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Ukraine-Krieg: Mehr als 1200 Tote bei Kiew gefunden – Ukraine ermittelt zu Kriegsverbrechen

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Von: Tobias Utz, Sandra Kathe, Kerstin Kesselgruber, Karolin Schäfer, Isabel Wetzel, Katja Thorwarth, Tanja Banner, Lucas Maier

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Nach den Kriegsverbrechen in Butscha werden auch andernorts in der Ukraine Massengräber entdeckt. Viele Zivilpersonen sind tot. Die Lage im News-Ticker.

Dieser News-Ticker zum Ukraine-Krieg wird nicht mehr aktualisiert. Lesen Sie weiter in unserem aktuellen Ticker.

+++ 16.19 Uhr:  In der Region um Kiew sind nach ukrainischen Angaben bislang mehr als 1200 Tote gefunden worden. Staatsanwältin Iryna Wenediktowa sprach im Interview mit dem britischen Nachrichtensender Sky News am Sonntag von 1222 Toten, die seit dem Rückzug der russischen Truppen allein in der Region um die ukrainische Hauptstadt geborgen worden seien.

+++ 15.44 Uhr: Seit Beginn des Angriffskriegs durch Russland haben die Ukraine und ihre Verbündeten Ermittlungen zu rund 5600 mutmaßlichen Kriegsverbrechen eingeleitet. Dies erklärte die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa am Sonntag gegenüber britischen Medien. Die Ermittlungen richteten sich derzeit gegen 500 Verdächtige aus den Reihen des russischen Militärs und der Regierung in Moskau.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte angekündigt, dass zur Klärung russischer Kriegsverbrechen ein „spezieller Mechanismus“ geschaffen würde, mit dessen Hilfe es der Ukraine gelingen solle, alle Verantwortlichen zu finden und zu bestrafen. An den Ermittlungen sollen sich nach Selenskyjs Angaben internationale juristische Fachleute beteiligen.

In der ukrainischen Stadt Butscha exhumieren Verwaltungsmitarbeiter am Samstag (09.04.2022) noch Tage nach dem Fund eines Massengrabs getötete Zivilpersonen.
In der ukrainischen Stadt Butscha exhumieren Verwaltungsmitarbeiter am Samstag (09.04.2022) noch Tage nach dem Fund eines Massengrabs getötete Zivilpersonen. © Sergei Supinsky/AFP

Ukraine-Krieg: Massengrab in Busowa entdeckt

+++ 14.08 Uhr: Nach dem Fund eines weiteren Massengrabs in der Nähe einer Tankstelle im Kiewer Vorort Busowa haben ukrainische Behörden bestätigt, dass auch hier Dutzende Zivilpersonen getötet worden sind. Zudem seien 15 Kilometer westlich der Hauptstadt auf der Trasse von Kiew nach Schytomyr mehrere Todesopfer im Umfeld einiger beschossener Autos gefunden worden.

Insgesamt haben die Vereinten Nationen seit Kriegsbeginn bereits mehr als 1700 tote Zivilpersonen registriert. Sie gehen jedoch ähnlich wie die ukrainische Regierung in Kiew von weitaus höheren zivilen Opferzahlen aus.

+++ 09.29 Uhr: Nahe der ukrainischen Hauptstadt Kiew ist Behördenangaben zufolge erneut ein Massengrab mit Dutzenden toten Zivilpersonen entdeckt worden. Es wurde am Samstag (10.04.2022) in der Gemeinde Busowa gefunden, wie das ukrainische Fernsehen berichtet. Um wie viele Menschen es sich handele, sei noch nicht klar. Die Leichen der Getöteten hätten in einem Graben nahe einer Tankstelle gelegen.

Ukraine-Krieg: Menschen in Donezk und Charkiw getötet

Update vom Sonntag, 10.04.2022, 08.17 Uhr: Wieder tote Zivilpersonen im Ukraine-Krieg: Durch Beschuss in der Region Donezk wurden ukrainischen Angaben zufolge mindestens fünf Zivilistinnen und Zivilisten getötet und fünf weitere verletzt. Die örtliche Militärverwaltung machte Russland dafür verantwortlich.

