Für die Bebauung der Brachfläche in der Raiffeisenstraße haben die Stadtverordneten mit den Stimmen von SPD und Freien Wählern eine Ausschreibung beschlossen. Keine Mehrheit fand dagegen der Antrag der CDU, die Firma Depant doch noch für eine Bebauung zu gewinnen. Weil diese nach der jüngsten Ausschusssitzung zu dem Thema ihr Kaufangebot für die Grundstücke zurückgezogen hatte, war der Beschlussvorschlag der Verwaltung, dem Verkauf zuzustimmen und den Bebauungsplan entsprechend den Wünschen des Investors zu ändern, hinfällig geworden.
Deshalb entspann sich in der jüngsten Parlamentssitzung eine intensive Diskussion um die zukünftige Entwicklung der Brachfläche. »Unglücklich wäre noch geschmeichelt«, kommentierte der SPD-Fraktionsvorsitzende Rainer Schauermann das Depant-Projekt. Der Vertreter des Unternehmen habe keinen Alternativvorschlag vorlegen können – und stattdessen einen Tag nach der Ausschusssitzung das Kaufangebot zurückgezogen. Schauermann: »So etwas kann man in Reichelsheim nicht bauen.« Um eine Vergleichbarkeit und Transparenz künftiger Konzepte von Investoren zu bekommen, beantragte die SPD, den Verkauf der Grundstücke verbunden mit einer Bebauung entsprechend dem gültigen B-Plan auszuschreiben. Von diesem erheblich abzuweichen, sei nicht akzeptabel, »wenn wir uns selber ernst nehmen«. In den Gebäuden seien eine Gemeinschaftspraxis sowie gewerbliche Nutzung im Erdgeschoss vorzusehen. Dabei solle eine Konkurrenz zu bestehenden Geschäften ebenso verboten werden wie Billiganbieter.
CDU befürchtet Stückwerk
Dr. Erich Sehrt (CDU) erklärte, seine Fraktion habe das Projekt keinesfalls so einmütig wie SPD und FW abgelehnt. »Wir waren der Ansicht, dass das Konzept durchaus schlüssig war und keine städtebauliche Sünde.« In unmittelbarer Nähe der Raiffeisenstraße gebe es Flachbauten; benachbarte Gebäude seien nur rund einen Meter niedriger. »Wenn ein Bebauungsplan zehn Jahre alt ist, glaubt kein Mensch, dass diese Vorgaben heute noch bindenden Charakter haben«, verteidigte er die Abweichungen des Depant-Projekts. Das Projekt wäre die Chance gewesen, »in Reichelsheim eine Ärztedichte zu behalten, die ihresgleichen sucht«. Mit der Ablehnung werde die Gelegenheit vertan, die Grundstücke am Stück zu verkaufen und zu bebauen. »Jetzt gibt es wieder Stückwerk.« Auch sei es schwierig, den Quadratmeterpreis zu erzielen, den Depant geboten habe. Sehrt beantragte, dass der Magistrat noch einmal Gespräche mit Depant suche, um das Unternehmen doch noch zum Kauf zu bewegen. »Wir wollen nicht, dass da was hingebaut wird, nur damit da was steht«, forderte Hans-Günter Scholz (FW) zu sorgfältigem Nachdenken auf. Dabei müsse auch die Verantwortung der Stadt gegenüber den vorhandenen Gewerbetreibenden beachtet werden. Sein Fraktionskollege Uwe Priebe erklärte, er habe selbst mit einem Investor geredet, der vor zwei Jahren mit der Stadt über die Grundstücke gesprochen habe. Dieser habe gebeten, informiert zu werden, wenn diese zum Verkauf stünden. »Er war sehr verwundert, dass er von dieser Seite nicht informiert wurde, dass der Verkauf jetzt ansteht.«
Bürgermeister Bertin Bischofsberger wies nochmals auf die Risiken hin. »Sie gehen in das Risiko, zwischen 300 000 und 600 000 Euro Verlust zu haben, nur um eine andere Bebauung zu haben«, sprach er den angebotenen Kaufpreis an. »Es gibt jetzt schon Gerüchte über Abwanderungsbestrebungen der Ärzte.« Bischofsberger warnte: »Diese Folgen müssen Sie sich auf die Fahnen schreiben, wenn Sie in zwei bis drei Jahren vor einem Scherbenhaufen stehen.« Mit den Vorgaben der Stadtverordneten werde es schwer, einen Investor zu finden. »Eine Entwicklung von Reichelsheim wird so, wie Sie sich das vorstellen, nicht funktionieren«, sagte er voraus. »Eine Chance ist vertan und ich weiß nicht, ob die neue Chance eine bessere ist.«