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Überraschende Wahl-O-Mat-Wende vor Europawahl 2019 - das ist der Grund

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Von: Marc Dimitriu, Maximilian Kettenbach

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Der Wahl-O-Mat für die Europawahl 2019 wurde kurzzeitig abgeschaltet. Es gibt aber einige gute Alternativen.
Der Wahl-O-Mat für die Europawahl 2019 wurde kurzzeitig abgeschaltet. Es gibt aber einige gute Alternativen. © dpa / Peter Kneffel

Der Wahl-O-Mat für die Europawahl 2019 musste wegen eines Gerichtsurteils offline gehen.  Zum Glück gibt es Alternativen, die wir Ihnen hier vorstellen.

Update vom 22. Januar 2020: In Deutschland steht die erste größere Wahl des Jahres 2020 bevor. Der Wahl-O-Mat Hamburg hilft bei der Wahlentscheidung für die Bürgerschaftswahl im Februar.

Update vom 18. Juli 2019: Am 1. September stehen die nächsten Landtagswahlen in zwei Bundesländern an. Auch für diese Wahlen gibt es wieder die Möglichkeit, die Parteien und ihre Wahlprogramme online zu vergleichen. Hier finden Sie die Informationen zum Wahl-O-Mat Sachsen und zum Wahl-O-Mat Brandenburg.

Update 23. Mai 2019: Der Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung soll nach einer außergerichtlichen Einigung rasch wieder im Internet verfügbar sein. „Der Wahl-O-Mat wird so schnell wie möglich wieder online sein“, sagte ein Sprecher der Bundeszentrale am Donnerstagabend. Auf Initiative des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Nordrhein-Westfalen in Münster gebe es eine außergerichtliche Einigung mit der Partei „Volt Deutschland“. Diese Einigung werde dem OVG vorgelegt. Mehrere Medien hatten zuvor über die Einigung berichtet.

Hier können Sie auf merkur.de* wieder den Wahl-O-Mat für die Europawahl 2019 aufrufen.

Der Wahl-O-Mat werde demnach nun wie gehabt wieder online gehen können. „Wir sichern zu, dass bei zukünftigen Wahlen der Wahl-O-Mat weiterentwickelt wird“, erklärte der Sprecher der Bundeszentrale. Das war die Bedingung. Bei künftigen Wahlen könne man dann die eigenen Ansichten mit allen Parteien bereits auf einen Klick vergleichen, erläuterte er. Volt scheint das zufriedenzustellen.

Wahl-O-Mat-Alternative Nummer 1:  „You vote EU“

You vote EU“ hat fast ein wenig Tinder-Stil. „Finde dein Match“, heißt es dort. Und weiter: „Sieh mit welchen Politikern, nationalen Parteien und europäischen politischen Gruppen deine Ansichten, basierend auf den vergangenen Handlungen dieser Gruppen, übereinstimmen.“

Hier hat man Gelegenheit über 25 Entscheidungen, die die Mitglieder des Europäischen Parlaments tatsächlich getroffen haben, abzustimmen. Ziel? Die Antwort auf die Frage welche Politiker, nationale Parteien und europäische Parteigruppen am ehesten mit den eigenen Ansichten übereinstimmen (basierend auf dem tatsächlichen Abstimmungsverhalten).

Der Unterschied zum Wahl-O-Maten der Bundeszentrale für politische Bildung: Sie können mehr über das Thema der Abstimmung und die Argumente für und gegen den Vorschlag erfahren, bevor Sie Ihre Meinung festlegen. „Die Namen der Abstimmung wurden zum Zwecke der besseren Verständlichkeit verändert. Alle hier berücksichtigten Entscheidungen wurden in der aktuellen Legislaturperiode (2014-2019) getroffen“, schreibt der Anbieter auf seiner Website.

Vorteil: 25 Fragen, die ein bisschen anspruchsvoller sind als der Wahl-O-Mat, aber dafür mit ausführlichen Erklärungen.

Nachteil: Im Ergebnis findet man lediglich das eigene Ergebnis für 15 Parteien - was fehlt, sind auch hier die kleinsten Parteien. Volt, die gegen den Wahl-O-Mat der BpB Beschwerde eingelegt hatten, wird auch hier nicht aufgeführt. Alle Parteien, die zu wählen sind, finden Sie im Übrigen hier.