Auch im nordöstlichen Gebiet Charkiw habe die russische Artillerie am Samstag Siedlungen beschossen, teilten ukrainische Behörden mit. Dabei seien mindestens zwei Menschen getötet und ein Mensch verletzt worden.

Ukraine-Krieg: Wolodymyr Selenskyj setzt weiter auf Diplomatie

+++ 15.54 Uhr: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hofft trotz der von russischen Soldaten begangenen Gräueltaten in ukrainischen Städten wie Butscha weiter auf eine diplomatische Lösung im Ukraine-Krieg. So sagte Selenskyj bei einem Treffen mit dem österreichischen Bundeskanzler Karl Nehammer in Kiew, dass die Ukraine weiter zu Friedensverhandlungen mit Moskau bereit sei. „Leider sehen wir parallel die Vorbereitungen für einen wichtigen – einige sagen: den entscheidenden – Kampf im Osten unseres Staates“, sagte Selenskyj. Seine Regierung befürchte eine weitere schwere Schlacht um die Gebiete in der Ostukraine.

Ukraine-Krieg: Behörde in der Ukraine sammelt Beweise für russische Kriegsverbrechen

+++ 12.51 Uhr: Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat die Menschen im Land aufgerufen, mutmaßliche Kriegsverbrechen russischer Soldaten zu melden. Dafür sei nun eine eigene Homepage eingerichtet worden, schrieb Kuleba am Samstag (09.04.2022) auf Twitter. „Die gesammelten Beweise für die von Russlands Armee in der Ukraine begangenen Gräueltaten werden sicherstellen, dass diese Kriegsverbrecher der Justiz nicht entkommen können“, erklärte er. Auf der Seite wurden bislang neben Fotos auch Berichte von Augenzeugen veröffentlicht, die die Ermordung, Folter und Vergewaltigung von Zivilisten schildern.

Die Ukraine und auch viele westliche Expertinnen und Experten machen russische Truppen unter anderem für Verbrechen im Kiewer Vorort Butscha verantwortlich. Dort waren am vergangenen Wochenende die Leichen Hunderter Bewohnerinnen und Bewohner gefunden worden. Russland bestreitet das.

Ukraine-Krieg: Leichen getöteter Zivilisten liegen in Butscha am Stadtrand von Kiew in schwarzen Säcken.
Ukraine-Krieg: Leichen getöteter Zivilisten liegen in Butscha am Stadtrand von Kiew in schwarzen Säcken. © Valeria Ferraro/dpa

Ukraine-Krieg: Von der Leyen erschüttert über mögliche Kriegsverbrechen in Butscha

+++ 11.45 Uhr: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich nach ihrem Besuch in dem Kiewer Vorort Butscha erschüttert über das Vorgehen der russischen Armee dort gezeigt. „Mein Instinkt sagt: Wenn das kein Kriegsverbrechen ist, was ist dann ein Kriegsverbrechen? Aber ich bin eine gelernte Ärztin und das müssen nun Juristen sorgfältig ermitteln“, sagte sie am Samstagmorgen (09.04.2022) auf der Rückreise von Kiew nach Polen vor Journalistinnen und Journalisten.

Von der Leyen kehrte nach ihrem eintägigen Besuch im ukrainischen Kriegsgebiet am Samstag sicher nach Polen zurück. Am Nachmittag wollte sie in Warschau an einer Geberkonferenz für die Ukraine teilnehmen. Die EU-Kommissionspräsidentin hatte in Kiew den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj getroffen und sich ein Bild von der Lage in Butscha gemacht, wo derzeit Untersuchungen zu Kriegsverbrechen der russischen Armee laufen. Am vergangenen Wochenende waren dort zahlreiche Leichen ermordeter Zivilisten gefunden worden, teils gefesselt am Straßenrand.

