Ingo Schäfer sagt es, wie es ist. Seine Biogasanlage ist tot. »Sie war ein Versuch, der gescheitert ist.« Der Nebenerwerbslandwirt bewirtschaftet 35 Hektar rund um Münzenberg. Am Sonntag hat Schäfer mit dem Regionalbauernverband und dem Münzenberger Stadtbauernverband zum Kreiserntedankfest eingeladen.
Bei Feldrundfahrten ging’s vorbei an ausgetrockneten Äckern zu Blühstreifen mit Sonnenblumen, Kräutern und Co. »Hier schaffen wir Lebensraum«, sagt Schäfer. Hinterm Festzelt gab’s Einblicke in den Münzenberger Boden. Da war zu sehen, wie der Lößboden strukturiert ist, weshalb er viel Wasser speichern kann. Schäfer setzt auf regenerative Landwirtschaft, verzichtet aufs Pflügen, baut Zwischenfrüchte an, damit stärke er die Humusschicht, fördere das Versickern von Regenwasser. »Vom Öko-Anbau können wir nicht leben«, sagt der Landwirt. Ein verantwortungsvoller Umgang mit der Natur sei für alle wichtig.
Offene Worte, wie die von Schäfer, kamen beim Kreiserntedankfest an. Vor allem bei den Kommunal- und Landespolitikern und bei Pfarrer Uwe Wagner-Schwalbe, der im ökumenischen Gottesdienst predigte. »Landwirte brauchen Mut, das Vermögen reflektieren zu können und Vertrauen, dass sie von Gott unterstützt werden.« Das Kirchenjahr sei vom Rhythmus in der Landwirtschaft geprägt. Säen, ernten, danken, feiern. Die Vergangenheit dürfe nicht verklärt werde. Heute wirtschafteten Landwirte in größeren Einheiten, die Tiere würden artgerechter gehalten, die Böden schonender bearbeitet. »Und doch gibt es bei den Landwirten Frust«, sagt Wagner-Schwalbe. Es sei ungerecht, wenn für Veränderungen in der Umwelt nur Landwirte verantwortlich gemacht würden. »Ein Ziel muss ein Miteinander von Landwirten und Verbrauchern sein.«
»Etwa 200 Liter Regen je Quadratmeter fehlen, das ist eine enorme Menge«, sagte Bauernverbandsvorsitzende Andrea Rahn-Farr. Wasser sei ein kostbares Gut, es sei unmöglich flächendeckend zu wässern. Rund 10 bis 15 Prozent weniger Weizen und Gerste sind geerntet worden, bei Mais bis zu 40 Prozent weniger. »Ganz schlecht sieht es auf den Weiden und Wiesen aus, da wächst nichts mehr nach.«
Wo Kinder Bauernhof erleben
Die Münzenberger Bürgermeisterin Dr. Isabell Tammer erinnerte daran, dass bei solchen Mindererträgen noch der Generation ihrer Großmutter ein hungriger Winter bevorgestanden hätte. »Wir brauchen auch nach einem solchen Jahr nicht mit leeren Supermarktregalen zu rechnen«, sagt Tammer.
Staatsministerin Lucia Puttrich fragte, welchen Respekt die Verbraucher heute Landwirten entgegenbringen. Sie appellierte an die Solidarität in der Gesellschaft. »Vernünftige Produkte aus der Region müssen vernünftig bezahlt werden.« Der Grundstein für diese Wertschätzung würde schon im Kindesalter gelegt. »Deshalb unterstützt der Kreis die Aktion Bauernhof als Klassenzimmer, 6000 Grundschüler lernen auf diese Weise die Arbeit in der Landwirtschaft kennen«, sagt Landrat Jan Weckler.