Wahl-O-Mat-Alternative Nummer 2:  „Wahl Swiper“

Spannend, handlich und übersichtlich ist auch der „Wahl Swiper“ (Sie können ihn auf Merkur.de* testen) gestaltet. Hier hat man sogar 35 Fragen zu beantworten. Auch hier werden Assoziationen an die beliebte Dating-App Tinder geweckt. Je nach Antwort „ja“, „nein“ oder „überspringen“ fliegen die virtuellen Frage-Kärtchen nach links oder rechts weg. Auch eine Doppel-Gewichtung ist möglich.

Der WahlSwiper ist ein Gemeinschaftsprojekt der politikwissenschaftlichen Forschung der Universitäten Freiburg und Salzburg, der University of East Anglia und das Sciences Po Aix en Provence in Marseille und der Digital-Agentur MOVACT. 

Die Klage führende Volt Partei hatte ihn als ein positives Beispiel angeführt, um ihre Argumentation zu untermauern, denn: Hier „ist die Vergleichbarkeit mit allen teilnehmenden Parteien jederzeit gegeben“, heißt es in einer Presseerklärung. Die Erklärungen sind ausführlich. Insgesamt ist auch dieser Wahlhelfer eine brauchbare Alternative.

Wahl-O-Mat-Alternative Nummer 3: „Euromat“

Polis180 e.V., ein Grassroots Thinktank für Außen- und Europapolitik, sowie Pulse of Europe haben zusammen den EUROMAT entwickelt. Das Spezielle: Im Anschluss an die Ergebnisse können Sie sich mit anderen Nutzern des Tools aus ganz Europa austauschen - sogar mit einem, der ganz anderer politischer Ansicht ist als Sie.

Der Euromat setzt auf der europäischen Ebene an und hat, statt die deutschen Parteien, passend zur Europawahl die europäischen Parteien, um ihre Stellungnahme gebeten. Von 21 angeschriebenen europäischen Parteien haben jedoch nur zwölf geantwortet, die auch alle standardmäßig im Euromat angezeigt werden. Darüber hinaus ist der Euromat neben Deutsch noch in sechs weiteren Sprachen verfügbar.

Nutzer*innen beantworten 33 politische Statements. Ihnen wird anschließend die europäische Partei mit der größten inhaltlichen Übereinstimmung angezeigt.

Wahl-O-Mat-Alternative Nummer 4: „Parteivergleich“

Es gibt auch eine vierte Alternative zum Wahl-O-Mat. Der „Parteivergleich“ ist deutlich komplexer als die anderen Wahlhilfe-Tools. Von 36 Parteien wurden je 2 Thesen eingereicht. Daraus wurden 72 Fragen, die danach wieder den Parteien zur Beantwortung vorgelegt wurden. Die Wahlhilfe berechnet für jeden Wähler sein Säulendiagramm. Und zeigt, welche Parteien der eigenen Meinung am nächsten sind. Zusätzlich gibt es diese 16 Thementabellen, mit allen Antworten und Kommentaren der Parteien.

Die Thementabellen sind unterteilt in:

Durch das zweistufige Befragungsverfahren und die höhere Fragenzahl sollen die Nähe / Ferne zwischen Wähler und Partei noch genauer berechnet werden. Aus Datenschutzgründen gibt es auf Parteivergleich.eu keine Social-Media-Button, keine Google-Scripte, keine Cookies, kein Canvas, keine Tracker, usw. Es werden auch die Ergebnisse für alle Parteien angezeigt. 

Wahl-O-Mat-Alternative Nummer 5: „euandi 2019“

22 Fragen müssen die Nutzer von „EU and I 2019“ beantworten, um mehr über ihre Parteienpräferenz zu erfahren. Im Gegensatz zum deutschen Wahl-O-Mat (der ja derzeit offline ist) stellt „EU and I" die Parteien aller EU-Länder gegenüber. Entwickelt wurde die Webseite vom Europäischen Hochschulinstitut (EUI) gemeinsam mit der Uni Luzern. „EU and I" bietet die Möglichkeit, sich mit über 250 Parteien in ganz Europa zu vergleichen. Man kann die Seite in allen EU Sprachen und für alle EU-Länder nutzen und sich so einen Überblick verschaffen, welche Positionen Parteien in anderen Länder einnehmen.