Ukraine-Krieg: Russische Soldaten sollen in Butscha Kinder vergewaltigt haben

Update vom Samstag, 09.04.2022, 07.01 Uhr: Die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Ljudmyla Denissowa, hat russischen Soldaten Vergewaltigungen Minderjähriger vorgeworfen. Ein 14 Jahre altes Mädchen aus dem Kiewer Vorort Butscha sei von fünf verschiedenen Männern missbraucht worden und jetzt schwanger, schrieb Denissowa auf Facebook. Auch ein ebenfalls aus Butscha stammender elfjähriger Junge sei vergewaltigt worden.

Die Angaben konnten zunächst nicht überprüft werden. Denissowa appellierte an die Vereinten Nationen, diese und andere Kriegsverbrechen zu untersuchen.

Ukraine-Krieg: Bürgermeister meldet über 130 erschossene Zivilpersonen in Makariw

+++ 19.50 Uhr: Unweit der ukrainischen Hauptstadt Kiew sind im Ort Makariw nach Angaben des Bürgermeisters 132 Zivilisten erschossen aufgefunden worden. Die meisten Toten seien in Massengräbern entdeckt worden, sagte Wadym Tokar am Freitag im ukrainischen Fernsehen. Tokar machte für das Verbrechen russische Soldaten verantwortlich, die mehrere Orte in der Region bis vor kurzem besetzt hatten. Die Angaben konnten zunächst nicht überprüft werden. Das mehr als 50 Kilometer westlich von Kiew gelegene Dorf sei zu etwa 40 Prozent zerstört, sagte der Bürgermeister. Es gebe derzeit weder Strom- noch Gas-Versorgung.

Kriegsverbrechen im Ukraine-Krieg: Hunderte Leichen in Butscha identifiziert

+++ 15.03 Uhr: Im von russischen Truppen befreiten Butscha wurden 163 der getöteten Bürgerinnen und Bürger identifiziert. Das sei etwa die Hälfte der Leichen, die bisher in der Stadt gefunden wurden, sagte Anatoliy Fedoruk, Bürgermeister von Butscha in einem Interview mit Voice of America.

„Bis heute konnten wir 163 Opfer identifizieren. Das sind Bürger unserer Stadt, die von den Russen zynisch getötet, brutal gefoltert wurden. Wir kennen ihre Nachnamen, Vornamen, Vatersnamen, wo sie lebten, wer sie waren“, so der Bürgermeister. Ihm zufolge wurden in der Stadt bisher etwa 320 Leichen gefunden

Gräueltaten in Butscha: Drohnenaufnahmen widerlegen Russlands Propaganda

Update vom Freitag, 08.04.2022, 12.45 Uhr: Das russische Exilmedium Medusa hat Drohnenaufnahmen aus Butscha veröffentlicht. Laut dem Bericht zeigen die Aufnahmen Leichen auf den Straßen zum Zeitpunkt der russischen Stationierung in der Stadt. Diese wurden demnach mit Satellitenaufnahmen und Fotos von ukrainischen Sicherheitskräften abgeglichen. „Die Toten liegen in der Drohnenaufnahmen nicht nur an exakt den gleichen Stellen wie in den Fotos, sondern auch mit derselben Körperhaltung“, heißt es im Bericht des Mediums. „In mehreren Aufnahmen sind russische Militärfahrzeuge oder Soldaten zu erkennen.“ Die Aufnahmen widerlegen somit die Behauptung Russlands, dass sich die Gräueltaten in Butscha erst nach dem Abzug der Armee ereignet hätten.

Gräueltaten in Butscha: Bundesnachrichtendienst fängt Funksprüche russischer Soldaten ab

+++ 10.15 Uhr: Erneut werden Details zu den Gräueltaten in Butscha bekannt. Der Bundesnachrichtendienst hat einem Bericht zufolge Funksprüche russischer Soldaten aus dem Ort bei Kiew abgefangen. Darin tauschen sich die Streitkräfte offenbar über die Lage aus. Mehrere Auszüge beziehungsweise Passagen sollen zu fotografierten Aufnahmen von vor Ort passen, wie das Nachrichtenmagazin Spiegel mit Bezug darauf berichtet.

