Hessen in der Corona-Krise: Härteres Durchgreifen als in anderen Ländern

Hessen fährt in der Corona-Krise einen strikten Kurs. Das Land hat bislang nämlich weitaus weniger Lockerungen vorgenommen als seine Nachbarn.
- Die Corona-Fallzahlen in Hessen sind derzeit nicht akut besorgniserregend
- Dennoch hat das Bundesland bisher weniger Lockerungen eingeführt
- Fraglich bleibt, ob das Vorgehen in Hessen angesichts der niedrigen Ansteckungsrate sinnvoll ist
Wiesbaden - Die aktuellen Corona-Fallzahlen für Hessen zeigen, dass es inzwischen trotz Öffnung von Gastronomie und Einzelhandel verhältnismäßig wenige Neuinfektionen gibt. Gleichzeitig gelten in dem Bundesland noch immer strikte Beschränkungen, die die Verbreitung des Coronavirus* eindämmen sollen. Zum Beispiel sehen die hessischen Kontaktbeschränkungen weiterhin vor*, dass man sich im öffentlichen Raum lediglich mit Personen des eigenen Hausstands und eines weiteren Hausstands treffen darf. Letzteres war eine Lockerung, die nun schon einige Wochen her ist. Doch die Unterschiede zu den Regelungen anderer Bundesländer sind teils massiv.
Hessen: Strenger als andere Bundesländer bei den Corona-Lockerungen?
Laut den Corona-Lockerungen dürfen sich etwa im angrenzenden Rheinland-Pfalz ab dem 10. Juni wieder bis zu zehn Menschen treffen - die Anzahl der Haushalte spielt dabei keine Rolle. Und auch bei den südlichen Nachbarn in Baden-Württemberg dürfen wieder bis zu zehn Menschen aus mehreren Haushalten zusammenkommen - allerdings vorerst nur in privaten Räumen. Sind einige der Anwesenden verwandt oder leben zusammen, dürfen es sogar mehr Personen sein. Im Freien gelten in Baden-Württemberg, aber zum Beispiel auch in Bayern und Thüringen, ähnliche Regeln wie in Hessen.
Hessen: Niedersachsen geht liberaler mit Corona-Lockerungen um
Hessens nördliche Nachbarn in Niedersachsen gehen liberaler mit den Corona-Lockerungen um. Ab Montag (08.06.20) dürfen sogar wieder Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen mit 50 Personen besucht werden. Solange dort die Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden, sind sogar kulturelle Open-Air-Veranstaltungen mit bis zu 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmern erlaubt. In Nordrhein-Westfalen dürfen sich Gruppen mit bis zu zehn Personen in der Öffentlichkeit treffen. Immerhin sind in Hessen Versammlungen bis zu 100 Personen - etwa zum Zweck einer Demonstration - grundsätzlich ohne Genehmigung erlaubt, solange ein Hygiene- und Abstandskonzept der Veranstalter vorliegt.
Corona-Lockerungen im Ländervergleich: Hessen besonders strikt
Dass Hessen im Vergleich zu den strikteren Bundesländern gehört, spiegelt sich auch in anderen Regelungen wider. Zum Beispiel bei den Besuchen in Alten- und Pflegeheimen. Denn in Hessen sind dort Besucherinnen und Besucher nur einmal pro Woche für eine Stunde gestattet. In Ländern wie Niedersachsen, Thüringen und Rheinland-Pfalz ist seit den Corona-Lockerungen immerhin ein täglicher Besuch erlaubt. In Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg dürfen bis zu zwei Personen am Tag zu Besuch kommen.
Corona-Lockerungen: Hessen bei Freibädern vorsichtiger
Auch bei Freizeiteinrichtungen wie Freibädern geht Hessen vorsichtiger voran, als die Nachbarländer. Bisher ist nur das Kurs- und Vereinstraining in Schwimm- und Freibädern möglich. Wann Schwimmbäder wieder für die Allgemeinheit öffnen, ist unklar. Währenddessen sind in Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Rheinland-Pfalz die Freibäder wieder für alle zugänglich - wenn auch unter Auflagen.
Weniger Corona-Lockerungen als bei den Nachbarn: Hessen strikter als andere Bundesländer
Bisherige Lockerungen scheinen noch keine allzu großen Auswirkungen auf die Zahlen der Neuinfektionen gehabt zu haben. Liegt das vielleicht gerade an den verhältnismäßig strengen Regeln? Gegenüber „hessenschau.de“ schätzte der Frankfurter Virologe Martin Stürmer, dass man angesichts der niedrigen Zahlen inzwischen zumindest das Risiko eingehen könne, mehr Personen zusammenkommen zu lassen.
Den Grad der Corona-Lockerungen können die Länder selbst bestimmen. Sie können anhand der tagesaktuellen Fallzahlen entscheiden, in welchen Landkreisen oder kreisfreien Städten die Beschränkungen nötigenfalls wieder angezogen werden. Fraglich bleibt, wie sinnvoll die unterschiedlichen Länder-Regelungen für eine bundesweite Eindämmung sind und ob Hessens strikter Kurs in Anbetracht der liberaleren Nachbarländer angebracht ist. Ob die hessische Landesregierung ab dem 15. Juni neue Lockerungen bekannt geben wird, ist noch unklar.
Nach den Corona-Lockerungen in Hessen folgt jetzt wieder ein Verbot angesichts des Coronavirus. In Hessen wurde ein Beherbergungsverbot für folgende Risikogebiete und -regionen getroffen.
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