Wahl-O-Mat-Alternative Nummer 6: „Der Wahl-Kompass“

Ein Angebot, das von der Universität Münster erstellt wurde. Ähnlich wie der Wahl-O-Mat basiert der Wahl-Kompass auf Thesen, denen man zustimmen kann oder eben nicht. Statt einer dreistufigen Skala mit den Enden „Stimme zu“ und „Stimme nicht zu“ bietet er aber insgesamt fünf Stufen. Von „Stimme vollkommen zu“ bis „Stimme überhaupt nicht zu“ ist alles dabei. Das dient dazu, das Ergebnis noch weiter zu verfeinern. 

Nachteil des Wahl-Kompass ist, dass dieser nicht alle Parteien enthält. Allerdings bekommt man das Ergebnis im Gegensatz zu anderen Angeboten nicht als Liste präsentiert, sondern eingeordnet in ein politisches Koordinatensystem. 

Wahl-O-Mat-Alternative Nummer 7: Ausgewählt.eu

Eine andere Art der Information über die Wahl bietet ausgewählt.eu an. Es versteht sich selbst als eine Art Twitter zur Europawahl - vor allem bezogen auf die Anzahl der Zeichen, die den Parteien zur Verfügung stehen. Die sieben wichtigsten Themen zur Europawahl hat die Seite herausgearbeitet und den Partien zu jedem Thema 280 Zeichen gegeben, um ihre jeweilige Position zu erklären.

Die sieben Themen sind Europas Zukunft, Umwelt & Klima, Wirtschaft, Flucht & Migration, Forschung & Bildung, Außenpolitik und Soziales & Arbeit. Insgesamt 14 Parteien sind dort vertreten.

Wahl-O-Mat-Alternative Nummer 8: DeinWal.de

DeinWal.de

funktioniert ähnlich wie „You Vote EU“. Heißt konkret: Es geht nicht darum, was die Parteien in ihren Programmen versprechen, sondern was sie konkret getan haben. Aus mehr als 200 Abstimmungen, die tatsächlich stattgefunden haben, haben die Macher der Seite 28 Fragen ausgewählt, zu denen jeweils ein Standpunkt abgefragt wird.

Das bringt allerdings auch ein Problem mit sich. Da DeinWal.de nur die vergangene Legislaturperiode durchleuchtet, kann man sich nur mit Parteien vergleichen, die im Europaparlament saßen. Neue Parteien bleiben hier auf der Strecke.

Gericht stoppt Wahl-O-Mat zur Europawahl 2019: Angebot „völlig überraschend“ abgeschaltet

Erstmeldung vom 20. Mai, 20.00 Uhr: Köln - Der sogenannte Wahl-O-Mat darf vorerst nicht weiter betrieben werden. Das Verwaltungsgericht Köln verbot der Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn am Montag, das Internetangebot, das eine Orientierungshilfe bei Wahlen geben soll, in seiner derzeitigen Form anzubieten. Es gab damit einem Antrag der Partei „Volt Deutschland“ statt. „Wir schalten umgehend ab“, versicherte ein Sprecher der Bundeszentrale. Am frühen Abend war die Seite nicht mehr zu erreichen.

Das Gericht begründete den Schritt damit, dass man auf der Seite seine politischen Auffassungen nur mit dem Programm von bis zu acht Parteien abgleichen könne. Das sei eine Benachteiligung kleinerer und unbekannterer Parteien. Der Anzeigemechanismus verletze das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf Chancengleichheit. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster eingelegt werden. 

Wahl-O-Mat zur Europawahl 2019 gestoppt: BpB „völlig überrascht“

Der Sprecher der Bundeszentrale bedauerte die Entscheidung gegenüber der Welt. Ein Sprecher erklärte, dass die Gerichtsentscheidung die Bundeszentrale „völlig überrascht“ habe, schließlich gebe es den Wahl-O-Mat in seiner derzeitigen Form seit 2002. Ob die bpb nun Beschwerde einlegen werde oder eine technische Lösung suche, sei noch nicht entschieden. Inwieweit das technisch möglich sei und welchen Aufwand es verursache, könne er nicht beurteilen, sagte der Sprecher.

Aus Sicht der bpb gelte die Entscheidung des Gerichts nur für den Wahl-O-Mat zur Europawahl. Deshalb werde auch nur dieser und nicht etwa der zur ebenfalls am Sonntag stattfindenden Bremen-Wahl aus dem Netz genommen.