In einem durch den BND abgefangenen Funkspruch soll ein russischer Soldat erzählen, dass er gemeinsam mit weiteren Streitkräften einen Mann vom Fahrrad geschossen habe. Die Tonbandaufnahmen legen laut Spiegel-Bericht nahe, dass es sich bei den Gräueltaten in Butscha um koordinierte militärische Maßnahmen gehandelt hat, nicht um Taten verzweifelter Einzelner. Dem BND liegen demnach auch weitere Funksprüche vor, die auf ähnliche Massaker und Kriegsverbrechen in anderen Orten hinweisen. Diese können bislang wohl noch nicht lokalisiert werden. Zuletzt wurde bekannt, dass russische Truppen neben Butscha eine weitere Stadt nahe Kiew verwüstet haben (s. Update v. 09.00 Uhr).

Update vom Donnerstag, 07.04.2022, 06.15 Uhr: Russland könnte aus dem UN-Menschenrechtsrat ausgeschlossen werden. Entsprechende Forderungen reichten Großbritannien* und die USA* ein, wie afp berichtet.

Die nächste Sitzung der Vollversammlung der Vereinten Nationen findet am heutigen Donnerstag (07.04.2022) um 10.00 Uhr Ortszeit in New York statt (16.00 Uhr MESZ). Für einen Ausschluss aus dem UN-Menschenrechtsrat ist eine Zweidrittelmehrheit der 193 UN-Mitgliedstaaten notwendig, also 129 Stimmen. Hintergrund für den möglichen Ausschluss sind die Gräueltaten an Zivilisten im Kiewer Vorort Butscha.

Ukraine-Krieg: Gräueltaten in Butscha – Papst ist bestürzt

+++ 13.45 Uhr: Auch aus Rom wird das Verhalten der russischen Armee kritisiert. Papst Franziskus zeigte sich bestürzt und forderte ein sofortiges Ende des Kriegs in der Ukraine. „Es passiere immer mehr Grausamkeiten, sogar gegen Zivilisten, Frauen und Kinder. Sie sind Opfer, deren unschuldiges Blut zum Himmel schreit und fleht“, so der Pontifex in einer Ansprache am Mittwoch. Aus Solidarität mit der Ukraine hielt der Papst eine ukrainische Flagge hoch, die nach Angaben des Vatikans aus Butscha stammt.

+++ 12.15 Uhr: Laut Augenzeugenberichten aus Butscha sollen die dortigen Kriegsverbrechen vor allem von älteren Soldaten begangen worden sein, die sich als Mitglieder des russischen Geheimdienstes FSB* ausgegeben hatten. Es habe sich um gut ausgerüstete, ältere Soldaten gehandelt, die die zuvor im Einsatz befindlichen jüngeren Soldaten abgelöst hätten. „Sie waren brutal. Sie haben alle misshandelt. Und dann begannen die Massaker“, so eine Augenzeugin gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

Gräueltaten in Butscha: Bürgermeister war Zeuge bei Tötung von Zivilisten

+++ 09.00 Uhr: Wie die BBC berichtet, schätzt der Bürgermeister von Butscha, dass 320 Zivilisten von russischen Streitkräften getötet wurden. Anatoly Fedoruk sagte in einem TV-Interview am Dienstag (05.04.2022), dass er auch persönlich Zeuge der Ermordung mehrerer Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt durch russische Streitkräfte während ihrer Besetzung gewesen sei.

