war und keine gefühlten sieben zentralen Mittelfeldspieler ähnlich Ertragloses fabrizieren.
Wir mussten einfach irgendwas machen.
»Wir mussten einfach irgendwas machen«, sagte Bogicevic, bezogen auf die Halbzeitsituation. Kristian Gaudermann und Giuseppe Burgio kamen für die defensiven Leonidas Tiliudis und Nikita Marusenko in die Partie und waren an beiden Treffern direkt beteiligt.
Trainer Daniyel Cimen: »Dass wir das Spiel in wenigen Minuten gedreht haben, das hat richtig gut getan. Danach haben sich die Jungs in einen kleinen Rausch gespielt. Dieses Tempo konnten wir nicht durchgehend gehen. Das einzige Manko war, dass wir nicht früher das 3:1 gemacht haben. Es war eine tolle zweite Halbzeit.«
Gäste aus Balingen hadern mit Minutenschlaf nach der Halbzeit
Gleichwohl wollte der Trainer die Trendwende nicht am veränderten System festmachen, sondern sagte: »Entscheidend war die Körpersprache nach der Pause. Da haben wir uns gegen die Niederlage gestemmt. Vielleicht hat heute gut getan, dass die Jungs gemerkt haben, dass wir nichts mehr zu verlieren haben« - eine Einstellung, mit der das Team öfter auftreten darf.
Die Gäste aus Balingen derweil haderten mit dem Minutenschlaf nach der Pause und mangelnder Spannung: »In dieser Liga können wir nur bestehen, wenn die Spannung auf einem sehr hohen Niveau ist - das war zeitweise nicht der Fall und dann wird es bestraft«, musste TSG-Trainer Martin Braun einräumen.
In Hälfte eins hatte sein Team nach einem Stocher-Tor von Simon Klotermann nach einer Ecke (16.) noch mit 1:0 geführt und wenig zugelassen - bis auf zwei, drei halbwegs gefährliche Distanzschüsse von Gießen ließen die Balinger Amateure wenig zu. »In der ersten Halbzeit hatten wir wenig Bewegung in unserem Spiel«, konstatierte Cimen,
Dieses Gefühl, dass wir es können und gewinnen, das war wichtig.
Erneut drohte der FC ohne große Offensivaktionen der nächsten Niederlage entgegenzusteuern - bis der neu entdeckte Offensivgeist das Team beflügelte. »Dieses Gefühl, dass wir es können und gewinnen, das war wichtig«, sagte Donny Bogicevic nach der Partie. Bereits morgen geht es für den FC dann beim VfR Aalen (19 Uhr) weiter - sollte Fußball wirklich einfach sein, dürfen Punkte erwartet werden: Aalen ist aktuell Tabellenletzter.
FC Gießen: Grbovic - Owusu (80. Münn), Tiliudis (46. Burgio), Fink, Reithmeir, Mohr - dos Santos, Marusenko (46. Gaudermann) - Trkulja (84. Fisher) - Bogicevic (80. Sarr), Daghfous.
TSG Balingen: Hauser - Eisele, Schmitz, Vogler, Fritschi (69. Dierberger) - Ramser (76. Gaiser), Cabraja (82. Curda), Akkaya - Ferdinand, Almeida Morais (69. Seemann) - Klostermann. (76. Arutunjan)
Im Stenogramm: Tore: 0:1 (16.) Klostermann, 1:1 (48.) Bogicevic, 1:2 (49.) Burgio, 1:3 (80.) Trkulja. - Z.: 450. - SR: Philipp Hofheinz (Niefern).