Bisher hatte die Bundeszentrale argumentiert, eine Ausweitung des Programms auf deutlich mehr Parteien sei technisch nicht möglich. Dem war das Gericht aber ausdrücklich nicht gefolgt. Die Bundeszentrale habe eine technische Unmöglichkeit „nicht hinreichend glaubhaft gemacht“, hieß es in der Mitteilung über den Gerichtsbeschluss.

Wahl-O-Mat vor allem für junge Wähler eine Hilfe

Auf der Seite www.wahl-o-mat.de/europawahl2019 konnte man bisher seine Antworten auf 38 Thesen zu unterschiedlichen Themenfeldern der Europapolitik, die von den 41 zugelassenen Parteien und politischen Vereinigungen beantwortet wurden, mit den Positionen von bis zu acht Parteien abgleichen lassen. Ein Prozentwert zeigt den Grad der Übereinstimmung an.

Der Wahl-O-Mat versteht sich als Entscheidungshilfe vor allem für junge Wähler und soll zu einer höheren Wahlbeteiligung beitragen. Inzwischen sei die Nutzung zum „demokratischen Volkssport“ geworden, hatte der Präsident der Bundeszentrale, Thomas Krüger, kürzlich in Berlin gesagt. Nach Angaben der Zentrale wurde der Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl 2017 knapp 15,7 Millionen Mal gespielt. Den Wahl-O-Mat zur Europawahl 2019 hatten bis kurz vor seiner Abschaltung laut bpb über 6,4 Millionen Menschen genutzt.

Die AfD entscheidet sich bei ihrer Aussage zum Austritt Deutschlands aus der EU im Wahl-O-Mat zur Europawahl um. Nicht das erste Mal, dass nachträglich Antworten geändert werden.

Darum interessierten sich viele Menschen für Wahl-O-Mat-Alternativen

Update vom 23. Mai, 18. 49 Uhr: Nach einer außergerichtlichen Einigung im Rechtsstreit zwischen der Bundeszentrale für politische Bildung und der Kleinpartei Volt Deutschland ist der Wahl-O-Mat für die Europa- und die Bürgerschaftswahl in Bremen wieder online. "Wir haben uns geeinigt", teilte die Bundeszentrale am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP mit. Weitere Angaben wurden nicht gemacht. Auf der Internetseite der Bundeszentrale war der Wahl-O-Mat für beide Wahlen wieder freigeschaltet.

Beide Seiten hatten zuvor über einen Vergleich verhandelt, über dessen Inhalt die Bundeszentrale nun keine Angaben machte. Damit muss das Oberverwaltungsgericht im nordrhein-westfälischen Münster nicht mehr über eine Beschwerde der Bundeszentrale gegen den vom Verwaltungsgericht Köln verfügten Stopp des Wahl-O-Mat entscheiden. Eine Entscheidung der Münsteraner Richter über die Beschwerde war ursprünglich für den Donnerstag erwartet worden.

Die Bundeszentrale hatte den Wahl-O-Mat am Montag abgeschaltet, nachdem das Kölner Verwaltungsgericht den Weiterbetrieb untersagt hatte. Konkret beanstandeten die Richter den Anzeigemechanismus der Auswertung. Es sei eine faktische Benachteiligung kleinerer und unbekannterer Parteien, dass Nutzer ihre politischen Ansichten mit den Positionen von lediglich bis zu acht Parteien abgleichen könnten. Der Mechanismus verletze das Recht auf Chancengleichheit.

Kläger hoffen, dass Wahl-O-Mat für die Europawahl 2019 wieder online geht

13.35 Uhr: Nach der erfolgreichen Klage gegen den sogenannten Wahl-O-Maten hofft die Partei „Volt“, dass das Internetangebot in überarbeiteter Form bald wieder ans Netz geht. Das Gericht habe vom Betreiber Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn lediglich Veränderungen verlangt, betonte die Partei am Dienstag. „In verfassungsgemäßer Weise“ leiste der Wahl-O-Mat einen wichtigen und richtigen Beitrag zur politischen Information der Bürger über alle zur Verfügung stehenden Wahlalternativen, betonte „Volt“.

10.00 Uhr: Der klassische Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung ist vorerst Geschichte. Jetzt müssen Alternativen her. Wir haben acht Vorschläge. Testen Sie selbst, was besser zu Ihnen passt.

*Merkur.de gehört zur bundesweiten Ippen-Digital-Zentralredaktion

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