Update vom Mittwoch, 06.04.2022, 07.15 Uhr: Die New York Times veröffentlichte in der Nacht von ihr verifizierte Videoaufnahmen, die tödliche Schüsse russischer Soldaten auf einen Zivilisten in Butscha belegen sollen. Das ukrainische Video stamme von Ende Februar – kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine. Die Militärverwaltung von Hostomel – eines Nachbarorts von Butscha – erklärte laut lokalen Medien, dort würden nach der russischen Besatzung rund 400 Bewohner vermisst. Mehrere Bewohner von Hostomel seien auch in Butscha gefunden worden. Aus Sicht der US-Regierung sind die Gräueltaten von Butscha womöglich nur „die Spitze des Eisbergs“.

Gräueltaten in Butscha: Bundestag und Nato kündigen weitere Sanktionen an

+++ 20.52 Uhr: Der Bundestag sowie die Außenminister der Nato-Staaten haben angekündigt, am Mittwoch (06.04.2022) über die Gräueltaten an Zivilpersonen in der ukrainischen Stadt Butscha und über Reaktionen darauf zu beraten. Die Aktuelle Stunde war von der Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP* beantragt worden.

In Butscha waren am Wochenende Hunderte Leichen entdeckt worden. Die Ukraine macht für das Massaker die russischen Truppen verantwortlich, die wenige Tage zuvor abgezogen waren. Moskau bestreitet die Vorwürfe. Die Bundesregierung sieht in den Taten ein Kriegsverbrechen der russischen Streitkräfte und setzt sich dafür ein, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Neben einer Verschärfung der EU-Sanktionen sollen demnach auch die Waffenlieferungen in die Ukraine ausgeweitet werden.

+++ 12.00 Uhr: In Russland wird die „Militär-Operation“ in der Ukraine, insbesondere die „Säuberung“ von Orten wie Butscha, durch Medien gefeiert. Dabei wird beispielsweise wiederholt, was die russische Botschaft in Deutschland bereits bekannt gegeben hat. Die Vorwürfe angeblicher Kriegsverbrechen seien reine „Anschuldigungen“ (s. Update v. 11.15 Uhr). Derweil hat das russische Militär Orden „für Tapferkeit“ an Truppen, die in Butscha stationiert waren, verteilt.*

Ukraine-Krieg: Gräueltaten in Butscha – Folterkammer entdeckt

+++ 06.30 Uhr: Wie das Nachrichtenportal Kyiv Independent berichtet, wurden russische Folterkammern im Keller des Kinderheilzentrums in Butscha entdeckt. Erste Berichte dazu kursierten bereits am Montagnachmittag (s. Update v. 04.04.2022, 16.45 Uhr). Demnach seien Im Keller die Leichen von fünf ermordeten Männern gefunden worden. Ihre Hände seien gefesselt gewesen und sie scheinen gefoltert worden zu sein. Als Quelle ist die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine genannt.

Update vom Dienstag, 05.04.2022, 03.25 Uhr: Am Montag (04.04.2022) veröffentlichte US-Satellitenbilder bestätigen, dass einige der in dem Kiewer Vorort Butscha gefundenen Leichen bereits vor dem Abzug der russischen Truppen dort gelegen haben. Die „hochauflösenden“ Bilder „bestätigen die jüngsten Videos und Fotos in den sozialen Medien, auf denen Leichen zu sehen sind, die seit Wochen auf der Straße liegen“, erklärte ein Sprecher der US-Satellitenbildfirma Maxar Technologies.

Auf den Satellitenbildern einer Straße in Butscha von Mitte März sind mehrere Leichen mutmaßlicher Zivilisten zu sehen, die auf oder neben der Fahrbahn liegen. An dieser Stelle hatten ukrainische Beamte nach dem Rückzug der russischen Truppen Anfang April mehrere Leichen gefunden. AFP-Fotografen hatten bei einem Besuch am vergangenen Samstag rund 20 Leichen in Zivilkleidung gesehen - einige davon mit gefesselten Händen.

