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Dacia Duster: Statusfrei und Spaß dabei

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Große Klappe: Der Duster hat einen üppigen Kofferraum. Da kriegt unser Tester Ingo Wilhelm ein komplettes Radl rein – das übrigens nicht so viel weniger kostet als das Auto … © fkn

Du stehst an der Ampel, als neben dir ein SUV einer deutschen Premiummarke hält. Der Fahrer blickt mitleidig zu dir herüber. Du lächelst ihn an und denkst...

...„Hat wohl Statusprobleme, der arme Kerl.“ Die Ampel springt auf Gelb-Grün. Er gibt Gas. Du lässt ihn ziehen. Armer Kerl.

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Dacia Duster © DAcia

Manchmal ist das Leben wie in der Werbung. Zum Beispiel, wenn man einen Dacia Duster fährt. „Das Statussymbol für alle, die kein Statussymbol brauchen“ – dieser kultige Werbespruch der rumänisch-französischen Marke wird schon nach wenigen Ampeln zum Fahrgefühl. Mögen andere ihre technische Überlegenheit genießen, du genießt deine Klapperkiste und hast Spaß dabei! Das mit dem Klappern war natürlich nicht wörtlich gemeint. Vielmehr hat unser Test ergeben, dass beim Duster neben der Message auch die meisten Fakten stimmen. Okay, man sollte immer im Hinterkopf behalten, wie wenig dieses Auto kostet: ab 11.990 Euro – für ein SUV! Da schwant einem bald, dass man mit einem verdammt heißen Preis-Leistungs-Verhältnis unterwegs bist.

DACIA DUSTER dCI 90 4x2 Ambiance

Motor: Reihenvierzylinder Leistung: 90 PS Hubraum:1.461 ccm, Höchstgeschwindigkeit: 156 km/h Beschleunigung: 13,8 s von 0 auf 100 km/h Verbrauch auf 100 km: 5,7 l/ 4,8 l/ 5,0 l CO2-Emmission: 30g/km Gepäckraumvolumen: 475 - 1.636 l Leergewicht: 1.265 kg

Äußerlich? Dacia rühmt die „attraktive Optik“ seines SUVs. Nun ja. Wir würden sagen: Auch nicht hässlicher als vergleichbare Karosserien anderer Hersteller. Beim Öffnen der hochbeinigen Kiste bekommt man nostalgische Gefühle. Der Schlüssel ist noch ein richtiger starrer Schlüssel! Immerhin mit Fernbedienung für die Zentralverriegelung. Die fliegt auf und zu wie ein Klodeckel. Aber wer wird über so was nörgeln bei 11.990 Euro? Der rückenschonende Einstieg und die erhabene Sitzposition zählen wohl zu den Hauptgründen, warum man sich ein SUV kaufen würde. In diesen Punkten kommt einem auch der Duster entgegen. Hat man erst einmal die Außenspiegel von Hand eingestellt, eröffnet sich ein prima Rundumblick. Die Instrumente findet man, wo man sie erwartet. Fühlt sich alles nicht gerade premium an – aber wer wird das erwarten beim Einstiegspreis von 11.990 Euro?

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Während Grünwalder Muttis ihre Stammhalter mit dem Cayenne in die Schule chauffieren, könnte man das – sagen wir mal in Pasing – genauso mit dem Duster erledigen. Auf der Rückbank bekommen auch ausgewachsene Lackl keinen Haltungsschaden. Als Schulshuttles sind SUVs freilich völlig überdimensioniert. Auch ihre Geländegängigkeit braucht im Alltag kaum jemand; sie dient allenfalls dem Gefühl, dass man könnte, wenn man wollte. Sparen wir uns also Ausführungen zum Böschungswinkel und erwähnen wir nur der Vollständigkeit halber, dass es den Duster auch mit Allradantrieb gibt.

Über die 90 PS des Diesel­aggregats können Panzerfahrer aus den Q- und X-Batallionen nur lachen. Aber im mittleren Drehzahlbereich genügen sie für eine muntere Fahrweise, auch weil der Duster mit rund 1300 Kilo ein Fliegengewicht seiner Klasse ist. Damit wird er jedoch nie zum besten Freund des Tankwarts. Die Dacia-Verbrauchs­angaben von kombiniert 5,0 Liter erwiesen sich in unserem Test als realitätsnah. Die Maschine stammt vom Mutterkonzern Renault. Ab 140 Sachen geht ihr allmählich die Puste aus, was sie mit Crescendo ankündigt. Aber die Fahrgeräusche (ausgelöst von der Dachreling, großen Spiegeln etc.) fungieren ohnehin als akustisches Tempolimit. 130, mittlere Spur, da gehört der Dacia hin.

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Vor dem Golfclub: Uns schlug keiner die Scheibe. Lesen Sie hier mehr... © fkn

Im Stadtverkehr ist Augenmaß gefragt, denn eine Einparkhilfe bietet Dacia nicht einmal als Extra. Der kleine Wendekreis und kurze Schaltwege lassen den Duster aber auch in Feinstaubhausen gut abschneiden. Weil der Duster mal beim Elchtest durchgefallen ist, dirigieren wir ihn mit einem flauen Bauchgefühl auf eine kurvige und hügelige Landstraße. Aber ausgerechnet in der bayerischen Walachei scheint der Balkan-SUV seinen Makel abschütteln zu wollen. Die hohe Karosse schaukelt sich nicht auf, sondern hält sich artig ans Geläuf. Auch die präzise Lenkung trägt zur knackigen Straßenlage bei. Ein solides Chassis, das der Duster von seinen französischen Cousins Clio und Modus abbekommen hat. Da vermisst man für den Moment nicht einmal das ESP.

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Alles am Platz: Das zweckmäßige Innenlaben. © fkn

Kein ESP? Richtig gelesen. Den Schleuderschutz gibt es nur optional, und zwar für 300 Euro ab dem Austattungspaket Lauréate. Auch Seitenairbags stecken erst in den größeren Zubehörpaketen. In diesem Moment überlegt man, ob man nicht doch etwas mehr ausgeben sollte. Denn die Sicherheit spielt bei der Kaufentscheidung für ein SUV wohl die wichtigste Rolle. Hinzu kommt: Beim Crashtest der Sicherheitsorganisation „Euro NCAP“ hat der Duster nur drei von fünf Sternen bekommen. Seine Klassenkameraden von Nissan, Hyundai oder BMW erhielten alle volle Sternzahl.

Das wär’s dann aber auch mit Einwänden gegen den Dacia Duster. Mehmet Scholl wird wissen, warum er ausgerechnet für diese freche Kiste Werbung macht. Vielleicht ging es ihm ja mal wie uns: Du hältst an einer Ampel neben einem anderen Dacia Duster. Die junge Frau blickt herüber und grinst. Willkommen im Club der Status-Verweigerer.

Ingo Wilhelm

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