Ukraine-Krieg: Sind Transnistrien und Moldau die nächsten Ziele Russlands?

Im Ukraine-Krieg verdichten sich die Anzeichen, dass Russland auch weitere Länder mit in den Konflikt ziehen wird.
Kiew – Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte am Montag (25.04.2022) die westlichen Mächte gewarnt, das echte Risiko eines Nuklearkonflikts nicht zu unterschätzen, wenn sie im Ukraine-Krieg weiterhin Waffen an die Ukraine liefern würden.
Innerhalb weniger Stunden nach seinen Ausführungen waren Explosionen innerhalb der souveränen Grenzen Moldaus zu hören. Von offizieller Seite der Ukraine heißt es, dass Russland Operationen unter „falscher Flagge“ in der von pro-russischen Rebellen kontrollierten Enklave Transnistrien starte, um die Ausweitung seines imperialen Angriffs auf eine zweite Nation zu rechtfertigen.
Ukraine-Krieg: Russlands ursprünglicher Plan gescheitert
Die russische Invasion begann vor zwei Monaten, am 24. Februar, nachdem Präsident Wladimir Putin eine „Sonderoperation“ angeordnet hatte, um die Ukraine zu „entnazifizieren“ und russischsprachige Städte und Gemeinden zu befreien. Der ursprüngliche Plan, wie er von Putin und seinen Generälen formuliert wurde, sah vor, dass die ukrainische Hauptstadt Kiew innerhalb von drei oder vier Tagen in russischer Hand sein sollte, wobei der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj entweder getötet oder aus der Stadt vertrieben würde.
Fünf Wochen später, nachdem Tausende von russischen Soldaten getötet und die Streitkräfte von ukrainischen Verteidigern zurückgedrängt worden waren, war Russland gezwungen, sich im Kampf um Kiew geschlagen zu geben und seine Offensive klarer auf die Süd- und Ostukraine auszurichten. Hier soll die Kontrolle über den Donbass zu übernommen und eine Landbrücke von Südrussland entlang der Schwarzmeerküste nach Odessa geschaffen werden.
Ukraine-Krieg: Russische Landbrücke bis nach Moldau
Ein weiteres Element in den russischen Kriegsplänen wurde vergangene Woche klarer, als ein russischer General, Rustam Minnekaev, durchblicken ließ, dass sich die vorgeschlagene Landbrücke bis nach Moldau erstrecken und die Ukraine vollständig vom Zugang zum Meer abschneiden würde, berichtet die Moscow Times.
Nach diesen Plänen würde sich die militärische Kontrolle Russlands bis in die abtrünnige moldauische Region Transnistrien erstrecken, wo von Russland unterstützte Separatisten vor 30 Jahren die Unabhängigkeit erklärten und wo Russland immer noch eine Militärbasis hat.
„Chancen, dass sie sich bis nach Odessa und Transnistrien durchkämpfen, sind gering“
Moldau, das verfassungsrechtlich neutral ist, hat sein Bestes getan, um nicht in den Konflikt hineingezogen zu werden – aber Russland scheint entschlossen, die westlich der Ukraine gelegene ehemalige Sowjetrepublik zum Teil des Konfliktes werden zu lassen.
Aber Militärexperten sagen, dass ein solcher russischer Plan – selbst wenn er existiert – angesichts logistischer Schwierigkeiten und der Konzentration von Soldaten und Ausrüstung des Kremls in der Ostukraine in naher Zukunft wahrscheinlich nicht durchführbar sein wird.
„Die Chancen, dass sie sich bis nach Odessa und Transnistrien durchkämpfen, sind gering“, sagte Sam Cranny-Evans, Militäranalyst bei der in London ansässigen Denkfabrik Royal United Services Institute, gegenüber der Moscow Times. „Sie würden wahrscheinlich alle sterben, wenn sie es versuchen würden.“
Russische Angriffe in Transnistrien
Am Montag feuerten Panzerfäuste auf ein leerstehendes Gebäude eines Sicherheitsdienstes in Tiraspol, der Hauptstadt Transnistriens. Moldau und die Ukraine nannten dies laut Daily Beast eine russische Operation unter „falscher Flagge“. Ein am Angriffsort entsorgter RPG-Werfer eines Typs, der von Russland und nicht von der Ukraine verwendet wurde, trug eindeutig ein „Z“-Symbol.
Am frühen Dienstag (26.04.2022) zerstörten Explosionen zwei nahe gelegene Kommunikationstürme, die zur Weiterleitung russischer Radio- und Fernsehsender in der Region dienten – keine Ziele, die die Russen für eine Provokation wählen würden.
An der Grenze nach Moldau bereits lange Schlangen
Die abtrünnige Region, die seit Jahrzehnten von Russland finanziert wird, hat eine Bevölkerung von fast einer halben Million, von denen sich ein Drittel als russisch identifiziert, aber mit großen moldauischen und ukrainischen Minderheiten.
Am Hauptgrenzübergang nach Moldau bildeten sich nach den Anschlägen vom Dienstag schnell lange Schlangen, angeheizt von der Befürchtung, Russland könnten versuchen, die lokale Bevölkerung für den Kampf in der Ukraine zu mobilisieren. (sot)