Ukraine-Krieg: Gräueltaten in Butscha – SPD-Chef Klingbeil lehnt Embargo ab

+++ 06.25 Uhr: SPD-Chef Lars Klingbeil bleibt auch nach den bekanntgewordenen Tötungen von Zivilisten im ukrainischen Butscha bei der Ablehnung eines sofortigen Stopps des Energieimports aus Russland. Er halte trotz der schrecklichen Bilder „ein sofortiges Gas-Embargo aus vielen Gründen für einen falschen Weg“, sagte er am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“.* Der bayerische Ministerpräsident, CSU-Chef Markus Söder, teilte dort diese Position und wies darauf hin, dass sich Russland bereits andere Abnehmer suche, etwa Indien.

„Wir drehen gerade jeden Tag den Gashahn ein Stück weiter zu“, erklärte Klingbeil. Einen völligen Stopp von heute auf morgen zu machen, „da müssen wir bei aller Brutalität dieser Bilder und bei aller Emotionalität, die auch ich habe, da müssen wir über die Konsequenzen reden, die das für uns in Deutschland hätte.“

Gräueltaten in Butscha: Selenskyj lädt Angela Merkel ein

Update vom Sonntag, 03.04.2022, 20.00 Uhr: Nach dem Fund hunderter Leichen in der ukrainischen Stadt Butscha hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel* zu einer Reise in die Stadt eingeladen. In dem Kiewer Vorort könnten sich Merkel – ebenso wie der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy – ein Bild von ihrer gescheiterten Russland-Politik der vergangenen Jahre machen, sagte Selenskyj in einer Videobotschaft.

Im Jahr 2008 hätten die Nato-Staaten, darunter Deutschland, der Ukraine eine Aufnahme in Aussicht gestellt, dann aber aus Rücksicht auf Russland einen Rückzieher gemacht, so Selenskyj. Merkel war von 2005 bis 2021 Bundeskanzlerin. „Ich lade Frau Merkel und Herrn Sarkozy ein, Butscha zu besuchen und zu sehen, wozu die Politik der Zugeständnisse an Russland in 14 Jahren geführt hat“, sagte Selenskyj. „Sie werden die gefolterten Ukrainer und Ukrainerinnen mit eigenen Augen sehen.“

Gräueltaten in Butscha: Selenskyj spricht von „Völkermord“, Scholz fordert Aufklärung

Erstmeldung vom Sonntag, 03.04.2022, 14.30 Uhr: Kiew – Der Ukraine-Krieg bringt Leid, Zerstörung und Tod. Das Ausmaß der Gräueltaten zeigte sich zuletzt in Butscha, einer ukrainischen Stadt etwa 25 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kiew*. Die dramatischen Berichte sorgten international für Entsetzen.

Das russische Militär hat sich in den vergangenen Tagen aus der Region Kiew zurückgezogen. Nach ukrainischen Angaben wurde die gesamte Region zurückerobert. Zurück blieben allerdings mit Leichen übersäte Straßen und völlige Zerstörung. Nach Informationen der ukrainischen Behörden wurden fast 300 Leichen gefunden, die in Massengräbern beerdigt werden mussten. Die drei städtischen Friedhöfe lägen noch im Bereich der russischen Streitkräfte.

EU-Ratspräsident Charles Michel zeigte sich am Sonntag (03.04.2022) „erschüttert“ über Bilder aus der Pendlerstadt. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock* (Grüne*) kündigte härtere Sanktionen gegen Russland* und weitere Unterstützung für das ukrainische Militär an. Die Bilder der „hemmungslosen Gewalt“ aus Butscha seien „unerträglich“, schrieb die Grünen-Politikerin beim Kurznachrichtendienst Twitter.

Nach den Berichten aus Butscha hat Bundeskanzler Olaf Scholz* (SPD*) eine Aufklärung von „Verbrechen des russischen Militärs“ verlangt. Die Verbrechen müssten „schonungslos“ aufgeklärt werden, sagte Scholz am Sonntag in Berlin. Zudem müssten die Täter und ihre Auftraggeber „konsequent zur Rechenschaft gezogen werden“. (kas/tab/ktho/tu/kke mit dpa/AFP) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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